piwik no script img

Umgang mit Big TechGegenwind für Google

Bußgelder, Beschwerden, Zerschlagung? Eine Frist der EU für den Konzern läuft – nun kommt Druck in weiteren Bereichen. Google verteidigt sich.

Google hat gerade kein gutes Image in Europa, aber die USA halten die schützende Hand über den Konzern Foto: Steve Marcus/reuters

Berlin taz | Der Countdown läuft: Noch rund 45 Tage hat der Tech-Konzern Google Zeit, um gegenüber der EU-Kommission darzulegen, wie er eine kartellrechtliche Konzentration bei seinem Geschäft mit Online-Werbetechnologien entgegenwirken will. Die Auflage ist Teil einer Reihe von Maßnahmen, mit denen die Kommission gegen eine marktbeherrschende Stellung des IT-Konzerns im Bereich Online-Werbetechnologien vorgeht, die der Konzern bestreitet.

Derweil gibt es weiteren Gegenwind. Mehrere Bürgerrechts-NGOs, darunter Lobbycontrol und Digitalcourage, haben eine Petition für eine Zerschlagung des Konzerns initiiert – bislang sind gut 100.000 Unterschriften gesammelt. Und eine Allianz von Bürgerrechtsverbänden und Medienwirtschaftsorganisationen hat diese Woche bei der Bundesnetzagentur Beschwerde gegen einen Google-Dienst eingereicht.

Es geht dabei um „AI Overviews“. Damit erhalten Nut­ze­r:in­nen per Künstlicher Intelligenz generierte Antworten auf Suchanfragen direkt in der Ergebnisliste von Google. Auf die entsprechenden Quellen, etwa die Webseiten von Medien, klicken müssen die Nutzenden dann nicht mehr.

Als „Traffic-Killer“ bezeichnet den Dienst Daniela Beaujean, Geschäftsführerin des Verbandes Vaunet, der private Audio- und audiovisuelle Medien in Deutschland vertritt. „Im Ergebnis reduziert Google AI Overviews die Reichweite und Auffindbarkeit unabhängiger und demokratierelevanter privater Medien.“ In den USA zog in der vergangenen Woche der Verleger von Zeitschriften wie „Rolling Stone“, „Billboard“ und „Variety“ in der Sache vor Gericht.

Kritik an Qualität der Zusammenfassungen

Laut Matthias Spielkamp, Geschäftsführer von Algorithmwatch, gibt es mit AI Overviews ein weiteres Problem: „Googles KI-Zusammenfassungen sind fehlerhaft und bisweilen irreführend, wie jede generative KI.“ Google sei durch den Digital Services Act, eines der großen EU-Plattformgesetze, verpflichtet abzuschätzen, ob bei neuen Diensten Risiken entstehen und diese Risiken dann zu minimieren. Diese Abschätzung habe der Konzern nur unzureichend vorgenommen.

Google selbst antwortete auf Anfrage, dass man sich „leidenschaftlich – vielleicht mehr als jedes andere Unternehmen – um die Gesundheit des Web-Ökosystems“ kümmere. „Wir verfolgen einen besonderen Ansatz beim Aufbau unserer KI-Erfahrungen: Sie sind darauf ausgelegt, das Web hervorzuheben“, erklärte ein Sprecher des Konzerns.

Doch auch aus der Bundesregierung kommt explizite Kritik am Geschäftsmodell des US-Konzerns: „Am besten wäre es, wenn Google zerschlagen würde“, sagte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer am Freitag im Podcast „Berlin Playbook“ von Politico. „Die verdienen hier Milliarde um Milliarde mit riesigen Margen und schleichen sich über Dublin raus.“

Dublin ist der EU-Sitz diverser US-Konzerne, weil dort steuerlich für sie günstige Bedingungen herrschen und die Datenschutzaufsicht wenig konsequent ist. Weimer forderte auch eine stärkere Regulierung auf EU-Ebene. Die Europäische Union sei zwar „gut unterwegs, aber wir brauchen deutlich mehr“.

Google verteidigt sich

„Wirtschaftsführer in ganz Europa warnen permanent davor, dass mehr Tech-Regulierung Europas Wachstum behindern und nicht fördern wird“, kritisiert ein Sprecher von Google Weimers Äußerung. Die Dienste des Unternehmens schafften „Milliarden an Wert für die deutsche Wirtschaft.“

Dass es auf EU-Ebene zu strengeren Regeln kommt, ist ohnehin unwahrscheinlich. Derzeit geht die Tendenz eher in die andere Richtung. Das hat einerseits mit dem Erstarken rechter Kräfte in mehreren Mitgliedsstaaten zu tun, die eine deregulierende Politik ins Europaparlament bringen. Und andererseits mit der Angst der EU-Kommission, dass strenge Regeln gegenüber Big Tech und eine konsequente Umsetzung US-Präsident Trump in dem von ihm gestarteten Handelsstreit zu höheren Zöllen bewegen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare