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Umfrage unter ManagernMittelstand besorgt über Abschwung

Beim eigenen Geschäft sind Chefs mittelständischer Firmen optimistisch. Die gesamtwirtschaftliche Lage bereitet ihnen aber Sorgen.

Fachkräftemangel: Viele Unternehmen müssen wegen Personalmangel Aufträge ablehnen Foto: dpa

Berlin taz | Manager beurteilen die Lage des eigenen Unternehmens gut, fürchten aber einen Abschwung für die Gesamtwirtschaft. Das geht aus den Ergebnissen einer Umfrage hervor, die der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) unter seinen Mitgliedern durchgeführt hat. „Fast 52 Prozent schätzen die gegenwärtige Geschäftslage als gut ein, 18 Prozent sogar als sehr gut“, sagte Verbandspräsident Mario Ohoven vor Journalisten in Berlin.

Der BVMW vertritt nach eigenen Angaben rund 50.000 kleine und mittlere Unternehmen sowie 32 Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände. Er versteht sich als „Stimme des Mittelstands“.

Ein Drittel der Befragten erwartet der Umfrage zufolge für die kommenden zwölf Monate noch bessere Geschäfte als bislang. Doch diese optimistischen Einschätzung gilt vielfach nur für das eigene Unternehmen. So geht mehr als jeder zweite Unternehmer für 2019 von einem konjunkturellen Abschwung aus.

Ursachen für die pessimistische Einschätzung sieht der Verband im Rückgang des globalen Wachstums, einem drohenden harten Brexit, Handelssanktionen und möglichen Einbrüchen in der Automobilindustrie. Als großes Problem nannte Ohoven vor allem den massiven Fachkräftemangel, der die Wachstumsaussichten dämpfe. „Laut unserer Umfrage haben über 92 Prozent der Mittelständler Schwierigkeiten, offene Positionen zu besetzen“, berichtete Ohoven. „Das ist ein dramatischer Negativrekord.“

„Unsere Wettbewerber schlafen nicht“

80 Tage würden Arbeitgeber im Schnitt über alle Branchen hinweg suchen, bevor ein neuer Mitarbeiter im Betrieb beginnen könne. Nach den Umfrageergebnissen wirkt sich das auch auf die Auftragslage aus: Mehr als die Hälfte aller befragten Unternehmer hätte in den vergangenen zwei Jahren Aufträge ablehnen müssen, weil ihnen die passenden Mitarbeiter fehlten.

Kritik äußerte der Verbandspräsident an den geringen Nettoinvestitionsquoten im Jahr 2017: Diese betrugen 2017 nur noch 2,6 Prozent, womit Deutschland im internationalen Vergleich immer noch weit hinten liegen würde. „Hierzu passt, dass von 4,4 Milliarden Euro für den Breitbandausbau bislang nur 100 Millionen geflossen sind“, stellte er fest. Auch deshalb drohe Deutschland, in der Digitalisierung abgehängt zu werden. Das Land müsse sich 2019 auf kräftigen globalen Gegenwind einstellen. Ohoven mahnte: „Unsere Wettbewerber, allen voran China, schlafen nicht.“

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2 Kommentare

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  • Mir kommen die Tränen. Aufträge mussten abgelehnt werden, weil die Mitarbeiter fehlen. Na sowas. Schauen wir uns doch einmal die typische Ausschreibung nach VOB an. Da wird bei der Submission unterboten, was das Zeug hält. Wer also vorher nicht erfolgreich geschmiert hat, der muss das über den Angebotspreis regeln. Da gibt es Unternehmen, deren Angebot gerade die Materialkosten deckt. Nach dem Motto: "An diesem Auftrag verdienen wir erst mal nichts, wir holen das aber über die Anschlussaufträge wieder herein." Selten so gelacht. Kein Wunder, dass die Fachkräfte fehlen. Welcher Arbeitnehmer möchte aus reiner Barmherzigkeit für den notleidenden Unternehmer gratis seine Arbeitskraft zur Verfügung stellen und dabei noch eben mal 50 Euro locker machen für Gasflaschen, weil der Lieferant nur noch auf Vorkasse besteht. Gut ausgedacht? Nein, Realität in einem mittelständischen Unternehmen.

    So wirtschaften nämlich die ständig herumseirenden Mittelständler. Aber, man sollte in Ruhe nachdenken. Schon so manches Unternehmen wäre nicht insolvent geworden, wenn es rechtzeitig einen Auftrag abgelehnt hätte. Das gilt auch für Unternehmen wie die Babcock, die obendrein noch die Salzgitter Anlagenbau mit in den Konkurs riss. Macht ja nichts. Die Fachkräfte haben damals ganz sicher woanders wieder gute Jobs gefunden. Wer's glaubt.

  • man kann nicht immer jedes Jahr wachsen - Systeme die über alle Grenzen wachsen sind instabil - lernt jeder Regelungstechniker in der ersten Stunde. Diese Mathematik ist über 200Jahre alt und wurde noch nie widerlegt. Und gilt natürlich auch für wirtschaftliche Systeme.

    Abgesehen davon: wenn wir mal auf diese 3% Neuverschuldung scheißen würden: Investitionsbedarf haben wir im Land genug - Arbeit für mindestens 10-20 Jahre!