Übung Air Defender: Luftspiele sind gestartet
Am Montag hat das Manöver Air Defender begonnen. Geprobt wird für den Verteidigungsfall, ein Signal der Stärke soll gesetzt werden.
Der Zweck: Proben für den Notfall. Gemeint ist eine Situation, in der Deutschland angegriffen wird und verteidigt werden müsste. In dem Szenario versucht ein fiktives Bündnis aus dem Osten den Rostocker Hafen einzunehmen. Es geht darum, den Einsatz von Spezialkräften zu testen, auch unter der Bedingung, dass es zu Sabotageaktionen kommt, und im Ernstfall ein Teil des Landes besetzt wäre.
Die Planungen für das Mega-Manöver begannen bereits 2018. Vier Jahre nach der russischen Annexion der Krim – und damals ahnte niemand, dass 2023 Russlands Krieg gegen die Ukraine bereits seit rund 1,5 Jahren laufen würde. Nun ist die Lage eine andere und man ist auf allen Seiten bemüht, zu betonen, dass bei der aktuellen Übung eine Provokation Russlands vermieden werden soll. Die beteiligten Staaten und Einheiten wollen sich selbst beweisen, wie verteidigungsfähig sie sind.
Der Chef der Deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz, sagte bereits bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche, das keine eskalierende Wirkung mit Blick auf Russland erzeugt werden soll. „Wir werden keine Flüge in Richtung Kaliningrad unternehmen.“ Kaliningrad ist eine russische Exklave an der Ostsee, die zwischen Litauen und Polen liegt.
Signal für Stärke des Bündnisses
Bei der Vorstellung des Manövers hatte allerdings US-Botschafterin Amy Gutmann durchaus den Namen des russischen Präsidenten Wladimir Putin erwähnt. Aus ihrer Sicht ist das Manöver auch ein Signal für die Stärke des Bündnisses. Dies würde jedes Staatsoberhaupt der Welt zur Kenntnis nehmen. „Das schließt Herrn Putin ein“, so Gutmann.
Für Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, geht es bei der Übung darum, „so zu trainieren, wie man arbeiten müsste, wenn aus dem Osten angegriffen würde“. SWR Aktuell sagte die FDP-Politikerin: „Das ist keine Fiktion. Wir erleben seit 16 Monaten, was in der Ukraine passiert.“ Verteidigungsexpertin Sara Nanni (Grüne) äußerte sich ähnlich via Twitter: „Nur wer übt, was im Notfall gemacht werden muss, kann sich sicher sein, es zu können.“
CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter hob die große Verantwortung für die Luftwaffe und die militärtechnischen Herausforderungen hervor. „Es gibt bei einer Übung keinen konkreten Gegner – die Message geht aber an Russland und Putin“, sagte Kiesewetter der taz. Zudem beinhalte die Übung auch Elemente hybrider Kriegsführung, wie Desinformationskampagnen und Kappung der Energieversorgung. „Beides wendet Russland an.“
Außerdem, so Kiesewetter weiter, sei das Manöver auch ein Signal an China: die NATO, nicht nur in Europa, sondern die USA und Partner im Indo-Pazifik, stünden gegen diese Bedrohungen geschlossen zusammen. Derzeit ist noch unklar, wie hoch die Kosten für das Manöver ausfallen. Aus Sicht des CDU-Politikers müsse Sicherheit künftig finanziell mehr wert sein.
Scharfe Kritik an der Luftwaffenübung kam am Montag von der Linken. Das Manöver sei eine neuerliche Manifestation der Konfrontationsbereitschaft, aber kein Beitrag, den Krieg Russlands in der Ukraine zu stoppen und damit das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer schnellstmöglich zu beenden, erklärte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion Gregor Gysi. Er bezweifele, dass mit dieser Machtdemonstration der Superlative sonderlich Eindruck bei der russischen Führung erweckt werde.
Die Flugzeuge starten von Standorten in Schleswig-Holstein, Bayern, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen, sowie in den Niederlanden und Tschechien. Auswirkungen auf den zivilen Luftverkehr wollte man zwar vermeiden. Am Flughafen Hamburg kam es aber zu Verspätungen bei einzelnen Flügen. Die Übung läuft noch bis 23. Juni. Nachts und am Wochenende sollen keine Flüge stattfinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe