Überwachungsaffäre in Spanien: Geheimdienst gibt „Catalan Gate“ zu

Spaniens Geheimdienst räumt ein, katalanische Politiker und Aktivisten bespitzelt zu haben. CNI-Chefin Esteban wurde vor einen Ausschuss zitiert.

Ein Mann und eine Frauen gehen durch eine Tür

Rafael Simancas und Paz Esteban, Direktorin des spanischen Geheimdienstes CNI, kommen zu einem Treffen mit Vertretern aller spanischen Parlamentsfraktionen Foto: Alberto Di Lolli/El Mundo/imago

MADRID taz | Die Handys mussten bei der Sitzung des Geheimdienstausschusses des spanischen Parlaments draußen bleiben. Es herrschte höchste Geheimhaltungsstufe, als sich die Direktorin des spanischen Geheimdienstes CNI, Paz Esteban, am Donnerstag zu den Vorwürfen des massenhaften Ausspionierens katalanischer Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten äußerte.

Für jeden dieser Angriffe legte Esteban eine entsprechende richterliche Erlaubnis vor. Damit räumt der Geheimdienst die Bespitzelung von 18 Separatisten ein, darunter der aktuelle Präsident der katalanischen Autonomieregierung Pere Aragonès. Zehn weitere Namen waren geschwärzt.

Esteban musste vor den Ausschuss treten, nachdem die kanadische Organisation Citizen Labs, die an der Universität in Toronto zum Thema Cybersicherheit arbeitet, auf insgesamt 65 Handys katalanischer Politiker, Aktivisten und Anwälte die israelische Spyware Pegasus gefunden hatte. Der Fall sorgt seit über zwei Wochen als Catalan Gate für Schlagzeilen.

Auch auf den Handys des spanischen Regierungschefs Pedro Sánchez, der Verteidigungsministerin Margarita Robles sowie des Innenministers Fernando Grande Marlaska entdeckte eine Unterabteilung des CNI die Software.

Bei den Spionageangriffen auf die Katalanen sei es laut Esteban darum gegangen, gewalttätige Proteste zu verhindern. Gemeint ist wohl die Bewegung Demokratischer Tsunami, die nach dem Urteil gegen zwölf Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten im Oktober 2019 unter anderem den Flughafen von Barcelona blockierte. Das Gericht hatte wegen Aufstandes bis zu 13 Jahre Haft verhängt. Das Vergehen: Die Verurteilten hatten 2017 ein Unabhängigkeitsreferendum organisiert.

Fragen um weitere Spionage

„Wir werden wie internationale Dschihadisten und Terroristen behandelt, obwohl wir nur die Unabhängigkeit mit demokratischen Mitteln verteidigen“, sagte der katalanische Regierungspräsident Pere Aragonès, der zur Zeit des Hackerangriffs 2019 Vizeregierungschef war. Er verlangt die sofortige Offenlegung der richterlichen Zustimmungen zu den Lauschangriffen.

Die Fraktion seiner Partei, die Republikanische Linke Kataloniens (ERC), beantragte zusammen mit einer Reihe anderer kleinerer Formationen, darunter auch der Koalitionspartner von Sánchez Sozialisten, Unidas Podemos, einen Untersuchungsausschuss zum Catalan Gate im spanischen Parlament. Die Sozialisten verhinderten gemeinsam mit der Konservativen Partido Popular (PP), den rechtsliberalen Ciudadanos und der rechtsextremen VOX diesen Antrag.

Bleibt die Frage, wie Pegasus auf die restlichen Telefone gelangte. Es könnte sich – vor allem bei den Katalanen – um eine Operation von Teilen des spanischen Sicherheitsapparates handeln, der auf eigene Faust operiert. Auch für die Angriffe auf die Regierung könnte eine solche Gruppe in Frage kommen. Denn sie fanden statt, kurz bevor Sánchez die verurteilten Katalanen im Juni 2021 begnadigte.

Auch ausländische Geheimdienste kommen in Frage: Der Angriff auf Sánchez und seine Minister geschah, als Brahim Gali, Chef der Befreiungsbewegung Polisario, die für die Unabhängigkeit der durch Marokko besetzten Westsahara kämpft, in Spanien wegen Covid behandelt wurde. Dies führte zu einer schweren diplomatischen Krise zwischen Marokko und Spanien.

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