Ugandische LRA-Rebellen: Unsichtbare Täter, sichtbare Opfer
Die ugandischen LRA-Rebellen machen nach wie vor Teile des Kongo und der Zentralafrikanischen Republik unsicher. Es fehlt an Schutz für die Bevölkerung.
BRÜSSEL taz | Längst ist die ugandische Rebellenarmee Lord’s Resistance Army (LRA), gegründet in den 1980er Jahren und danach für Massenrekrutierung von Kindern in Norduganda berüchtigt geworden, nicht mehr in Uganda aktiv. Auch in Südsudan, wohin sich die LRA-Kämpfer nach Einstellung der Kämpfe in Uganda zurückgezogen hatten, hat es seit über einem Jahr keine Angriffe mehr gegeben. Insgesamt soll die LRA unter Führung des international mit Haftbefehl gesuchten Joseph Kony nur noch wenige hundert Kämpfer umfassen.
Doch im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo und im Südosten der Zentralafrikanischen Republik treiben sie nach wie vor ihr Unwesen.
Im Juni waren in der Region insgesamt 440.000 Menschen vor der LRA auf der Flucht, 319.000 davon im Kongo, wo ein Gebiet von der Größe Spaniens davon betroffen ist. In der Zentralafrikanischen Republik machten die Milizionäre den gesamten Osten bis hinauf an die tschadische Grenze unsicher, bis im März dort die Rebellenallianz Séléka die Macht ergriff.
Schwache Regierungen in Kinshasa und Bangui
Es gehe den LRA-Kämpfern vor allem darum, bei Überfällen in dieser riesigen Region Geld zu stehlen, erklärte jetzt in Brüssel der kongolesische Pater Ernest Senegulu. Die Besonderheit der LRA analysiert er: Anders als andere Rebellenarmeen versucht sie dort, wo sie aktiv ist, nicht die Macht zu ergreifen oder die Regierung zu bekämpfen. Sie zieht sich bewusst auf periphere Regionen von geringer strategischer Bedeutung zurück – mit dem Kalkül, dass die schwachen Regierungen in Kinshasa und Bangui sich nicht um sie kümmern, auch wenn die humanitäre Notlage vor Ort groß ist.
Angesichts des Mangels an Infrastruktur kommen auch nur wenige Hilfswerke in die betroffenen Gebiete. Und niemand kümmere sich um den Schutz der Bevölkerung, hieß es auf einer Konferenz zivilgesellschaftlicher Gruppen in Brüssel. Die Fähigkeit der LRA, Terrorangriffe zu verüben, sei nach wie vor „intakt“, mahnte der UN-Sonderbeauftragte Abou Moussa.
Gemeinsames regionales Kommando?
Die Regierungen von Uganda, Südsudan, Kongo und der Zentralafrikanischen Republik wurden auf der Konferenz aufgefordert, besser zu kooperieren. Dafür wurde vergangenes Jahr eine gemeinsame Task Force unter Ägide der Afrikanischen Union gegründet, die theoretisch 5.000 Mann aus allen vier Ländern umfassen soll. Sie müsse jetzt endlich ein gemeinsames Kommando erhalten und so ausgebildet werden, dass sie auch lokale bewaffnete Gruppen ins Visier nimmt, die mit der LRA zusammenarbeiten, hieß es in Brüssel.
In der Zentralafrikanischen Republik, die seit der Séléka-Machtergreifung immer tiefer im Bürgerkrieg versinkt, setzen die zivilgesellschaftlichen Gruppen auf eine Stärkung der geplanten UN-Truppe MISCA, die bis Ende 2013 mit französischer Unterstützung die bisherige Friedenstruppe aus zentralafrikanischen Nachbarländern ablösen soll. Und es müsse dort eine bessere Koordination zwischen UNO, AU, der Regierung und Ugandas Militäreinheiten geben.
Selbstverteidigungsmilizen gefordert
Die überraschendste Forderung aber geht an die Regierung der Demokratischen Republik Kongo: Diese solle im LRA-Gebiet rund um Dongo die Bildung paramilitärischer Selbstverteidigungsmilizen zulassen. Geldgeber sollten zugleich lokale Frühwarnsystems und lokale Schutzkomitees aufbauen, die mit mobiler Kommunikation und Hochfrequenzradio operieren.
Die EU-Sonderbeauftragte für Sudan, Rosalind Marsden, will nun gemeinsam mit den USA Geldgeber suchen. Und die Weltbank hat eine Studie über den Mangel an Infrastruktur als Faktor der Unsicherheit in der LRA-Region in Auftrag gegeben.
Die endgültige Zerschlagung der ugandischen Miliz ist offensichtlich keine kurzfristig zu bewältigende Aufgabe. Und kaum Kapazitäten, selbst in Uganda, gibt es für die Rehabilitierung der von LRA-Angriffen entvölkerten Regionen, die Behandlung traumatisierter Opfer und den Aufbau von Lebensverhältnissen, in die die Geflohenen ohne Angst zurückkehren können.
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