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Überproduktion von Wein in BordeauxWinzer wollen weniger Wein

Im westfranzösischen Bordeaux demonstrieren Hunderte Landwirte für höhere Stilllegungsprämien und Staatshilfen. Das soll die Überproduktion stoppen.

Es wird zu viel von dem Gesöff angebaut Foto: Isabelle Rozenbaum/imago

PARIS taz | Schweren Herzens müssen in einer der renommiertesten Weinregionen zahlreiche Produzenten einen Teil der Weinstöcke ausreißen und verbrennen. Etwas anderes bleibt ihnen nicht übrig, weil sie in schier unüberwindbaren finanziellen Schwierigkeiten stecken. Die Produktionskosten sind gestiegen, aber der Umsatz sinkt, vor allem wegen eines zurückgegangenen Alkoholkonsums in Frankreich. Was ein Plus für die öffentliche Gesundheit ist, hat die Bordeaux-Weinbauern in eine schwere Krise geführt.

Längst nicht alle von ihnen verdienen so viel Geld wie die (oft prominenten) Besitzer der weltberühmten und sehr teuren Grands Crus, deren Prestige ungebrochen ist. Laut den regionalen Behörden und den Berufsverbänden stehen 1.320 Bordeaux-Weinbauern vor dem Konkurs. Ihre finanziellen Engpässe können nicht kurzfristig überwunden werden, weil sie die Konsequenz von Strukturproblemen sind. Die Region hat sich der veränderten Nachfrage und dem internationalen Wettbewerb nicht rechtzeitig angepasst.

Die Behörden bieten den betroffenen Weinbauern eine „technische und finanzielle Hilfe bei der Diversifizierung der Aktivitäten“ an. Sie werden also aufgefordert, ihre Weinproduktion einzustellen und allenfalls auf ihrem Land etwas anderes anzubauen. Nun soll rund ein Zehntel der gesamten Anbaufläche, das heißt etwa 15.000 Hektar, aus dem Verkehr gezogen werden.

Für das „freiwillige“ Ausreißen der Weinstöcke wird eine Prämie angeboten. Die meisten Betroffenen wären nicht grundsätzlich gegen diese radikale Maßnahme, auch wenn sie es vorzögen, dass ihnen der Staat auf andere Weise aus der Klemme helfen könnte: zum Beispiel mit einer Verlängerung der Zahlungsfristen für öffentliche Anleihen und Abgaben.

Bei einer Kundgebung haben Hunderte Winzer am Donnerstag vor der Präfektur in Bordeaux wie schon am 6. Dezember zudem eine attraktivere Prämie für die freiwillige Rodung verlangt. 10.000 Euro pro Hektar halten sie für angemessen. Der französische Staat aber zögert, diese Umstellung mit bis zu 150 Millionen zu finanzieren, und spielt den Ball an die EU in Brüssel weiter.

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