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Umkämpfte Tour de FranceViele Spitzenfrauen

Bei der Tour de France Femmes geht es im Kampf um die besten Plätze hoch her – ein deutliches Zeichen für das gestiegene Niveau.

Spurt bei der vierten Etappe: Marianne Vos im gelben Trikot kommt nach Lorena Wiebes als Zweite ins Ziel Foto: imago

Die Tour de France Femmes erobert die Berge. Nach einer Fahrt durchs Zentralmassiv am Mittwoch stehen am Donnerstag die ersten längeren Kanten an mit dem 1.399 Meter hohen Col du Béal und dem Col du Chansert (1.241 Meter). Am Samstag folgt dann die Königs­etappe über den Col de la Madeleine.

Die Leistungsdichte im Peloton hat bei der diesjährigen Tour derart zugenommen, dass den Helferinnen der Rundfahrt-Stars immer größere Bedeutung zukommt und sie gerade in den Bergen auch taktisch wertvoll werden dürften. Die wohl stärkste Rundfahrerin, Demi Vollering, 2023 Siegerin der Tour de France Femmes und zweifache Gewinnerin der Spanienrundfahrt, wechselte im Winter zur französischen Équipe FDJ – Suez. Visma – Lease a Bike versucht der im besten Rundfahrtalter stehenden früheren Floristin, 28, mit zwei Altstars den Weg aufs den obersten Podiumsplatz zu erschweren.

Marianne Vos, 38, hielt sich bisher mit Sprints schadlos. Der Sieg bei der Auftaktetappe und mehrere Tage im Gelben Trikot sind die bisherige Ausbeute der dreifachen Weltmeisterin und Olympiasiegerin von 2012. Am Ende ganz oben stehen, nach den Bergetappen, möchte hingegen Pauline Ferrand-Prévot. Die 33-Jährige war bislang das Pendant von Vos im Gelände mit gleich einem Dutzend WM-Titeln im Mountainbike und dem Olympiasieg von Paris. Nachdem sie dort alles abräumte, will die Französin sich auch gern in die Siegerinnenliste beim prestigeträchtigsten Rennen der Welt eintragen.

Weitere wichtige Protagonistinnen im Kampf um den Gesamtsieg sind Titelverteidigerin Kasia Niewiadoma vom deutschen Rennstall Canyon//Sram zondacrpyto sowie die Olympiasiegerin von 2016, Anna van der Breggen. Van der Breggen, mittlerweile 35, kehrte nach drei Jahren Pause, in denen sie vornehmlich als sportliche Leiterin in den Begleitautos saß, wieder in den aktiven Sport zurück. „Ich liebe es, jeden Tag das Adrenalin zu spüren“, erklärte sie nach ihrer Rückkehr.

Sturz von Vollering

Die Top-Favoritin Vollering hatte bereits auf der dritten Etappe einen Schreckmoment zu überstehen. „Eigentlich lief die ganze Zeit alles gut, bis mir eine Fahrerin in die Seite gefahren ist. Ich lag kurz da“, schilderte sie ihren Sturz. Prellungen hat sie davongetragen.

Lotte Kopecky, die Weltmeisterin und Tour-Zweite von 2023, liegt bereits fast vier Minuten zurück. Sie könnte aber als Helferin eine Schlüsselrolle für SD-Worx-Teamkollegin van der Breggen spielen.

Die vielen Namen, die hier genannt werden, zeigen an, wie viele Fahrerinnen inzwischen auf einem ähnlichen Leistungsniveau angekommen sind. Das ist gut für die Spannung im Rennen, es ist auch ein markanter Unterschied zum gelegentlich ermüdenden Dauerduell zwischen Pogačar und Vingegaard bei den Männern. Die letzte Frauentour wurde nur mit vier Sekunden Unterschied gewonnen, das als Erinnerung.

Nicht nur sportlich geht die Entwicklung im Frauenradsport weiter. Auch beim Material tut sich einiges. Hersteller wie Liv (mit Etappensiegerin Mavi García) oder Canyon (mit Titelverteidigerin Niewiadoma) achten immer stärker darauf, die Geometrie der Rahmen auf die anatomischen Besonderheiten der Sportlerinnen abzustimmen. „Frauen haben im Allgemeinen einen kürzeren Oberkörper, aber längere Beine.

Der Trend geht bei vielen Frauen dahin, ein kürzeres Oberrohr, aber mehr Abstand von Sattel zu Tretlager zu haben, um die beste Position zu erreichen“, erklärte Sophia Shih, eine der Ingenieurinnen, die an der Entwicklung des Aerorads EnviLiv beteiligt war, dem Magazin Wielerflits. Das Aerorad wurde erstmals 2023 herausgebracht, für diese Saison aber neu überarbeitet. Auch der Sitzwinkel sei bei Sportlerinnen anders, nämlich steiler, hat Shih beobachtet. „Frauen beanspruchen stärker den vorderen Oberschenkelmuskel. Ein steilerer Winkel aktiviert diesen Muskel stärker.“

Es sind Details wie diese, die belegen, dass der Frauenradsport an Beachtung gewinnt. Zum Ziel Gleichstellung ist es noch ein weiter Weg. Die Siegerin erhält 50.000 Euro Preisgeld. Tadej Pogačar bekam das Zehnfache, 500.000 Euro.

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