Umfrage des Ifo-Instituts: Schlechte Auftragslage bei deutschen Unternehmen
Für wirtschaftliche Erholung bräuchte es klare Ansagen von der Politik, sagt Klaus Wohlrabe vom Ifo-Institut. Die seien aktuell jedoch nicht absehbar.
Die Unternehmen in Deutschland haben so wenige Aufträge wie zuletzt während der Finanzkrise 2009. Das berichtet das Münchner Ifo-Institut. Es beruft sich dabei auf eine Umfrage unter 9.000 Führungskräften, die es am Montag vorstellte. Der Auftragsmangel betrifft demnach branchenübergreifend 41,5 Prozent aller Unternehmen in Deutschland. Die Angaben zur Auftragslage hatten die Unternehmen in der ersten Oktoberhälfte an die Forscher*innen übermittelt.
Vor allem der Industriesektor mit den Kernbranchen Metall-, Maschinenbau und Elektroindustrie leidet den Befragten zufolge noch immer unter einer zu geringen Nachfrage. Im September war die Zahl der Aufträge zwar leicht gestiegen – doch daraus solle man keine voreiligen Schlüsse ziehen, sagt Ifo-Umfragenleiter Klaus Wohlrabe. Das sei nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, „der positive Trend muss sich erst noch bestätigen“. Das Monatshoch könne auch auf einzelne Großaufträge zurückzuführen sein. „Wir kommen wirtschaftlich aus einem tiefen Keller und der Weg nach oben ist noch weit“, betont der Ökonom.
Die schlechte Konjunktur der Industrie wirkt sich der Veröffentlichung zufolge auch auf andere Sektoren wie etwa die Transportbranche aus. Und auch die sinkende Nachfrage nach Arbeitskräften spiegelt sich in der Erhebung des Instituts wieder: Rund zwei Drittel der Personalagenturen berichten ebenfalls von einer zu geringen Auftragslage. Rechts- und Steuerberater sowie Wirtschaftsprüfer sind hingegen weitgehend unbesorgt. Dem Münchner Institut zufolge ist der Beratungsbedarf in dieser Branche wegen des hohen Bürokratie- und Regulierungsaufwands relativ konjunkturunabhängig.
Aktuelle Krise verschärft die Situation womöglich weiter
Der Ausgang der US-Wahl und der Bruch der Ampelkoalition konnten wegen des Abgabetermins noch nicht in die Umfrageergebnisse einfließen. „Es ist noch völlig unklar, wie sich diese beiden Schocks auf die deutsche Wirtschaft auswirken werden“, sagt Wohlrabe.
Ihm zufolge trägt die Unsicherheit in der Wirtschaftspolitik schon lange dazu bei, dass die Situation so angespannt ist. Und der Trend habe sich in den letzten beiden Wochen nochmal enorm erhöht. „Was es nun eigentlich bräuchte, sind klare Ansagen aus der Politik und einen wirtschaftspolitischen Fahrplan, der den Unternehmen Sicherheit bietet“, meint Wohlrabe. Damit sei nun allerdings nicht zu rechnen, denn jetzt beginne in Deutschland zunächst einmal der Wahlkampf.
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