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Umstrittener Autobahnbau bei JerusalemSchutt und Lärm für Beit Safafa

Durch einen palästinensischen Ort in der Nähe von Jerusalem soll eine sechsspurige Schnellstraße gebaut werden. Die Bürger wehren sich.

Bauarbeiten in Beit Safafa. Für die Bewohner des Ortes bringt der Autobahnbau wenig Gutes. Bild: imago

JERUSALEM taz | Wenn ihre Petition von Israels Oberstem Gerichtshof angenommen wird, heißt es für die Leute von Beit Safafa, Gräben zuzuschütten. Seit gut einem halben Jahr reißen Bulldozer und Schaufelbagger eine breite, tiefe, Schneise mitten durch das fast nur von Arabern bewohnte Jerusalemer Wohnviertel.

Sechs Fahrspuren soll die hier geplante Autobahn haben, die für die Siedler aus Gusch Etzion, südlich von Jerusalem, eine erhebliche Erleichterung bedeutet. Für die Anwohner wäre die Straße eine Katastrophe. Am Mittwoch sollen die Richter über den „Highway 4“ entscheiden.

Für Beit Safafa ein Problem

Fünfmal am Tag macht sich Mohammed Salman auf den Fußweg zum Gebet. Kaum fünf Minuten braucht der 75-Jährige bis zur Moschee. Nicht viel weiter ist es zum Bäcker und zu den Kindergärten, die seine Enkel tagsüber betreuen. Der Highway 4 nutzt weder ihm noch seiner Familie.

Im Gegenteil: Die Straße, die zu beiden Seiten von einer zwölf Meter hohen Schallmauer abgeschirmt werden soll, zwingt Salman zu langen Umwegen über eine der zwei Autobahnbrücken. Zu Fuß zur Moschee zu gehen wäre ein Abenteuer für den alten Mann, der keinen Führerschein hat. „Wir müssten ihn fahren“, sagt Ala, Salmans 38-jähriger Sohn.

Für Gutsch Etzion ein Segen

Die Autobahn soll den Begin Highway verlängern, die Umgehungsstraße von Jerusalem. Vom Einkaufszentrum Malcha im Norden durch Beit Safafa führt die Straße bis zur Rosmarin-Kreuzung im Süden des Wohnviertels und von dort aus zur berüchtigten Tunnelstraße, die fast nur von israelischen Siedlern befahren wird.

Die Autobahn, so heißt es in einem Appell der Civil Coalition for Palestinian Rights in Jerusalem, sei Teil der „substanziellen Verbesserung des Netzes israelischer Siedlerstraßen“. Spätestens bis zum Herbst 2015 soll das monströse Bauwerk fertiggestellt sein.

Aviv Tatarsky, Feldforscher der Initiative „Ir Amim“, die sich für die friedliche Koexistenz der zwei Völker in Jerusalem starkmacht, rechnet sich gute Chancen für die Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof aus.

Nicht zuletzt hätten die Bauherren eine Reihe von Vorschriften übersehen und mit dem Bau angefangen, noch bevor der ganze Bauplan stand, was es den Anwohnern unmöglich machte, vorab Stellung zu beziehen. „Außerdem wird an mehreren Stellen der Mindestabstand zwischen der Schnellstraße und den Wohnhäusern nicht eingehalten“, meint Tatarsky.

Kein Balkon ohne Lärm

Das Haus der Familie Salman liegt nur wenige Meter von der Baustelle entfernt. 14 Personen leben hier. Vater Mohammed mit seiner Frau und drei Söhnen, von denen nur Ala noch unverheiratet ist. Jeden Morgen schrecken Baufahrzeuge die Salmans aus dem Schlaf. Der Balkon ist vor lauter Lärm nur noch am Wochenende betretbar. Die Familie hat einen Logenplatz, wenn sie beobachten will, wie Beit Safafa misshandelt wird.

Für den nördlichen Teil des Highway 4 haben Anwohner des Bezirks Katamon vor Gericht durchgesetzt, dass die Straße dort unterirdisch verläuft. „Ein Tunnel war ursprünglich auch in Beit Safafa geplant“, berichtet Ala Salman und vermutet, dass die Stadtverwaltung aus Kostengründen dagegen entschied. „Unser Land zu konfiszieren kommt sie billiger.“

Schaden ist „nicht mit Geld aufzuwiegen"

Rund 1.800 Meter lang ist die Strecke, an der sich der aufgehäufte Schutt und Sand hinter Absperrungen zu beiden Seiten durch „das Dorf“ zieht, wie Ala Salman Beit Safafa nennt. Obschon es formal ein Wohnviertel Jerusalems ist, herrscht in Beit Safafa mit seinen rund 10.000 Einwohnern eine gemütlichere, ländlichere Atmosphäre als in der angrenzenden Stadt.

Die engen Straßen sind zum Teil einspurig, was die Autofahrer immer wieder zum Anhalten zwingt. Oft kommt es dann zum Plausch und dem Austausch von Freundlichkeiten. Selbst wenn die Anwohner eine Wiedergutmachung für ihr enteignetes Land erhalten sollten, sei der Schaden, den der Highway 4 anrichten würde, „nicht mit Geld aufzuwiegen“, sagt Tatarsky.

Der Menschenrechtsaktivist rechnet „mit schärferen Mitteln des Protestes“, sollte die Petition vor dem Obersten Gerichtshof abgelehnt werden. In Beit Safafa blieb es bislang selbst in den schlimmsten Zeiten der Intifada immer friedlich.

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14 Kommentare

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  • ZZ
    Zynischer Zionist

    Szene wie aus einem Vietnamfilm in dem der in die enge getriebene Ami einen Napalmeinsatz anforder erscheint vor meinem geistigen Auge:

     

    Olivgrün bekleideter Aktivist mit Palituch versteckt sich in der Deckung und schreit verzweifelt in sein Smartphone: FELDHAMSTER; WIR BRAUCHEN FELDHAMSTER,

    und forderdert den Abwurf eines Ladung Juchtenkäfer auf dem ausgeschrieben Bauplatz an.

     

    Das "monströse" Bauwerk und die Schallschutzmauer soll übrigens auch Angriffe auf die Autofahrer abhalten.

  • J
    jungle

    Ich wünsche den Anwohnern zwar auch, dass das Gericht zu ihren Gunsten entscheidet aber "wie Beit Safafa misshandelt wird"? "das monströse Bauwerk"?

    Ich bezweifele stark, dass ein solch martialisches Vokabular verwendet worden wäre, wenn es sich nicht um ein israelisches Bauprojekt handeln würde.

     

    Same old shit auch in der Taz: Dämonisierung des jüdischen Staates. Zum Kotzen.

  • KS
    Kritische Stimme

    Das ist alles der falschen Politik europaeischer Politiker zu verdanken wie Merkel,Westerwelle,Verhagen,Rosenthal,Blair,Haig,die niemals ein Wort von Kritik finden konnten fuer die illegale Bauerei im Palestinensergebiet+Menschenrechtsverletzungen und Israel dauernd belohnt haben mit Geld,Subventionen,Handelsabkommen und gratis Waffen.In der Tatsache hat die EU illegales Handeln von Israelseite provoziert.Solange die EU weiter schweigt wird die Situation immer explosiver.Von USA kann nichts erwartet werden durch die dortigen juedischen Lobbys.Hoechste Zeit Israel Bedingungen zu stellen und in der Zwischenzeit die Zusammenarbeit einzufrieren und israelische Waren beim Import extra zu belasten,bis man da echt Frieden stiften will.Europa wird das viele Kosten ersparen,gute Beziehungen im NahOst,und Israel Frieden bringen

  • J
    Jupp

    Sechs Spuren für Siedler?

     

    Die haben aber noch viel vor, die Leute um Netanjahu.

  • R
    R.J

    Steter Tropfen höhlt den Stein.

     

    Wegen vertrauensbildender Maßnahmen, nach denen der nun in Nah-Ost eingetroffene US-Außenminister Kerry angeblich strebt, lässt sich die Regierung Netanjahu nicht lumpen.

     

    „The state wants to authorize a 40-home project in the West Bank settlement of Nokdim, the State Attorney’s Office told the High Court of Justice this week.“

     

    http://www.jpost.com/Diplomacy-and-Politics/State-looks-to-authorize-40-new-homes-in-Nokdim-318057

  • K
    Kalle

    Nun fängt Netanjahu schon an Autobahnen zu bauen...

  • R
    R.J

    Nicht internationales, sondern israelisches Recht haben Anwohner bemüht, um die Folgen des Straßenbaus für ihr tägliches Leben zu mindern bzw. ausbleiben zu lassen. Beit Safafa wird zum zwangsangegliederten und erweiterten Ostjerusalem gezählt.

     

    Nun sollen dreißig Tage für eine Einigung dienen, wobei das (oberste) israelische Gericht behauptet, danach könnte auch eine Aufhebung der Genehmigung erfolgen, falls diese nicht erreicht würde.

     

    http://www.jpost.com/National-News/Court-Govt-must-resolve-Beit-Safafa-highway-dispute-317883

     

    30 Tage für Vorschläge, Alternativbetrachtungen, Diskussionen, Einigungen und bis dahin werden die Baumaschinen und Bauarbeiten nicht gestoppt?

     

    Und dabei soll man diesem Gericht trauen?

     

    Die unterschiedlichsten Arten von „Baustopp“ lassen sich im illegalen Rechtsbereich des israelischen Staates erkennen, so dass vor dem Eintreffen des us-amerikanischen Außenministers auch folgendes Baustoppszenario zu vermelden ist:

     

    „Jerusalem Municipality green-lights 69 new Har Homa homes“

     

    http://www.jpost.com/Diplomacy-and-Politics/Jlem-Municipality-green-lights-69-new-Har-Homa-homes-317864

  • I
    I.Q

    Ein Blick auf die Karte zeigt, damit wird Bethlehem noch mehr eingekreist und vom Westjordanland abgeschnitten und dafür wird die Zerstörung eines weiteren palästinensischen Gemeinwesens wie Beit Safafa in Kauf genommen werden – falls sie nicht ohnehin gewollt ist.

     

    Zu Vorgängen im Gush Etzion, das hier angeschlossen werden soll, las man in der taz auch schon 2010

    etwa:

    http://www.taz.de/!58927/

     

    An Druck auf die israelische Regierung, weitere Zerstörungen und Enteignungen in den 1967 zusätzlich besetzten palästinensischen Gebieten zu unterlassen, fehlt es offensichtlich.

  • S
    S.K

    An Geld scheint es der Regierung Netanjahu ja nicht zu mangeln, trotz immer wieder erwähnter Sozialproteste.

     

    Wie wird denn der Bau dieser Straße finanziert, sind westliche Banken daran beteiligt?

     

    Solche Banken müssten dann in ihren Heimatländern wegen Beteiligung an Besatzungsverbrechen belangt werden können.

  • M
    mehrdad

    traurig. der kommentarbereich der taz verkommt zu einem sammelbecken der antiisraelischen mehrheit.

     

    im ganzen nahen osten schlachten sich sunniten, schiiten, kurden...zu tausenden ab aber nein. juden bauen eine strasse und das muss unbedingt gross rausgebracht werden.

     

    übrigens ist es bezeichnend, dass meine kommentare restlos gelöscht werden, während man hier übelst gegen juden hetzen darf.

  • U
    Ute

    Die Regierung der USA und auch Guido Westerwelle warnten stets vor "einseitigen Schritten" - aber natürlich die Palästinenser und im Hinblick darauf, die Gremien der UN anzurufen.

     

    Und Hillary Clinton verwies darauf, die UN könne keine "facts on the ground" schaffen.

     

    An dieser Stelle schildert Frau Knaul lediglich, wie und von wem solche "Fakten" geschaffen werden und man mit den Palästinensern, aber auch den Geboten des Völkerrechts, umspringt.

  • G
    Gonzi

    “zwölf Meter hohen Schallmauer“?

     

    Man muss annehmen, hier soll ein Objekt gebaut werden, das weder mit einer "Schall-" noch mit einer "Schallschutzmauer" ausgestattet sein wird.

    Es sieht eher nach Einpferch- oder Raubzaun aus.

     

    Deutlich wird aber, die israelische Regierung setzt hier bei Zerstückelung und Aneignung der Westbank nicht auf den ÖPNV.

     

    Von einem Baustopp, um endlich mit der Führung des palästinensischen Staates um Abbas zu verhandeln, kann damit auch keine Rede sein.

     

    Was macht Kerry gerade? Waffen für Rebellen in Syrien sammeln?

  • R
    R.J

    Der Hinweis auf ein "palästinensisches" Dorf alleine genügt nicht, um darzustellen, worum es hier geht.

     

    Palästinensiche Dörfer - bewohnte - gibt es auch in Israel. Beit Safafa aber ist Teil des 1967 besetzten Westjordanlandes und dem Besatzungsregime ausgeliefert.

     

    Man darf aber auch davon ausgehen, dass alle europäischen Länder, die Botschaften in Tel-Aviv unterhalten, von solchen Vorgängen wissen.

  • F
    fazleser

    Was bitte ist jetzt das Interessante an diesem Artikel? Dass Menschen es nicht mögen, wenn durch ihren Ort eine Autobahn gebaut wird und die meisten auch nicht gerne an einer wohnen? Oder ist es nicht viel mehr die Tatsache, dass Juden Autobahnen bauen und darauf fahren? Würde mich mal intressieren aus wie vielen Ländern die Taz in der letzten Zeit berichtet hat, dass Menschen gegen den Bau einer Straße protestiert haben. Und wie Ihr diese Länder aus sucht. Wäre doch auch mal interessant zu erfahren, in welchem Land dieser Welt es keine Anwohnerproteste gegen neue Straßen gibt. Nordkorea?