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Umettikettiert, reimportiert, Profit gemachtAids-Medikamente verschoben

Millionenbetrug mit dem Leid: Pharmagroßhändler sollen Tabletten illegal in Deutschland verkauft haben – obwohl die eigentlich für HIV-Infizierte in Südafrika bestimmt waren.

Medikamente gegen HIV/Aids. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Medikamente waren subventioniert und für HIV-Infizierte in Südafrika bestimmt. Angekommen sind sie dort nie. Stattdessen sollen deutsche Pharmagroßhändler die Arzneimittel neu verpackt und über die Schweiz und Belgien illegal nach Deutschland geschafft haben. Hier verkauften sie sie mit Gewinn an Apotheken.

Wegen des Verdachts auf schweren Betrug, gewerbsmäßige Markenverletzung und Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz ermitteln jetzt das Bundeskriminalamt sowie die Staatsanwaltschaften in Flensburg, Trier und Lübeck gegen mindestens drei deutsche Pharmagroßhändler in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Nach bisherigem Erkenntnisstand ist Patienten in Deutschland, an die die umetikettierten HIV-Medikamente weitergegeben wurden, kein Schaden entstanden. Die Wirksamkeit der Medikamente sei nicht beeinträchtigt gewesen, sagten Sprecher der ermittelnden Justizbehörden. Untersucht werde aber noch, ob die Präparate durch eine Unterbrechung der Kühlkette Schaden genommen hätten. Die AOK Niedersachsen bezifferte den finanziellen Schaden für die Krankenkassen auf "einen mindestens zweistelligen Millionenbetrag". Abgerechnet worden seien die Medikamente nach dem regulären deutschen Preis.

HIV-Medikament Combivir vorgetäuscht

"Vorgetäuscht wurde, es handele sich unter anderem um das in Deutschland verfügbare HIV-Arzneimittel Combivir", sagte der leitende Flensburger Oberstaatsanwalt Rüdiger Meienburg. Tatsächlich sei – nach bisherigem Erkenntnisstand – der Wirkstoff in den illegal nach Deutschland verbrachten Tabletten derselbe gewesen wie in dem Präparat, das der Pharmahersteller GlaxoSmithKline auch in Deutschland anbietet. Die Verpackungen aber seien gefälscht gewesen. Der Re-Import subventionierter, für südafrikanische Patienten bestimmter HIV-Arzneimittel sei verboten. Meienburg bezifferte den Umsatz, den allein einer der Beschuldigten, ein Großhändler aus Sylt, mit dem illegalen Geschäft gemacht habe, auf 6 Millionen Euro.

Viele Pharmakonzerne stellen Entwicklungsländern ihre HIV-Medikamente, meist über Hilfsorganisationen, günstiger zur Verfügung als ihren Abnehmern in den Industrieländern. So wollen sie unter anderem verhindern, dass Fälscher den Patentschutz umgehen. GlaxoSmithKline teilte am Donnerstag mit, man werde "angesichts der laufenden Ermittlungen" nicht darüber spekulieren, wer die Tabletten auf welchem Weg nach Deutschland geschafft habe. Aber: "Großhändler und Apotheken, die ihre Ware direkt bei GSK bestellt haben, können sicher sein, dass sie authentische Originalware erhalten haben."

Aufgeflogen war der Betrug zunächst vor zwei Jahren in einer Delmenhorster Apotheke. Dort war einem HIV-Patienten aufgefallen, dass sich in einer unbeschädigten Verpackung keine Tabletten befanden. Anschließende Recherchen ergaben, dass sowohl die Umverpackung als auch der Beipackzettel gefälscht waren.

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2 Kommentare

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  • TF
    Thomas Fluhr

    Die Schuldsuche bezieht sich nur auf Betrug und den finanziellen Diebstahl. Leider ist aber viel schwerwiegender, dass tausende Hilfsbedürftige um bezahlbare Medikamente betrogen wurden. Dieser Schaden wird natürlich nicht verfolgt, es geht wieder nur ums Geld, wie viele Leben ausgelöscht sind zählt nicht.

  • N
    nina

    Schweinerei! Auch, dass in diesem Artikel mit keinem Wort die zahllosen Suedafrikaner erwaehnt wurden, die die Medikamente nicht bekommen haben. Wie gut, dass die deutschen Patienten keinen Schaden genommen haben - guck auch mal wieder ueber den Tellerrand, taz!