Umfrage zu schnellerem Atomausstieg: Mehrheit der Deutschen dafür
Das Kabinett bringt die Atomgesetznovelle auf den Weg. Ein früheres AKW-Aus ist nicht vorgesehen – obwohl 59 Prozent der Deutschen dafür wären.
Die Umfrage, für die Emnid im Auftrag der Anti-Atom-Initiative Ausgestrahlt vom 17. bis 19. Mai 1.007 Personen befragt hat, unterstützt damit eine Forderung, die die Grünen sowie diverse Verbände im Zusammenhang mit der geplanten Änderung des Atomgesetzes erhoben haben: Sie wollen, dass vor allem die norddeutschen Atomkraftwerke Brokdorf und Emsland früher abgeschaltet werden. Denn im Norden sind die Netze aufgrund der vielen Windräder oft so überlastet, dass diese schon jetzt bei starkem Wind abgeschaltet werden müssen und der weitere Zubau begrenzt ist.
Im Rahmen der geplanten Atomrechtsnovelle, mit der die Regierung das Verfassungsgerichtsurteil zum Atomausstieg von 2016 umsetzt, könnte diese Forderung verwirklicht werden. Und zwar, indem die Übertragung von Strommengen auf diese Kraftwerke ausgeschlossen wird.
Laut geltendem Gesetz müssen Brokdorf Ende 2021 und Emsland Ende 2022 abgeschaltet werden. Die sogenannten Reststrommengen, die ihnen beim rot-grünen Atomausstieg zugestanden worden waren, werden aber jeweils schon etwa eineinhalb Jahre früher aufgebraucht sein. Bis zum Schluss weiterlaufen können sie darum nur, wenn Strommengen von anderen AKWs übertragen werden.
Entschädigung im oberen dreistelligen Millionenbereich
„Die Bevölkerung ist bereit, sich einen schnelleren Atomausstieg etwas kosten zu lassen“, sagt Ausgestrahlt-Sprecher Jochen Stay. „Deswegen sollte der Bundestag den Mut haben, bei der Novellierung des Atomgesetzes die Übertragung von Strommengen von bereits abgeschalteten Reaktoren auf noch laufende zu verbieten.“ Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter fordert: „Atomkraftwerke wie Emsland und Brokdorf müssen endlich vom Netz gehen und den Weg für erneuerbaren Strom frei machen.“ Geteilt wird diese Forderung auch vom Umweltverband BUND und dem Bundesverband Erneuerbare Energie.
Die Bundesregierung lehnt dies ab. Der Gesetzentwurf, der am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet wurde, sieht zwar keinen Zwang zum Reststrommengenverkauf vor, aber auch kein Verbot. Und Eon und RWE wollen diese Möglichkeit nach eigenen Angaben nutzen. „Wir sind hier in ernstzunehmenden Gesprächen und hoffen, dass wir zu einem vernünftigen Ergebnis kommen“, sagte RWE-Finanzvorstand Markus Krebber kürzlich dem Handelsblatt.
Für die Reststrommengen, die am Ende verfallen, sagt das Gesetz den Betreibern entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichts eine Entschädigung zu. Die genaue Höhe wird erst im Jahr 2023 ermittelt, wenn die tatsächlich nicht produzierte Strommenge und die entgangenen Gewinne feststehen. „Aus heutiger Sicht scheint ein Betrag im oberen dreistelligen Millionenbereich plausibel“, heißt es im Gesetzentwurf.
Würden die AKWs Brokdorf und Emsland wie gefordert früher abgeschaltet, dürfte diese Summe etwa um die Hälfte steigen. Im Gegenzug würden aber die Kosten sinken, die derzeit aufgrund der Netzüberlastung im Norden entstehen.
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