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Umfrage-Schock für KochCDU und SPD in Hessen gleichauf

Hessens CDU hat ihren Vorsprung kurz vor der Wahl laut einer Umfrage eingebüßt. Ex-Außenminister Fischer warf Ministerpräsident Koch indes "Hetze gegen Zuwanderer" vor.

Endspurt um die Macht in Hessen: Roland Koch (CDU) und Andrea Ypsilanti (SPD) Bild: dpa

WIESBADEN dpa/ap Fünf Tage vor der Landtagswahl in Hessen sieht eine neue Umfrage die regierende CDU und die SPD-Opposition erstmals gleichauf. Beide Parteien liegen in der am Dienstag veröffentlichten Erhebung des Forsa-Instituts im Auftrag der Frankfurter Rundschau bei jeweils 38 Prozent. Die FDP kommt auf 9 Prozent, die Grünen liegen bei 7 Prozent. Der Linken könnte mit 5 Prozent der Einzug in den Landtag gelingen, berichtet die Frankfurter Rundschau.

Ministerpräsident Roland Koch gerät angesichts sinkender Umfragewerte zunehmend in Bedrängnis. Er warnte, eine Niederlage für die Union werde auch negative Auswirkungen auf die Bundestagswahl 2009 haben. "Hessen ist eine wichtige Richtungswahl auch für die nationale Politik", sagte der CDU-Politiker in der Illustrierten Bunte. "Wenn wir es in Hessen nicht schaffen, dem Angriff der drei linken Parteien zu widerstehen, dann wird das auch schwerwiegende Folgen für das Wahljahr 2009 haben." Es würde dann "sehr viel schwerer, auf der nationalen Ebene wieder eine CDU-geführte bürgerliche Regierung" hinzubekommen, sagte Koch. Die Hessenwahl am kommenden Sonntag sei "ein Gradmesser" für die Chancen 2009. "Wenn wir hier verlieren, ist das ein Problem für alle."

Die hessische SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti erklärte, sie lehne eine große Koalition strikt ab und setze klar auf Rot-Grün, zur Not auch auf eine "Ampel". Falls es bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag für eine Mehrheit mit den Grünen allein nicht reiche, setze sie auf eine Dreier-Koalition unter Einschluss der FDP. "Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Liberalen im Zweifel flexibel zeigen werden", sagte Ypsilanti dem Mannheimer Morgen. Die FDP strebt bislang eine Koalition mit der CDU von Ministerpräsident Roland Koch an, der derzeit alleine regiert. Im Gegensatz zur SPD-Spitzenkandidatin zeigte sich der Bundesgeschäftsführer der Linken, Dietmar Bartsch, zur Zusammenarbeit bereit. "Ob das eine Koalition ist oder eine Tolerierung ist, ist eine sekundäre Frage", sagte Bartsch am Montag im Nachrichtensender n-tv.

Fünf Tage vor der Wahl treffen am Dienstagnachmittag die Spitzenkandidaten der vier aussichtsreichsten Parteien in einer sogenannten Elefantenrunde aufeinander. Im Privatsender Radio FFH stellen sich Ministerpräsident Koch, SPD-Herausfordererin Ypsilanti, Grünen-Landeschef Tarek Al-Wazir und der FDP-Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn der Diskussion. Am Sonntag hatte es bereits ein TV-Duell zwischen Ypsilanti und Koch gegeben.

Auch der frühere Außenminister Joschka Fischer griff am Montagabend in den hessischen Landtagswahlkampf ein und rief auf einer Grünen-Kundgebung in Wiesbaden zur Abwahl von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) auf. Koch habe in seinem Wahlkampf die niedrigsten Instinkte mobilisiert, indem er offen auf Ausländerfeindlichkeit gesetzt habe.

"Das alles zeigt doch, dass diese Regierung völlig abgewirtschaftet hat", sagte Fischer vor rund 1.000 Anhängern. "Koch ist am Wegrutschen, das spürt er." Eine neue rot-grüne Koalition in Hessen sei möglich. Der frühere Außenminister bezeichnete die Antikommunismuskampagne der hessischen CDU als üble Propaganda: "Dass Herr Koch den Kommunismus drohen sieht, dass glaubt er doch selbst nicht." Die Nervosität bei der CDU sei unübersehbar.

Der Exaußenminister wurde in Wiesbaden von den Grünen-Anhängern begeistert gefeiert. Schon bei Fischers Einzug in den großen Saal des Wiesbadener Kurhauses gab es großen Beifall. Es war der einzige Einsatz Fischers in den laufenden Wahlkämpfen. Sein Auftritt wurde von über 100 Journalisten aus ganz Europa verfolgt.

Deutschland müsse sich aufgrund der demographischen Entwicklung auf mehr Zuwanderung vorbereiten, sagte Fischer: "Für die Zukunft gilt das ökonomische Interesse." Ab 2010 werde die Bundesrepublik verstärkt auf Migranten angewiesen sein: "Wenn wir jedes Mal die Hetze gegen Zuwanderer missbrauchen, um politische Mehrheiten zu organiseren, dann wird Deutschland in eine ziemlich finstere Zukunft gehen."

Fischer sagte, er sei davon ausgegangen, dass die Debatte über Zuwanderung und Integration auch bei den Unionsparteien angekommen sei: "Ich war eigentlich sehr hoffnungsvoll, bis Roland Koch meinte, diesen Knüppel rausholen zu müssen." Koch habe mit seiner Kampagne zur Jugendkriminalität "einer modernen CDU einen Bärendienst erwiesen".

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3 Kommentare

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  • A
    anke

    An Altkanzler Kohl kann sich mancher Exminister ein Beispiel nehmen: So macht man Parteipolitik. Wenn man schon nichts sinnvolles über ihn zu sagen weiß, sollte man den eigenen Kandidaten wenigstens für sein Stehvermögen und seinen Mut loben. Diese Art des Schulterklopfens hat schließlich Tradition hierzulande. Gerade dann, wenn es darum geht, eine imaginäre morgenländisch-kommunistische Gefahr zu bekämpfen. Sie wird also ganz gut verstanden: Je aussichtsloser die Schlacht, desto lauter das Lob. In sofern ist es erfreulich, dass sich wenigstens Ex-Außenminister Fischer nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, zu Tarek Al-Wazir, sondern offenbar nur zu Roland Koch geäußert hat. Dessen CDU könnte es jedenfalls nur gut tun, dürfte sie aus Kochs Scheitern eine Lehre ziehen. Zum Beispiel die, man sollte doch vom eingeschlagenen Weg des Jugend- und Migranten-Bashings abkommen. Gut möglich, dass auch in zwanzig Jahren noch Wahlen abgehalten werden. Dann muss die CDU darum beten, bei ihren potentiellen Wählern keine all zu schlechten Erinnerungen auszulösen. Und wer weiß, wie der oberster aller Parteichefs dann reagiert.

  • A
    anke

    An Altkanzler Kohl kann sich mancher Exminister ein Beispiel nehmen: So macht man Parteipolitik. Wenn man schon nichts sinnvolles über ihn zu sagen weiß, sollte man den eigenen Kandidaten wenigstens für sein Stehvermögen und seinen Mut loben. Diese Art des Schulterklopfens hat schließlich Tradition hierzulande. Gerade dann, wenn es darum geht, eine imaginäre morgenländisch-kommunistische Gefahr zu bekämpfen. Sie wird also ganz gut verstanden: Je aussichtsloser die Schlacht, desto lauter das Lob. In sofern ist es erfreulich, dass sich wenigstens Ex-Außenminister Fischer nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, zu Tarek Al-Wazir, sondern offenbar nur zu Roland Koch geäußert hat. Dessen CDU könnte es jedenfalls nur gut tun, dürfte sie aus Kochs Scheitern eine Lehre ziehen. Zum Beispiel die, man sollte doch vom eingeschlagenen Weg des Jugend- und Migranten-Bashings abkommen. Gut möglich, dass auch in zwanzig Jahren noch Wahlen abgehalten werden. Dann muss die CDU darum beten, bei ihren potentiellen Wählern keine all zu schlechten Erinnerungen auszulösen. Und wer weiß, wie der oberster aller Parteichefs dann reagiert.

  • A
    anke

    An Altkanzler Kohl kann sich mancher Exminister ein Beispiel nehmen: So macht man Parteipolitik. Wenn man schon nichts sinnvolles über ihn zu sagen weiß, sollte man den eigenen Kandidaten wenigstens für sein Stehvermögen und seinen Mut loben. Diese Art des Schulterklopfens hat schließlich Tradition hierzulande. Gerade dann, wenn es darum geht, eine imaginäre morgenländisch-kommunistische Gefahr zu bekämpfen. Sie wird also ganz gut verstanden: Je aussichtsloser die Schlacht, desto lauter das Lob. In sofern ist es erfreulich, dass sich wenigstens Ex-Außenminister Fischer nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, zu Tarek Al-Wazir, sondern offenbar nur zu Roland Koch geäußert hat. Dessen CDU könnte es jedenfalls nur gut tun, dürfte sie aus Kochs Scheitern eine Lehre ziehen. Zum Beispiel die, man sollte doch vom eingeschlagenen Weg des Jugend- und Migranten-Bashings abkommen. Gut möglich, dass auch in zwanzig Jahren noch Wahlen abgehalten werden. Dann muss die CDU darum beten, bei ihren potentiellen Wählern keine all zu schlechten Erinnerungen auszulösen. Und wer weiß, wie der oberster aller Parteichefs dann reagiert.