Überweisungs-Skandal: EWE mag keine Fragen
Der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns EWE, Werner Brinker, hat Stellung zum "Sign"-Skandal genommen - hinter verschlossenen Türen.
OLDENBURG taz | Der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns EWE, Werner Brinker, hat am Freitag erstmals vor einem größeren Personenkreis Stellung zu Vorwürfen genommen, dass bei der Finanzierung des Schulpräventionsprogramms "Sign" durch die EWE Millionenbeträge unsachgemäß verwendet worden sein sollen.
Brinker sprach auf der turnusgemäß tagenden Verbandsversammlung, jenem Gremium, dem die kommunalen Anteilseigner der EWE AG - 21 Städte und Landkreise in Nordwestniedersachsen - angehören. Brinker beantwortete die Fragen zum "Sign"-Skandal allerdings hinter verschlossenen Türen, der einzige Fragesteller war zuvor von Kollegen aus dem Gremium wüst beschimpft worden. Heinrich Hövelmann als Vertreter des Landkreises Emsland meinte gar, der Fragesteller "schade der EWE". Dabei sind die Anteilseigner möglicherweise selbst die Geschädigten des Skandals.
Die EWE finanzierte seit elf Jahren "Sign", mit dem Schüler für ein Leben ohne Drogen und Gewalt ausgebildet werden sollten, mit Millionenbeträgen, hatte aber nicht ausreichend kontrolliert, ob das Geld auch bei den Schulen ankommt. Mit der Agentur Prevent GmbH, die "Sign" durchführte, war nur vereinbart worden, möglichst vielen der 116 beteiligten Schulen die Teilnahme an Veranstaltungen zu ermöglichen.
Laut Vertrag wurde allein schon dafür gezahlt. Zuletzt überwies die EWE jährlich bis zu 3,3 Millionen Euro an die Agentur, den größten Teil davon pauschal für knapp 1.200 Schulklassen. Gebucht aber wurden nur wenige hundert Veranstaltungen. Unterlagen belegen, dass die Geschäftsführerin der Agentur das Geld, das nicht für "Sign" benötigt wurde, anderweitig verwendete. So flossen aus der GmbH in den letzten Jahren jeweils um die zwei Millionen Euro in eine zweite Firma, die ihr gehört. Und die EWE - nach Aussagen der Agentur-Chefin EWE-Chef Brinker selbst - habe die Abrechnungen stets abgezeichnet und anstandslos überwiesen.
Warum das Controlling versagte, soll jetzt der Aufsichtsrat klären. Brinker selbst sagte öffentlich nach der Versammlung nur, "Sign" sei in seinem Zuständigkeitsbereich gelaufen, es sei selbstverständlich, dass er Verantwortung übernehme.
Die EWE hatte den Vertrag nach Bekanntwerden des Skandals gekündigt - ob sie ungeschoren davon kommt, wird möglicherweise ein Fall fürs Gericht. Prevent prüft juristische Schritte gegen die außerordentliche Kündigung. EWE denkt auch über eine Anzeige nach. Ob bereits Ermittlungen laufen, konnte die Staatsanwaltschaft Oldenburg nicht bestätigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit