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Umstrittener Staudamm in HasankeyfTürkei ignoriert kulturelles Erbe

Wegen eines Staudamms im kurdischen Hasankeyf mussten 100.000 Menschen umsiedeln. Baudenkmäler wurden versenkt – trotz internationaler Kritik.

Nur wenige Denkmäler wurden vor der Flutung gerettet: etwa dieses jahrtausendealte Badehaus Foto: Depo/imago images

H asankeyf ist eine der ältesten dauerhaft besiedelten Städte der Welt. Assyrer, Perser, Griechen, Römer, Abbasiden, Byzantiner, Seldschuken, Ayyubiden, Artukiden, Ummayaden, Osmanen und Marwaniden haben ihre Spuren in Hasankeyf hinterlassen.

Etwa 12.000 Jahre alt ist Hasankeyf und nicht annähernd erforscht. Hasankeyf liegt am Tigris, an der Seidenstraße und mitten in Kurdistan. Ein Antrag bei der Unesco auf Weltkulturerbestatus hat die Türkei nie eingereicht.

Stattdessen hat die Türkei einen Staudamm bauen lassen, die Felsenwohnungen, in denen seit Tausenden von Jahren Menschen leben, gesprengt, ein paar wenige Baudenkmäler versetzt und die Stadt überflutet. Dabei weiß man von anderen Mega-Staudamm-Projekten, dass sie oft ökologisch (Erdrutsche, Erosion der Böden) und wirtschaftlich (hohe Kosten, Folgeschäden) ein Desaster sind.

Bis zu 100.000 Menschen verloren durch den Staudamm ihre Heimat, ihre Jobs und wurden zum Teil zwangsumgesiedelt. Zwar bekamen sie eine Entschädigung – um ein Haus im von der staatlichen Wohnungsbaubehörde errichteten „Neu-Hasankeyf“ zu kaufen, reicht die jedoch nicht. Die Häuser dort sind betongrau, klotzig – hässlich.

Den internationalen Protest gegen den Staudamm hat die Türkei ignoriert, den Protest der kurdischen Bevölkerung vor Ort kriminalisiert. Womöglich ist ihrer Ansicht nach der Protest gegen einen Staudamm nichts anderes als PKK-Terrorismus. Die Protestierenden argumentierten, im historischen Hasankeyf könne man höhere Gewinne durch Tourismus erzielen, als durch den vom Staudamm erzeugten Strom.

Gezielte Zerstörung

Warum der Staudamm trotzdem kam, liegt auch daran, dass sich Hasankeyf in Kurdistan befindet und die Türkei ihre Interessen oft über die der kurdischen Bevölkerung stellte. Hasankeyf ist dabei nicht nur kurdisches Wahrzeichen, sondern zeugt auch von vorislamischen Kulturen, von Armenier*innen und Assyrer*innen, die dort lebten und 1915 während des Genozides ermordet und vertrieben wurden. Die Zerstörung ist gezielt.

Außerdem kann die Türkei mit dem Staudamm die Wasserzufuhr nach Irak und Syrien kontrollieren. Davon sind auch die kurdischen Siedlungsgebiete, wie das Unesco-Weltkulturerbe Mesopotamische Sümpfe betroffen. Krieg mit dem Wasser führt die Türkei bereits in Nordostsyrien und dreht der dortigen Bevölkerung immer wieder das Wasser ab.

Jüngst startete die Türkei eine Tourismuskampagne unter dem Hashtag #SaveTourismTurkey, während gleichzeitig verkündet wurde, dass die ehemals byzantinische Kirche Hagia Sophia in Istanbul nun nicht mehr als Museum, sondern als Moschee dienen soll, in einem Land, das einen Genozid an seiner christlichen Bevölkerung verübt hat.

Abgesehen davon, dass es bessere Urlaubsziele gibt, als ein Land, dass auf der Auslöschung und Diskriminierung von Minderheiten gründet und diese Tradition fleißig weiter pflegt, als islamofaschistischer Staat mit einem Wannabe-Sultan an der Spitze, der völkerrechtswidrig in seine Nachbarländer einmarschiert, ist es für Tourismus nicht gerade förderlich, Kulturdenkmäler zu zerstören.

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Ronya Othmann
Kolumnistin
Kolumnistin, Autorin, Lyrikerin und Journalistin. Schreibt zusammen mit Cemile Sahin die Kolumne OrientExpress
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