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Umstrittene Digitalwährung LibraFacebooks neuester Coup

Kommentar von Svenja Bergt

Wenn Facebooks Plan aufgeht, werden die Menschen eine digitale Währung namens Libra nutzen. Weil es bequem ist. Besser wird dadurch nichts.

Bisher macht Facebook aus Daten Geld, bald geht das auch umgekehrt Foto: imago-images/Phototek/Thomas Trutschel

D aten bedeuten Macht. Kommunikationsstrukturen bedeuten Macht. Und auch: Geld bedeutet Macht. So gesehen ist Facebooks Projekt, eine digitale Währung namens Libra zu etablieren, lediglich die Fortsetzung des Netzwerkmodells in einer weiteren Variante. Und statt Datenschützer:innen sind es nun eben Finanzminister:innen und Zen­tral­banker:innen, die das nicht gerade lustig finden.

Denn sie wissen: Wenn es Libra eines Tages gibt und wenn die Digitalwährung nur annähernd so funktionieren wird, wie Facebook sich das derzeit vorstellt, dann werden die Menschen es nutzen. Nicht, weil damit das digitale Dasein revolutioniert würde. Sondern weil es bequem sein wird.

Und es wird Facebook nicht entgangen sein: Eine eigene Währung bindet Nut­ze­r:innen noch stärker an die Plattform. Einkäufe werden dann bevorzugt darüber abgewickelt. Das Phänomen ist derzeit etwa zu sehen bei Amazon Prime: Wer das Premiumprogramm des Onlinehändlers nutzt, wird mit höherer Wahrscheinlichkeit seine Einkäufe über Amazon tätigen und eher zuvor auf Preisvergleiche verzichten, als andere Kund:innen.

Wenn Menschen also über Facebook nicht nur Bilder, Nachrichten, Unterhaltungen und Ähnliches teilen und abwickeln, sondern auch noch Einkäufe, heißt das: Noch mehr Daten für Facebook. Und zwar signifikant, denn das Konsumverhalten lässt ziemlich tief in Persönlichkeit und Lebensumstände blicken.

Und noch mehr: Die Konstruktion von Libra würde es auch ermöglichen, smart contracts, also Verträge auf Softwarebasis, abzuschließen. Auch Mikrojobs und deren Bezahlung wären per Libra deutlich niedrigschwelliger möglich als derzeit. Das müssen alles keine guten Nachrichten sein, keine Entwicklungen, die Gesellschaften oder die Welt besser, nachhaltiger, inklusiver, lebenswerter, empathischer machen.

Aber das wird weder Facebook noch die Nutzer:innen kümmern. Bequem. Funktioniert. Mehr braucht es manchmal nicht.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Das Problem ist doch wieder einmal das Versagen der staatlichen und überstaatlichen Institutionen die in dieser Hinsicht seit Jahren schlafen. Jetzt wo die Privatwirtschaft an einem Model arbeitet wird man auf einmal hektisch. Die nächsten Schritte werden aussehen wie folgt: Rumgenörgel, versuch des Verbots, jahre später der erbärmliche Versuch eine staatliche Alternative zu präsentieren. Siehe E-post Brief.

  • Sagt mal Bärlinerinnen, Recherche gibt es bei euch aber schon noch?

    Erstens: Amazon Prime mit einer in-house Währung zu vergleichen, das hinkt nicht nur. Das auf eine Stufe zu setzen ist schon fast Mentalakrobatik.



    Zweitens: Keine, absolut keine offizielle Stelle ist Freund der Libra Idee.



    Amerikanische Finanzaufsicht? Hat's abgestraft.



    Europäische Finanzaufsicht? Hat's abgestraft.



    Die Schweizer die angeblich mit Libra zusammenarbeiten sollen an dieser Stelle Patenschaft für sie Pointe übernehmen:

    www.cnbc.com/2019/...a-protections.html

    • @Reyde Lanada:

      Das war mir auch sofort aufgefallen, dass die Autorin wohl nicht ganz up to date ist.

  • Also mitmachen würde ich da definitiv nicht, also Einkäufe über Facebook ist mir zu unsicher, dem Unternehmen traue ich nicht. Aber eventuell mich über Aktien daran beteiligen, wäre eine Idee. Zumindest während des Hypes am Anfang.