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Umstrittene EntwicklungshilfeNicht am Hunger herumdoktern

Was tun gegen die weltweite Unterernährung? Statt angereicherter Nahrungsmittel fordern NGOs Hilfe für bäuerliche Strukturen.

Angereicherte Nahrungsmittel nur für Notfälle: Warten auf die Essensausgabe in Somalia. Bild: reuters

BERLIN taz/epd | Hilfswerke sehen den Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln im globalen Kampf gegen den Hunger kritisch. „Durch die Nahrungsmittelanreicherung wird nur an den Symptomen des Hungers und der Mangelernährung herumgedoktert, aber es kommt zu keiner Berücksichtigung der Ursachen“, sagte die Vorstandvorsitzende von terre des hommes, Danuta Sacher, am Dienstag in Berlin. Wolfgang Jamann, der Generalsekretär der Welthungerhilfe, ergänzte, Wirksamkeit und gesundheitliche Folgen der Nahrungsergänzungsmittel seien noch nicht hinreichend untersucht.

Ein weltweiter Erfolg sei die universelle Speisesalz-Jodifizierung – die Zahl der Länder mit Jodmangelerkrankungen sank von 130 (1990) auf 32 (2011). Weitere Ausnahmen wollen die Organisationen nur bei akuter Nothilfe machen. Mikronährstoffe sind Stoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Heute sind etwa 10 Prozent der Krankheiten auf einen Mikronährstoffmangel zurückzuführen.

Als Beispiel für den noch schwer vorhersagbaren Nutzen der angereicherten oder technisch veränderten Lebensmittel nannte Jamann den sogenannten „Goldenen Reis“. Er hat durch gentechnische Veränderung einen erhöhten Anteil an Betacarotin, das vom Körper in Vitamin A umgewandelt wird.

Jamann erklärte, noch sei unklar, ob der Reis auch in den betreffenden Ländern genug Ertrag abwerfe. Nicht gesichert sei außerdem, ob die Körper der unter Mangelernährung leidenden Menschen das Betacarotin überhaupt wie vorgesehen umwandeln können.

Verlust von artenreichen Ökosystemen befürchtet

Sacher befürchtet durch den Einsatz von sogenannten fortifizierten Lebensmitteln einen Verlust von artenreichen Ökosystemen sowie einen Verlust von Ernährungsgewohnheiten, da durch die einseitige Steigerung der Produktion bestimmter Lebensmittel eine künstlich erzeugte Nachfrage entstehe.

Die Organisationen appellierten an die Politik, in der Entwicklungszusammenarbeit weiter auf die Unterstützung bäuerlicher Strukturen zu setzen. Kooperationen mit Nahrungsmittel- und Saatgutkonzernen, wie das vom deutschen Entwicklungsministerium koordinierte Programm „Global Food Partnership“, sehen sie skeptisch.

Nach UN-Angaben leiden weltweit 840 Millionen Menschen unter Hunger. Geschätzt 2 Milliarden Menschen litten zudem an Mangelernährung. Sie haben im Prinzip genug zu essen. Ihnen fehlen aber wichtige Vitamine und Spurenelemente.

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1 Kommentar

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  • Guten Tag,

    das nächste Mal würde ich mir einen besser recherchierten Artikel wünschen.

    1) golden rice ist eine gentechnische Biofortifizierung und kann nicht mit Fortifizierung verglichen werden.

    2) Die Bioverfügbarkeit von biofortifizierten Produkten ist durchaus schon bewiesen, siehe Orange Fleshed Sweet Potatoe (im Übrigen insbesondere für Vitamin A)

    3) Es gibt keine Global Food Partnership, die durch das BMZ initiiert wurde, sondern nur eine German Food Partnership.

    4) Die German Food Partnership arbeitet nicht mit biofortifizierten Saatgütern.

    5) Die deutsche Regierung spricht sich vehement gegen Gentechnik in Food Crops aus, verbreitet diese also auch nicht in der Entwicklungszusammenarbeit; dies gilt im Übrigen nicht unbedingt für Cash Crops.

    6) Gegen klassische Biofortifizierung kann man nicht dieselben Einwände erheben wie gegen transgene Biofortifizierung, da dies klassische Züchtung ist.

     

    Solche Artikel mindern die Qualität der taz und tragen auch nicht zur klareren Diskussion bei. Im Übrigen werden falsche Behauptungen aufgestellt!