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Umstrittenes Bahnbauprojekt Stuttgart 21Noch teurer und noch später fertig

Laut Medienberichten sollen die Kosten des Bahnprojekts mittlerweile auf 8,2 Milliarden Euro gestiegen sein. Und die Eröffnung wird wohl nun erst 2025 stattfinden.

Kostenmäßig scheint sich Stuttgart 21 endgültig zum schwarzen Loch zu entwickeln Foto: dpa

Berlin dpa | Das Bahnprojekt Stuttgart 21 könnte noch später fertig werden als zuletzt geplant und am Ende 8,2 Milliarden Euro kosten. Entsprechende Informationen von Spiegel Online wurden am Donnerstag im Umfeld des Aufsichtsrats bestätigt. Demnach könnte der Vorstand dem Gremium am Freitag vorschlagen, den Bahnhof erst 2025 zu eröffnen. Ursprünglich war 2021 geplant gewesen.

Erst im November war bekannt geworden, dass die Kosten für den unterirdischen Durchgangsbahnhof und seine Anschlussstrecken um 1,2 Milliarden Euro auf 7,6 Milliarden Euro steigen.

Schon damals war die Rede davon, die Eröffnung zu verschieben – zunächst auf 2024 – und weitere 300 Millionen Euro als Risikopuffer einzuplanen. Nun kursiere auch die Summe von 500 Millionen Euro, hieß es am Donnerstag. Der zuständige Vorstand Ronald Pofalla wolle die Lage transparent darstellen.

Mit Zusatzaufwendungen für die neuerliche Verzögerung könnte sich der Kostenrahmen damit auf 8,2 Milliarden Euro dehnen. Zu den Treibern bei dem Projekt zählen gestiegene Baupreise und Probleme mit dem Baugrund.

Seit 2010 wird gebaut

Wer dafür aufkommt, ist nicht geklärt. Die Bahn, der Bund, die EU, das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart und der örtliche Flughafen hatten 2009 vereinbart, die Kosten aufzuteilen. Damals gingen sie von 4,5 Milliarden Euro aus. Die Bauherrin Deutsche Bahn wurde mit 1,7 Milliarden Euro der größte Finanzier.

2013 erweiterte die Bahn den Finanzrahmen auf gut 6,5 Milliarden Euro. Für den Aufschlag wollte die Bahn die übrigen Projektbeteiligten in die Pflicht nehmen. Doch die lehnen das ab.

Bei dem Projekt soll aus dem Stuttgarter Kopfbahnhof ein unterirdischer Durchgangsbahnhof werden. An der Station wird seit Februar 2010 gebaut.

Wegen der Verzögerungen und Kostensteigerungen wird Stuttgart 21 oft in einem Atemzug mit der Elbphilharmonie und dem Flughafen Berlin Brandenburg genannt. Das Hamburger Konzerthaus wurde vor einem Jahr mit sieben Jahren Verzögerung eröffnet, die Kosten hatten sich auf 789 Millionen verzehnfacht. Der BER soll nun 2020 in Betrieb gehen – mit neun Jahren Verspätung und für 6,5 Milliarden Euro statt der ursprünglich vorgesehenen 2 Milliarden Euro.

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11 Kommentare

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  • Wird sicherlich noch auf die 10 Milliarden kommen bis sie dann noch später als jetzt versprochen sind fertig werden.

  • Vielleicht kann man das gesamte Werk im Jahre 2040 als Event-Center, Lagerhalle oder Schacht für Strom- und Wasserleitungen verwenden, wenn es bis dahin fertig ist. - Oder Stuttgart wird durch einen Baufehler geflutet. Um die Stadt wäre es jetzt nicht soo schade. Aber dort, wo sie dann mal war, könnte man sich Boots- und Badetourismus vorstellen..

  • Schaut mal aus dem Fenster! An der Hauwand der tax-Fassade Rudi-Dutschke-Strasse 23, Berlin klebt ein gansseititeges Relief von Pater Lenk.

    Grossartig und nicht artig!

    Dort, rechts am Rand findet sich Günther Oettinger mit dem BILD Zitat "Friederike weiß, dass ich sie liebe!" vom 8.1. 2009! (Friederike hat das Einkaufszentrum Milaneo neben dem Bahnhof inzwischen gebaut.)

    Am 30. 04. 2009 unterschreibt er den Finanzierungsvertrag über 4.526 Mrd Euro mit folgendem Hinweis: "(2)

    Für die OB AG und die EIU ist es im Hinblick auf die Zukunft des Unternehmens von besonderem Interesse, dass für die OB AG und die EIU aus der Realisie- rung des Gesamtprojektes keine unkalkulierbaren Risiken entstehen und dass die Wirtschaftlichkeit dargestellt ist. Die Vertragsparteien stellen fest, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts durch die Wirtschaftlichkeitsrechnung der OB AG mit Preis- und Kostenstand 2004 sowie deren Ergänzungen im Rahmen der Modellrechnung, deren Zusammenfassung diesem Vertrag in Anlage 2.2 (ver- traulich- nicht für Dritte) beiliegt, belegt wurde."

    Die Öffentlichkeit sollte über die Wirtschaftlichkeit nichts erfahren und der Rechnungshof war durch die "Privatisierung der Bahn" unter Heinz Dürr, Stuttgart ausgebremst worden.

    Stuttgart 21 sehe ich als einen echten CDU Schwabenstreich mit Selbstüberlistung?

  • Die Aussage, es sei unklar wer die Mehrkosten zahlt ist falsch! Die Antwort lautet ganz einfach: Der Steuerzahler!

  • Der Spaß kann auch nach der Eröffnung erst richtig losgehen.Eine Tunnelröhre geht durch eine kritische Gebirgsformatuion.Dort darf kein Wasser hingelangen weil sie dann aufquillt.Wie das aussieht kann man am Engelbergtunnel sehen.Dort wird seit 20 Jahren rumgeflickt und ein Ende ist nicht in Sicht.Die selbe Formation sorgt in Stauffen seit Jahren für Bauschäden in Millionenhöhe.Dort ist eine Erdwärmebohrung schiefgegangen.

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Ich finde ja die Schwaben (und die übrigen Bevölkerungsgruppen in der Schicksalsgemeinschaft B-W) sollen die Mehrkosten zahlen. Wer angesichts all des Wahnsisinns um dieses Jahrhundertdesaster trotzdem mit Mehrheit in einer Volksabstimmung dafür stimmt (sogar in Stuttgart), soll die Zeche zahlen. Und keineswegs die Bahnkunden oder der Steuerzahler außerhalb des Ländles.

    Sparen gern, aber nicht auf Kosten Anderer ...

    • @60440 (Profil gelöscht):

      Ja, da bin ich als Schwabe gleich dabei. Dann sollte aber bitte auch der Länderfinanzausgleich abgestellt werden, damit der Schwabe nicht für Berlin (und den übrigen Ländern) zahlen muss... Von dem Geld könnte jedes Jahr ein Bahnhof gebaut werden...

      • 6G
        60440 (Profil gelöscht)
        @Strolch:

        Nanu, Sie wollen das Grundgesetz abschaffen, das für eine möglichst einheitliche Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse in ganz Deutschland eintritt ? Ganz schön AfD ...

    • @60440 (Profil gelöscht):

      Sehe ich auch so: Denen ist ja nicht jetzt erst aufgefallen, dass das Projekt bis zu 10Mrd kosten wird, und min. 10Jahre Verspätung haben wird. Das war damals schon bekannt und wer es trotz der bekannten mehr kosten will, soll es auch bezahlen.

    • @60440 (Profil gelöscht):

      In der "Volksabstimmung" ging es lediglich darum ob das Land aus dem Finanzierungsvertrag aussteigt. Letztendlich war das Ergebnis eine Retourkutsche für den Grünen Wahlsieg. Aus einem anderen Blatt steht, dass die Rot-Grüne Regierung in der Broschüre zur „Volksabstimmung" kräftig Propaganda gegen den Finanzierungsausstieg betrieben hat. Hier war die Rede die Bahn hat „berechnet“, die Gegner „behaupten“. Es war von einem definitiven Kostenrahmen von 4,2 Mrd die Rede und bevor der Bau überhaupt begonnen wurde, wurden bereits zu diesem Zeitpunkt Ausstiegskosten genannt, welche die Kosten des „Weiterbaus“ deutlich übersteigen würden. „Alle Aufträge sind bereits zum Festpreis vergeben“. Letztendlich kann man den Befürworten unendliche Naivität und Obrigkeitsdenken vorwerfen.

  • Die 10 Milliarden werden wohl noch voll, am Ende wird der Rechnungshof mit dieser Endsumme recht behalten.

     

    Ich habe mir die Hauptbaustelle neulich aus der Nähe angesehen. Alleine der Bau der 28 Kelchstützen ist architektonischer Wahnsinn. Hier wird ein unfassbarer Aufwand mit horrenden Kosten betrieben, nur damit alles auch schön aussieht.

     

    Angesichts immenser infrastruktureller Herausforderungen, die die Region Stuttgart im Verkehrsbereich stemmen muss, unter der Pendler und Anwohner täglich leiden und für die dann die dringend nötigen Mittel fehlen, kann man dieses Projekt nur als Fehlleitung gigantischen Ausmaßes bezeichnen.

     

    Ich bin kein Parkschützer, aber die Kritiker dieses Projekts hatten Recht. Dennoch wurde es mit aller Gewalt durchgedrückt.

     

    Es bleibt die Hoffnung, das so etwas an anderen Orten nicht mehr möglich sein wird.