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Ukrainische Geflüchtete in den USA„Ich bete, dass die USA sie nicht im Stich lassen“

240.000 Ukrainer sind seit Beginn des Krieges in die USA geflüchtet. Unter Biden durften sie bleiben und arbeiten. Jetzt bangen sie um ihre Zukunft.

Protestierende, die die Ukraine unterstützen, versammelten sich am 9. März 2015 in Manhattan, New York City, Foto: Jimin Kim/imago

Washington taz | US-Präsident Donald Trump hat vergangene Woche bestätigt, dass er darüber nachdenke, geflüchteten Ukrainern die temporäre Aufenthaltsgenehmigung zu entziehen. „Ich werde es mir ansehen. Einige Leute denken, das sei angemessen, andere nicht. Ich werde die Entscheidung ziemlich bald treffen“, sagte Trump im Oval Office, als er zu der Aufhebung des Aufenthaltsstatus der Ukrainer und ihrer Deportation befragt wurde.

Seit dem Kriegsausbruch im Februar 2022 sind etwa 240.000 Ukrainer in die USA geflüchtet. Unter dem sogenannten „Uniting for Ukraine“-Programm, welches von der Regierung von Ex-Präsident Joe Biden ins Leben gerufen wurde, erhielten ukrainische Geflüchtete ein temporäres Aufenthaltsrecht in den USA, solange ein amerikanischer Staatsbürger als Sponsor einspringt.

Gleichzeitig erhielten die Ukrainer die Möglichkeit, einer Beschäftigung nachzugehen, solange sie in den USA leben. Ein Entzug dieses Status wäre eine komplette Abkehr von der Willkommenspolitik für Ukrainer unter Biden und ein erster Schritt, um Abschiebung von ukrainischen Geflüchteten zu ermöglichen. Die Ankündigung, dass die US-Regierung in den kommenden Wochen den legalen Aufenthaltstitel aufheben könnte, hat unter ukrainischen Kriegsflüchtlingen in den vergangenen Tagen für Beunruhigung gesorgt.

„Die Menschen sind höchst beunruhigt. Es bricht mir das Herz für meine Klienten. In den letzten Wochen sind ihre Ängste um den Krieg in der Ukrai­ne gewachsen und jetzt befürchten sie, dass sie die Sicherheit und die Häuser, die sie hier in den USA haben, verlassen müssen. Ich bete, dass die USA sie nicht im Stich lassen“, sagte die Einwanderungsanwältin Karen Bird gegenüber dem Radiosender KQED in Kalifornien.

1,8 Mio Menschen könnten betroffen sein

Dass die Trump-Regierung die Asyl- und Einwanderungspolitik der USA grundlegend überarbeiten würde, war zu erwarten. Bereits an seinem ersten Tag im Amt erließ Trump ein Dekret, welches das US-Heimatschutzministerium damit beauftragte, alle temporären Aufenthaltsprogramme zu beenden.

Dies könnte laut der Nachrichtenagentur Reuters über 1,8 Millionen Menschen betreffen, die unter der Biden-­Regierung eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung in den USA erhalten haben. Dazu zählen auch Flüchtlinge aus Afghanistan, Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela.

Die Überlegung der Trump-Regierung, auch Ukrainern die Aufenthaltsgenehmigung zu entziehen, soll laut Regierungskreisen bereits vor dem verhängnisvollen Oval-Office-Treffen zwischen Trump, Vizepräsident J. D. Vance und dem ukrainischen Präsidenten ­Wolodymyr Selenskyj gefallen sein.

Der Eklat, bei dem sich die drei Männer einen verbalen Schlagabtausch lieferten, hat dazu geführt, dass die anhaltende Unterstützung der Ukraine durch die USA stark im Zweifel steht. Unterschiedliche Aussagen von Trump und seinen Kabinettsmitgliedern über den Rückhalt der USA für Kyjiw haben zur weiteren Verunsicherung beigetragen.

Bangen und Spekulationen

Für die über 200.000 Ukrainer, die seit Kriegsbeginn in die USA geflüchtet sind, heißt es nun warten auf eine Entscheidung aus dem Weißen Haus. Die gemeinnützige Organisation Ukrai­nian Congress Committee of America (UCCA) bereitet sich allerdings auf das Schlimmste vor. Aktuell arbeiten Mitglieder an Broschüren, in denen sowohl die Rechtslage als auch mögliche Alternativen für betroffene Ukrainer in verschiedenen Sprachen aufgeführt werden sollen. „Der größte Grund für Angst und Panik ist Unwissenheit“, sagte Andrij Dobriansky, Kommunikationsdirektor für UCCA.

Offizielle ukrainische Behörden haben sich bislang nicht zur Situation geäußert. Eine Pressesprecherin der ukrainischen Botschaft in Washington erklärte jedoch gegenüber der taz, dass die Aussagen von Trump nicht überbewertet werden dürften. „Es sind nur Spekulationen“, sagte sie.

Für Menschen wie Ivan Prodanyk, der 2022 zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern aus der Ukraine geflohen war, bleibt ein ungutes Gefühl. „Im Moment ist es sehr schwierig, sich überhaupt vorzustellen, dass [unser] Rechtsstatus aufgehoben werden könnte“, sagte er. Auch sei es für viele Ukrainer schwierig oder geradezu unmöglich, wieder in die alte Heimat zurückzukehren, da nicht nur einzelne Häuser, sondern ganze Gemeinden in Trümmern liegen.

„Wir wollen niemandem wehtun. Vor allem nicht Ukrainern, da diese viel durchgemacht haben“, sagte Trump vergangene Woche.

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1 Kommentar

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  • Sprach's und tat Millionen weh. Kein Dank dafür großer Donald.