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USA vor zweiter Amtszeit TrumpsFed-Bankenaufseher Michael Barr tritt ab

Der Vize der US-Notenbank hat keinen Bock auf einen Rechtsstreit mit dem neuen US-Präsidenten. Doch Trump hat nicht viel Auswahl für die Neubesetzung.

Der Ex-Fed-Bankenaufseher Michael Barr bei einer Anhörung im Mai 2023 in Washington Foto: reuters/Evelyn Hockstein

Berlin taz | Michael Barr hatte keinen Bock auf Stress. „Die Position des stellvertretenden Vorsitzenden für Aufsicht wurde nach der globalen Finanzkrise geschaffen, um mehr Verantwortung, Transparenz und Rechenschaftspflicht für die Aufsicht und Regulierung des Finanzsystems durch die Fed zu schaffen“, teilte der Vizechef der US-Notenbank Fed am Montagvormittag (Ortszeit) in Washington mit und fügte an: „Das Risiko eines Streits über die Position könnte von unserer Mission ablenken.“ Damit begründete die rechte Hand von Fed-Chef Jerome Powell seinen vorzeitigen Rücktritt.

Eigentlich hätte der Absolvent der Elite-Uni Yale seinen Posten noch bis Sommer 2026 inne gehabt, doch gab es Gerüchte, dass der designierte US-Präsident Donald Trump ihn absägen wolle. Barr ließ vor seinem Rücktritt offenbar seine Chancen in einem möglichen Rechtsstreit gegen den Republikaner prüfen: Sowohl seine eigenen Anwälte als auch der Berater der US-Notenbank seien der Meinung, dass er die juristische Auseinandersetzung letztlich hätte gewinnen können, diese aber „sehr unangenehm“ gewesen wäre, legte der Notenbanker nämlich im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters dar.

Barrs Rückzug ist die jüngste Etappe im Streit zwischen Trump und der Fed. Der 78-Jährige Milliardär hatte in seinem Wahlkampf immer wieder getönt, dass er mehr Einfluss die US-Notenbank haben wolle. Insbesondere Fed-Chef Powell stand im Zentrum seiner Attacken. Powell wurde zwar von Trump selbst in seiner ersten Amtszeit zum obersten US-Notenbanker gemacht, wollte sich aber bei Zinsentscheidungen nicht Trumps Willen beugen.

Barr hingegen kommt klar aus dem demokratischen Lager: Der 59-Jährige arbeitete bereits unter Ex-Präsident Bill Clinton und später auch unter Barack Obama. Noch-Präsident Joe Biden machte ihn im Sommer 2022 zum Fed-Vizevorsitzenden. Besonders seine Funktion als oberster Bankenaufseher dürfte Trump dabei ein Dorn im Auge gewesen sein.

Bar gilt als relativ strenger Regulierer

Während Trump die Regeln für die Finanzmärkte lockern will, gilt Barr als relativ strenger Regulierer. Zuletzt setzte sich er sich für strengere Kapitalvorschriften für Großbanken ein. Während der Präsidentschaft von Barack Obama arbeitete Barr maßgeblich am sogenannten Dodd-Frank-Act mit. Dieses 2010 verabschiedete und 541 Artikel auf 849 Seiten umfassende Gesetz sollte eine Lehre aus der Finanzkrise 2007 sein und gefährlichen Spekulationen einen Riegel vorschieben.

Zwar wenden Kri­ti­ke­r*in­nen ein, dass das Dodd-Frank-Gesetz wenig gebracht habe und etwa Wetten mit Derivaten weiterhin ermöglichte. Trotzdem kippte Trump 2018 wieder Beschränkungen für Banken im Rahmen dieses Gesetzes.

Nun hat Trump die Möglichkeit, den Posten des Chef-Bankenaufsehers mit einer ihm genehmeren Person zu besetzen. Sonderlich viel Auswahl hat er aber nicht. Denn Barrs Nach­fol­ge­r*in muss aus dem siebenköpfigen Fed-Gouverneursrat kommen, quasi dem Vorstand der Notenbank. Und Barr gab nun zwar seinen Vizechefsessel ab, aber nicht seinen Posten in diesem Gremium. Diesen hat er noch bis Anfang 2032 inne. Auch die anderen Mitglieder haben ihre Ämter mindestens bis Anfang nächsten Jahres sicher.

Nicht ohne eine gewisse Ironie erklärte deshalb Barr bezüglich seines Rücktritts: „Ich habe beschlossen, dass ich als Gouverneur dem amerikanischen Volk effektiver dienen kann.“

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