Umstrittenes Neubaugebiet: Wohnen auf der grünen Wiese
Die Baudeputation beschäftigt sich heute mit Bremens zweitgrößtem Wohnbau-Projekt, das zugleich zu den umstrittensten zählt: der „Gartenstadt Werdersee“.
Jürgen Pohlmann ist in seinem Element: „Die Bremer Bevölkerung nimmt wieder zu, wir brauchen dringend mehr Flächen“, verkündet der baupolitische Sprecher der SPD. Und wo bereits geplant wird, müsse man „auch noch mal über Geschoss-Höhen sprechen“. Pohlmann sagt das laut, er sagt es überzeugt, und er sagt es bei den unpassendsten Gelegenheiten.
Etwa bei der Vorstellung der Pläne für die „Gartenstadt Werder“. Die soll zwischen Habenhauser Landstraße und Südufer des Werdersees entstehen. Was bei Pohlmann nach Wachstums-Phantasien in bester SPD-Betontradition klingt, bezieht sich hier auf eine große grüne Wiese, die ehemalige Erweiterungsfläche des Huckelrieder Friedhofs. Man hatte angenommen, Bremen würde die Marke von 800.000 Einwohnern knacken, die dann auch wieder zu bestatten seien. Stattdessen mussten derartige Zielzahlen begraben werden. Diejenigen unter den Baupolitikern, die gar an eine künftige Millionen-Metropole glaubten, planten trotzdem eine U-Bahn.
Richtig ist, dass Bremen mit seinen derzeit 548.000 Menschen seit drei Jahren wieder zulegt. Das bestätigen die aktuellen Gewos-Gutachten – die allerdings auch darauf verweisen, dass dieses Wachstum nur ein mittelfristiges ist.
Bei der Werdersee-Gartenstadt sind die Fragen von Größe und Geschosshöhen besonders umstritten. Nicht nur bei den Anwohnern, die eine lautstarke Bürgerinitiative gegründet haben, auch bei den betroffenen Beiräten. Der aktuelle Planungsstand sehe lediglich „hohe Häuser, aber keine Hochhäuser“ vor, betont Senatsbaudirektorin Iris Reuther auf Nachfrage. Mit sieben Stockwerken bewegt sich die Planung allerdings nur haarscharf unterhalb der Definitionsgrenze für „Hochhaus“ – die liegt bei 22 Metern.
Die beiden geplanten 21-Meter-Gebäude sollen am See und an der Habenhauser Landstraße stehen und auch Lebensmittelläden beherbergen. Daneben ist an eine Kita, eventuell an eine Grundschule gedacht. Mit 570 Wohneinheiten auf 17 Hektar handelt es sich flächenmäßig um Bremens größtes Wohnbau-Projekt, in Wohneinheiten nach dem Hulsberg um das zweitgrößte. Für das Bauressort ist das ein großer Happen, im Schnitt haben sonstige Bauvorhaben nur ein Zehntel dieser Dimension.
1.300 Wohnungen sollen bis 2020 jährlich gebaut werden, insgesamt würden dann – im Vergleich zu 2009 – 14.000 neue Wohnungen zu Verfügung stehen. Joachim Lohse ist optimistisch: „Wir liegen im Plan“, versicherte der Bausenator gestern.
Auch am Werdersee gilt dabei eine Sozialwohnungsquote von 25 Prozent. Zudem sollen Baugruppen, in denen sich beispielsweise mehrere Familien zusammen tun, zum Zug kommen. Deren Flächen werden dann allerdings von der Sozialwohnungsquote abgezogen – was nicht recht nachvollziehbar ist.
Ein knappes Drittel der am Werdersee benötigten Fläche gehört der Stadt, das Gros vier Landwirten. Mit denen haben die beteiligten Investoren, unter ihnen die Gebr. Rausch Wohnbau GmbH von Peter Sakuth, bereits Optionsverträge. Das Bauressort rechnet damit, dass im kommenden Jahr der Bebauungsplan beschlossen wird – 2016 würde dann gebaut.
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