: Überlastete 58,4jährige
Hamburgs Lehrergewerkschaft will alte LehrerInnen weniger arbeiten lassen und dafür mehr junge LehrerInnen einstellen ■ Von Judith Weber
58,4jährige haben's schwer. „In diesem Alter gehen Hamburgs Lehrer durchschnittlich in Rente, weil sie nicht mehr können“, schimpft Horst Bethge vom Landesvorstand der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Bis sie 63 sind und offiziell pensioniert werden, halten es viele nicht aus.“Die Hälfte steigt vorzeitig aus. Eine unerträgliche Situation, findet die Gewerkschaft. Sie fordert: Ab 50 sollen LehrerInnen nur noch Teilzeit arbeiten müssen. Dafür könnten die Schulen mehr junge PädagogInnen einstellen.
„Initiative für Bildung und Beschäftigung“heißt das Konzept, mit dem die GEW nach der Wahl erst die Schulbehörde und dann die LehrerInnen überzeugen will. Konkret funktioniert das Modell so: Zwei Fünfzigjährige arbeiten nur noch die Hälfte der Zeit, bekommen aber zwei Drittel ihres Lohnes, und die Jahre bis zur Pensionierung werden voll auf die Rente angerechnet. Dafür stellt die Stadt eine Berufsanfängerin ein.
„Das Durchschnittsalter der Lehrer senkt sich“, zählte GEW-Vorsitzende Anna Ammonn gestern Vorteile auf, „die Älteren werden weniger belastet, zudem entspannt sich der Arbeitsmarkt“. Und das alles zum Nulltarif, meint die Gewerkschaft. Für die Schulbehörde sei es schließlich billiger, neue PädagogInnen einzustellen, als die alten bis zur Rente zu behalten, denn eine Fünfzigjährige bekomme ein Drittel mehr Gehalt als eine Berufsanfängerin. Zugegeben, die Rentenbezüge habe man „nicht eingerechnet“.
„Das funktioniert auf keinen Fall kostenneutral“, winkt die Schulbehörde ab. Zumal die GEW ihr Konzept nur im Kombi-Pack mit anderen Forderungen anbietet: 1200 Lehrer soll Hamburg bis 2001 neu anstellen. „Allein die sind unbezahlbar“, sagt Behörden-Sprecherin Anita Merkt. Zusätzlich verlangt die Gewerkschaft, daß „die Arbeitszeiten nicht länger oder die Klassen größer werden“. Nur unter diesen Bedingungen, so die GEW, seien einige der 7000 LehrerInnen über 50 bereit, weniger zu arbeiten.
„Natürlich wollen wir auch festhalten an unseren älteren Forderungen wie kürzere Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich“, betont die GEW-Vorsitzende.
Doch zunächst sei Realismus angesagt: „Wir müssen weitere dramatische Einschnitte im Schulbereich verhindern.“
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