Umstrittenes Holocaust-Gesetz: Polen lädt israelischen Minister aus
Israels Bildungsminister sollte nach Warschau reisen. Nun hat Polen die Reise abgesagt. Das dürfte an der Kritik Israels am umstrittenen Holocaustgesetz liegen.
Es sei korrekt, dass die Vernichtungslager im besetzten Polen vom Nazi-Regime errichtet und betrieben worden seien, sagte Bennett. „Aber viele Polen im ganzen Land jagten, informierten oder nahmen aktiv am Mord von mehr als 200.000 Juden während und nach dem Holocaust teil“, sagte Bennett. Nur einige Tausend Menschen hätten Risiken auf sich genommen, um Juden zu retten.
Das israelische Außenministerium hatte zuvor einen Besuch des Leiters des polnischen Sicherheitsrats verschoben, der in den kommenden Wochen stattfinden sollte. Der von der Regierung in Warschau vorgelegte Gesetzentwurf ist bereits vom polnischen Senat gebilligt worden. Er muss jetzt noch von Präsident Andrzej Duda unterzeichnet werden, damit er in Kraft tritt.
Das geplante Gesetz sieht Haftstrafen von bis zu drei Jahren für Personen vor, die dem polnischen Staat oder dessen Bürgern Straftaten Nazideutschlands im Zweiten Weltkrieg zuschreiben. Israel sieht darin einen Versuch, die Rolle derjenigen Polen zu beschönigen, die in die Tötung von Juden im Zweiten Weltkrieg verwickelt waren.
Zurückhaltende Reaktion aus Israel
Gegner des Gesetzes bemängeln, es könnte missbraucht werden, um Verantwortung von Polen bei Verbrechen an Juden zu leugnen. Es gefährde auch die freie Meinungsäußerung. Polens Regierung bestreitet das und hebt zudem hervor, Kunst und Wissenschaft seien von den Regelungen ausgenommen.
Israel hat zurückhaltend auf die Ankündigung des polnischen Präsidenten Andrzej Duda reagiert, dass er das umstrittene Holocaust-Gesetz unterschreiben werde. „Israel ist weiterhin in Kontakt mit den polnischen Behörden und erhebt seine Einwände gegen den polnischen Gesetzesentwurf“, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme des Außenministeriums in Jerusalem.
Israel habe die Tatsache, dass der Präsident das unterschriebene Gesetz dem Verfassungsgericht zur Prüfung vorlegen werde, zur Kenntnis genommen. Man hoffe darauf, dass beide Seiten sich während der Prüfung auf Änderungen des Gesetzes einigen können. „Israel und Polen haben eine gemeinsame Verantwortung, die Geschichte des Holocaust zu erforschen und zu bewahren.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung