Umstrittener Bauwagen-Platz: Wohnen, wo andere parken
In Lokstedt soll der erste genehmigte Bauwagenplatz Hamburgs entstehen. Doch der vorgeschlagene Ort ist umstritten, weil eine Schule ihn als Parkplatz nutzt
Sie wollten die erste Hamburger Bauwagengruppe sein, die ohne Besetzung und ganz legal ihren Platz findet – und dann das: Einen Lokstedter Schulparkplatz sollen die sechs Frauen und vier Männern beziehen, so hat es das Bezirksamt Eimsbüttel vorgeschlagen. Der Parkplatz liegt direkt vor der französischen Schule Lycée Antoine de Saint-Exupéry de Hambourg (LFH) mit 900 Schülern.
Dabei hatte die Bauwagengruppe sbar ursprünglich eine ungenutzte Grünfläche hinter diesem Parkplatz vorgeschlagen. Doch das Bezirksamt Eimsbüttel lehnte ab, weil diese Außenfläche nicht bebaut werden dürfe.
Formaljuristisch spricht auch nichts gegen die avisierte Alternative: Denn die Parkplatzfläche gehört offiziell nicht zur Schule, es gibt keinen Pachtvertrag zwischen der LFH und dem Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen. Und abgesehen von Stoßzeiten ist der Parkplatz fast leer, sodass er als nur partiell genutzt gilt. „Daher hat die Verwaltung den Parkplatz vorgeschlagen“, erklärt Ali Mir Agha, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Eimsbüttel. Er betreut die Bauwagengruppe auf ihrem politischen Weg.
Die Folgen für die Schulparker wären allerdings gravierend, denn die zwölf Bauwagen würden alle 60 Stellplätze verdrängen. Dabei brauchen die Eltern den Parkraum nach eigenem Bekunden dringend: zum Beispiel, um die Autos abzustellen und Kleinkinder zu Fuß zur etwas entfernen Kita zu bringen. Oder um Unterstufen-Schüler zu bringen und abzuholen. Für ältere Kinder, die in die Mittel- oder Oberstufe gehen, gibt es schon jetzt eine „Kiss & Ride“-Stelle nur zum Aussteigen.
Um also den Wegfall des Parkplatzes zu verhindern, haben 670 Eltern eine entsprechende Onlinepetition unterschrieben. Gegen die Vernichtung der Parkfläche spricht zudem, dass die Schule 2014 wegen Dauerstaus eine eigene Durchgangsstraße dorthin gebaut hatte, die 260.000 Euro kostete.
Bedenken der Bauwagengruppe angesichts dieser Widerstände habe die Politik allerdings zerstreut. „Der Tenor der Baubehörde war, dass sie sich mit Eltern und Schulen arrangieren“, sagt Max von der Gruppe sbar.
So weit ist es allerdings noch nicht, im Gegenteil: Sogar das französische Konsulat hat Bezirkspolitiker Mir Agha kontaktiert, um gegen den Wegfall des Parkplatzes zu protestieren. „Es gibt aber keinen rechtlichen Anspruch darauf, dass der Parkplatz ein Parkplatz bleibt“, sagt er.
Deshalb – und aus Mangel an Alternativen – wird die Gruppe selbst erst mal am vorgeschlagenen Ort festhalten. Denn die Bauwagenleute seien rechtlich auf die Bezirksverwaltung angewiesen und dürften eigenständig keine Grundstücke aussuchen, sagt Max. „Das dauerhafte Wohnen im Bauwagen ist gesetzlich untersagt, wir müssen daher offiziell geduldet werden“, erklärt er.
Auf der Suche nach einem Kompromiss überlegt man jetzt, den 1.700 Quadratmeter großen Parkplatz nur zur Hälfte von den Bauwagenleuten nutzen zu lassen. Anwohner haben bereits Alternativflächen vorgeschlagen, unter anderem eine ehemalige Flüchtlingsunterkunft. Mir Agha sagt, dass alle genannten Flurstücke geprüft würden. Außerdem soll die Schule eine bessere Bus-Anbindung bekommen.
Das nächste Treffen von Bauwagengruppe und Schule, bei dem das weitere Vorgehen besprochen wird, ist für August angesetzt.
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