Ukrainische Jazzsängerin Laura Marti: Jazz kann Brücken bauen
Jazzsängerin Laura Marti ist als Kind mit ihrer Familie aus Armenien in die Ukraine geflüchtet. Vor dem russischen Angriff floh sie nach Deutschland.
Europäische Fusionen einmal anders. Als sich die ukrainische Jazzsängerin Laura Marti und der schwedische Bassist Lars Danielsson 2018 beim Leopolis Jazzfest in Lwiw begegneten, hatte sie für dessen Komposition „Granada“ einen ukrainischen Songtext geschrieben, den sie später mit dem Lwiwer Sinfonieorchester aufführte.
Zum Dank an den von ihr verehrten Musikerkollegen dichtete Marti sieben weitere Songtexte zu dessen Kompositionen, die jetzt, gemeinsam mit „Granada“ und dem von Danielsson für sie komponierten „For Laura“, auf dem Album „Africa – Tribute to Lars Danielsson“ zu hören sind.
Eingespielt ist die Musik mit ihrem ukrainischen Jazzquartett um die Pianistin Nataliya Lebedeva, die die Songs auch arrangierte. Marti floh im März 2022 vor dem russischen Angriffskrieg nach Berlin, zuvor verbrachte sie drei Wochen in Schutzräumen in Kyjiw. In Deutschland gab Marti bald Konzerte und sammelte dabei Geldspenden für Hilfsgüter, die sie in die Ukraine schickte.Marti kennt das Thema Flucht nur zu gut.
Gesang in sechs Sprachen
Die 1987 in Charkiw als Laura Ashotivna Martirosyan geborene Marti stammt, gemeinsam mit ihrer Schwester Kristina, ebenfalls Jazzsängerin, aus einer armenischen Familie, die vor dem Krieg in Aserbaidschan in die Ukraine geflohen war. Marti singt in sechs Sprachen und hat selbst bisher fünf Alben veröffentlicht, darunter mehrere mit der ebenfalls aus der Ukraine geflohenen Nataliya Lebedeva, mit deren Trio sie auch singt.
Laura Marti: „Africa – Tribute to Lars Danielsson“ (Neuklang/In-Akkustik)
Nach Gründung ihrer ersten Gruppe LeLa Brazil Project nahm Marti mit ihrer Schwester Jazzsongs und armenische Folkmusik auf. Austausch ist ihnen wichtig. Gemeinsam mit dem Trompeter Hans Peter Salentin, der an der Musikhochschule in Würzburg lehrt und den sie 2015 bei Meisterkursen in Polen kennengelernt hatten, initiierten die Schwestern das International Jazz Project.
Vor wenigen Wochen haben sie Konzerte in Lwiw, Kyjiw und Odessa gegeben, um auf die sich weiter verschärfende humanitäre Krise in der Ukraine aufmerksam zu machen. Für das Album „Africa“ hat Laura Marti einige der größten Talente der ukrainischen Jazzszene versammelt: Neben Lebedeva, deren dichtes, komplexes Klavierspiel die Basis der Songs bildet, ist auch der junge Trompeter Yakiv Tsvietinskyi dabei. Geboren 1991 in Dnipro, lebt er nun in Lwiw. Der Künstler kam von der klassischen Musik, bevor er als Autodidakt mit Jazz anfing.
Gezielt gefördert
2016 ging Tsvietinskyi in die USA und machte seinen Master-Abschluss. Anschließend nahm er an dem vom US-Pianisten Jason Moran kuratierten Residenzprojekt „Betty Carter’s Jazz Ahead“ teil, bei dem herausragende Musiker:innen gezielt gefördert werden. 2017 und 2018 wurde Tsvietinskyi jeweils mit dem „DownBeat Student Music Award“ ausgezeichnet.
Zu seinen Mentoren gehört etwa die kanadische Trompeterin Ingrid Jensen und sein Kollege, der US-Trompeter Ambrose Akinmusire. Yuriy Natsvlishvili, der in Kyjiw auch als DJ auflegt und ein eigenes Jazzquartett leitet, spielt Bass, und Dima Lytvynenko, ebenfalls in der ukrainischen Jazzszene eine feste Größe, Schlagzeug.
Nach den eher poppig-mainstreamig arrangierten Songs „Africa“, und „Granada“, die eine Klammer der Musik bilden, das Album einleiten und abschließen, entwickeln die Arrangements von „I Tima“ und auch „For Laura“, bei dem Danielsson selbst mitspielt, eine überraschende Tiefe. Die Musik wird maßgeblich von Nataliya Lebedeva und Yakiv Tsvietinskyi bestimmt.
Der ukrainische Gesang Martis richtet sich vor allem an die Hörer:innen in der kriegszerstörten Heimat. Leider finden sich im Booklet des Albums keine Übersetzungen der Texte ins Deutsche oder Englische. Dennoch setzt die Musik wichtige Zeichen, und sei es dieses, dass die ukrainische Jazzszene auch zu Kriegszeiten aktiv bleibt. Ob in Kyjiw selbst oder im Exil.
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