Ultimatum in Ägypten abgelaufen: Bewaffnete Kämpfe befürchtet

In Kairo und anderen Städten positioniert sich das Militär. Für Präsident Mursi besteht ein Ausreiseverbot. Er bekräftigt, dass er nicht zurücktreten werde.

Militär ist aufgefahren in Kairo. Bild: ap

KAIRO ap/dpa/afp | In Ägypten ist nach Ablauf des Militär-Ultimatums an die Konfliktparteien die Armee mit Panzern ausgerückt. Nach Angaben von Augenzeugen fuhren Militärfahrzeuge in der Hauptstadt Kairo und in anderen Städten durch die Straßen. Ziel der Armee sei unter anderem eine Demonstration von Anhängern des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi an der Kairo Universität, hieß es.

Die staatliche Zeitung Al-Ahram berichtete, die Panzer seien ausgefahren, „um in den nächsten Stunden Gewaltakte zu verhindern, die die nationale Sicherheit bedrohen könnten“.

Zuvor schon hatte sich die ägyptische Armee offenbar auf eine mögliche Übernahme des staatlichen Fernsehsenders vorbereitet. Kurz vor Ablauf des Ultimatums am Nachmittag bezogen Soldaten in dem Bürogebäude am Ufer des Nils Stellung und überwachten die Nachrichtenproduktion. Mitarbeitern zufolge versuchten sie aber zunächst nicht den Inhalt der Nachrichten zu beeinflussen.

Das Staatsfernsehen wird vom ägyptischem Informationsminister geleitet, einem Muslimbruder, den der umstrittene Präsident Mohammed Mursi auf den Posten gesetzt hatte. Die Berichterstattung des Senders über die angespannte politische Lage in Ägypten war zunächst großenteils zugunsten der Regierung ausgefallen, in den vergangenen beiden Tagen hatten aber auch die Proteste der Regierungsgegner mehr Aufmerksamkeit erfahren.

Ausreiseverbot für Mursi

Mehrere Nachrichtenagenturen melden zudem, dass gegen den Präsidenten Mohammed Mursi sowie die Führer der Muslimbruderschaft ein Ausreiseverbot verhängt worden sei. Das bestätigten auch Vertreter des Kairoer Flughafens der Nachrichtenagentur ap. Demnach steht die Anordnung mit dem Gefängnisausbruch Mursis und 30 weiterer Muslimbrüder während des Aufstands gegen den ehemaligen Machthaber Husni Mubarak in Zusammenhang. Weiter ins Detail gingen die Gewährsleute nicht.

Bei den Auseinandersetzungen zwischen Opposition und Mursi-Anhängern gab es zuvor mindestens 22 Tote und viele Verletzte.

Das von der Armeeführung gesetzte Ultimatum ist bereits abgelaufen. Noch steht nicht fest, ob und wann die Generäle ihr weiteres Vorgehen verkünden. Geplant war, dass sie nach Ablauf des Ultimatums eine Übergangsregierung einsetzen und das Parlament auflösen.

Ein letzter Versuch

Zuvor hatte die Armeeführung einen letzten Versuch unternommen, die dramatische Lage zu entschärfen. Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi lud die Konfliktparteien in Kairo zu einem Krisentreffen ein. Erwartet wurden Oppositionsführer Mohammed ElBaradei sowie Vertreter der Muslimbrüder, der Protestbewegung „"Tamarud“, der Salafisten und der Geistlichkeit, wie die staatliche Zeitung Al-Ahram online berichtete.

Der Sprecher der Muslimbruderschaft, Gehad al-Haddad, bestätigte zwar über Twitter, dass die Partei der Muslimbrüder eingeladen worden sei. Die Partei werde aber an dem Treffen nicht teilnehmen. Das Militär sei kein politischer Akteur und damit nicht in der Position, solche Verhandlungen zu führen, hieß es.

Mursi, der seine religiösen und politischen Wurzeln in der Muslimbruderschaft hat, zeigte sich weiter nicht kompromissbereit. Er sei auf legitime Weise gewählt und werde sich dem Druck nicht beugen, sagte er in einer Fernsehansprache.

Der Sprecher der regierenden Muslimbruderschaft, Gehad al-Haddad, bekräftigte den Widerstand der Islamisten gegen eine Entmachtung Mursis. "Der einzige Plan, den die Menschen angesichts eines Putschversuchs haben, ist, sich vor die Panzer zu stellen", erklärte er über Twitter.

Mursi will nicht zurücktreten

Kurz nach Ablauf des Ultimatums hat Mursi nochmals bestätigt, dass er nicht zurücktreten werde. Zugleich wiederholte er sein Angebot der Bildung einer umfassenden Koalitionsregierung. Diese solle alle politischen Kräfte und insbesondere die Jugendbewegung einschließen, hieß es in einer Erklärung, die auf der offiziellen Facebook-Seite Mursis gepostet wurde. Diese Regierung könne vorgezogene Parlamentswahlen vorbereiten und Verfassungsänderungen ausarbeiten.

Millionen Ägypter hatten zuletzt den Rücktritt Mursis gefordert, der aus der islamistischen Muslimbruderschaft kommt. Auf dem Kairoer Tahrir-Platz, dem zentralen Protestort der Opposition, sammelten sich am Mittwoch viele Aktivisten. Es herrschte eine feierliche Stimmung – viele rechneten mit dem Sturz des islamistischen Staatschefs aus den Reihen der Muslimbrüder.

Mursis Unterstützer kamen im Stadtteil Nasr-City zusammen. Die Polizei nahm derweil Leibwächter des Vorsitzenden der Muslimbrüder, Mohammed Badia, fest.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.