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Überfall auf Schule in NigeriaErneut dutzende Kinder entführt

Zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Tagen sind in Nigeria Kinder verschleppt worden. Am Donnerstag überfielen Bewaffnete eine Grund- und Mittelschule.

Menschen versammelten sich am Donnerstag an dem Ort, an dem die Bewaffneten die Schulkinder entführt haben sollen Foto: dpa

Lagos dpa/ap/taz | Im westafrikanischen Nigeria sind Medienberichten zufolge erneut Dutzende Schulkinder entführt worden. Eine bewaffnete Gruppe hat demnach am Donnerstagmorgen eine Grund- und Mittelschule in der Ortschaft Kuriga im nordwestlichen Bundesstaat Kaduna überfallen. Basierend auf Augenzeugenberichten berichteten Lokalmedien am Freitag von zwischen 100 und 287 entführten Mädchen und Jungen. Auch Lehrer seien verschleppt worden.

Der Senator von Kaduna, Uba Sani, bestätigte den Vorfall, machte aber keine Angaben zu Opferzahlen. Er habe sich mit „blutendem Herzen“ von der Gemeinde über die Entführung berichten lassen, sagte Sani in einem Post auf X. Er werde sicherstellen, dass alles unternommen werde, um die Schüler und Schülerinnen zu befreien. Auch Präsident Bola Tinubu und der nationale Sicherheitsberater seien informiert worden, schrieb Sani.

Ende Februar war es bereits im nordöstlichen Bundesstaat Borno zu einer Massenentführung von Binnenvertriebenen gekommen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden dabei mehr als 200 Menschen verschleppt. Eine genaue Zahl der Entführten war auch in diesem Fall nicht bekannt. Dort sollen vor allem Frauen und Kinder verschleppt worden sein, die in Flüchtlingslagern an der Grenze zum Tschad lebten und im Wald nach Feuerholz gesucht hatten.

Seit 2014 haben die islamistische Terrormiliz Boko Haram sowie kriminelle Gruppen zahlreiche Frauen und Kinder im Norden des bevölkerungsreichsten Landes Afrikas mit rund 220 Millionen Einwohnern entführt. Dabei geht es entweder um die Erpressung von Lösegeld, Zwangsrekrutierung in bewaffnete Gruppen oder sexuelle Gewalt. Vor fast genau zehn Jahren, im April 2014, sorgte die Entführung von 276 Schülerinnen aus ihrem Internat in der Stadt Chibok für weltweites Entsetzen. Viele der Mädchen sind noch immer vermisst.

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5 Kommentare

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  • Ja, furchtbar, pervers, schrecklich - meine ich genau so.

    Trotzdem, auf die Gefahr hin des Whatsaboutismus verdächtigt zu werden:



    Bei der Entführung der israelischen Geiseln tolerieren wir, betont geschockt, kritisierend duldend einen Genozid an der palästinensischen Bevölkerung, bis hin zu einem 3. Weltkrieg - Wenn es in Nigeria passiert, reicht es zu einer etwas knappen Meldung.



    Was ist mit uns los?

  • Leider muss man eben auch sagen, dass wenn es um Afrika geht, die Welt oft tatenlos zuschaut und schweigt. Ja die Entführung der Mädchen 2014 sorgte für weltweites Entsetzen aber dabei blieb es dann auch. Immer wenn ich diese Geschichten aus Afrika lese stelle ich mir die Frage wie wir agieren würden wenn sowas hier passieren würde. Letztes Jahr sind über 70 Kinder in Gambia, die meisten unter 5 Jahre alt, nach der Einnahme eines verschriebenen Hustensafts gestorben der aus Indien kam. Laut WHO enthielt der Syrup unzulässige Mengen an Toxinen die ein Nierenversagen verursachten. Findet man dazu Artikel: ja. Aber wenn das hier passiert wäre, dann wäre das vermutlich der größte Medikamentenskandal seit Contagan gewesen.



    In den abendlichen Nachrichten finden Berichte über Afrika doch nur selten Einzug. 20 Millionen von Hunger betroffene in Sudan, Gewalt im Kongo, politische Unruhen in Senegal und die Schreckensherrschaft von Boko Haram in Nigeria... findet alles kein Interesse außer dann wenn westliche Interessen werden bedroht werden.

  • Das ist auch eine der Fluchtursachen um die sich keiner ernsthaft kümmert.

  • Wie krank muss man sein, um solche Taten zu begehen?

    • @vieldenker:

      Ja, das frage ich mich auch. Jedoch denke ich, dass Westafrika mit seinen Problemen von uns im Stich gelassen wird bzw. die falschen Ansätze gewählt werden (siehe europäische Militärpräsenz in Mali).



      Kürzlich unterhielt ich mich mit einem guineischen Kollegen über die schwierige politische Situation in seinem Heimatland und die der Nachbarländer (Senegal, Mali). Während ich hervorgehoben habe, dass es vor allem die für Westafrika katastrophalen ökologischen Folgen des Klimawandels seien, die der Region zusetzen, verneinte er dies vehement.



      Sein Land Guinea habe überhaupt keine ökologischen Probleme, primär habe man vor allem mit den Nachwirkungen des Kolonialismus zu kämpfen. Überhaupt sei die ökonomische Dominanz und Kontrolle Frankreichs immer noch ein wesentlicher Hemmschuh für die demokratische Entwicklung seines Landes. Deshalb sei es auch richtig gewesen, dass man in Mali die Franzosen „herausgeworfen“ habe. Auf meinen Einwand, dass dann eben Russen und Chinesen in die Bresche springen würden, zuckte er nur die Schultern.



      So unterschiedlich können die Wahrnehmungen sein! Auf Ihre Frage kann ich Ihnen also auch keine Antwort geben. Aber vielleicht würde es schon helfen, den Bettroffenen wenigstens zuzuhören.