piwik no script img

USA und Russland im SyrienkriegMan signalisiert Annäherung

Vielleicht darf Aleppo auf eine Waffenruhe hoffen. Die Außenminister Kerry und Lawrow haben nach eigenem Bekunden den Grundstein dafür gelegt.

Die Bemühungen um eine Beendigung des Krieges gehen weiter Foto: ap

Genf epd | Im Ringen um eine Waffenruhe für Syrien haben sich die USA und Russland aufeinander zubewegt. „Wir haben jetzt Klarheit über den weiteren Weg erzielt“, sagte US-Außenminister John Kerry am Freitagabend in Genf nach einem mehrstündigen Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Experten müssten in den nächsten Tagen jedoch über weitere Punkte beraten. Kerry hob zugleich hervor, dass über das Vorgehen im Kampf gegen Terrorgruppen weiter Uneinigkeit herrsche.

Zudem blieb offen, wann genau eine humanitäre Feuerpause für belagerte Orte wie Ost-Aleppo und die Gespräche über eine politische Lösung des Konflikts beginnen sollen. Das Treffen der Außenminister war kurzfristig anberaumt worden.

Die humanitäre Lage in Syrien wird als dramatisch geschildert. Hunderttausende Menschen in insgesamt 18 abgeschnittenen Orten konnten laut UN im August nicht mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderem lebenswichtigen Gütern versorgt werden. Die Truppen des Machthabers Baschar al-Assad riegeln die meisten Orte ab.

In Syrien kämpfen das Assad-Regime, Rebellengruppen und Terrororganisationen um die Macht. Russland, der Iran und schiitische Milizen unterstützen das Assad-Regime. Gemäßigte Rebellen werden von den USA unterstützt. Auch die Türkei spielt eine Rolle. Seit Beginn des Konflikts vor mehr als fünf Jahren starben laut UN-Schätzungen rund 300.000 Menschen. Millionen Männer, Frauen und Kinder sind auf der Flucht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • Erstmal ist es gut, dass Kerry und Lawrow miteinander über Syrien reden. Denn sie haben mehr Gemeinsamkeiten, als sie vermuten. Beide Seiten, die USA und Russland, stehen im Prinzip positiv zu den Kurden. Nur müssen die Amerikaner aufpassen, die syrischen Kurden nicht aus falscher Loyalität zu einem zweifelhaften NATO-"Bündnispartner" wie der Erdogan-Türkei zu opfern. Putins Politik ist im Zweifelsfall rationaler als die von Erdogan.

  • "Russland, der Iran und schiitische Milizen unterstützen das Assad-Regime. Gemäßigte Rebellen werden von den USA unterstützt. Auch die Türkei spielt eine Rolle." - Ein gutes Beispiel dafür, wie Presseagenturen lügen können: Das "Assad-Regime" ist eine grausame Diktatur, allerdings völkerrechtlich gesehen die legitime, gewählte Regierung Syriens, welche über - völkerrechtlich einwandfreie - Verträge mit Rußland und dem Iran verbündet ist. - Die USA sind völkerrechtlich im Gegensatz zu den vorgenannten Parteien überhaupt nicht völkerrechtlich legitimiert und unterstützen nachweislich islamistische "Rebellengruppen" und keineswegs nur "gemäßigte". Es muß auch dringlichst gefragt werden: selbst wenn es "Gemäßigte" gäbe, was hätten die nach einem Sturz Assads angesichts der erdrückenden Übermacht islamistischer Milizen überhaupt zu melden? Schon jetzt werden immer wieder Bündnisse "gemäßigter" mir "radikalen" Gruppen gemeldet, weil letztere einfach die militärisch Stärkeren sind. - Die Türkei wiederum spielt nicht einfach "eine Rolle" dabei - sie hat als NATO-Verbündeter des Westens bisher das Kunststück fertiggebracht, gleichzeitig den IS zu unterstützen. - Überhaupt nicht erwähnt werden die Staaten des "Golf-Kooperations-Rates", von denen die meisten Dschihadisten in Syrien unterstützen. - Mir erscheinen solche Verhandlungen wie die von Kerry und Lawrow als reine Farce. Die USA haben soeben die bis dato "verbündeten" Kurden in Rojava fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Es geht nur um Machtinteressen-Politik, Menschenleben sind für ALLE, ausnahmslos ALLE, die zur Waffe gegrioffen haben, nebensächlich - einzig bei den Kräften Rojavas bin ich mir noch nicht sicher.

    • @Albrecht Pohlmann:

      Immer die selbe Leier...Vor dem Krieg war Syrien für arabische Verhältnisse ein vorbildlicher Staat. Gewährte freie Religionsausübung und Karrierechancen für Frauen - im Gegensatz zu Saudi Arabien, wo eine Frau nicht mal Auto fahren darf, z.B. Es gab Regionen mit einer florierenden Wirtschaft und Metropolen wie Damaskus, wo das Leben auch westliche Aspekte aufwies, auch Nachtleben und solche Dinge. Es gab ein staatliches soziales Netz und Absicherung. Relativ gute Bildung für jeden, unabhängig vom Stand auf Schulen und Universitäten.

       

      Dass Assad auch mal die eiserne Hand auspackte, stimmt. Aber der Glaube, man könne dort eine Friede, Freude, Eierkuchen-Demokratie wie z.B in Deutschland errichten ist unrealistisch, war immer unrealistisch und diente nur der westlichen Propaganda. Was draus wird, wenn eine eiserne Hand fehlt, die aber auch Zuckerbrot verteilt, sieht man bestens an Libyen. Gerade sunnitische Gruppen muss man im Zaum halten und das müsste auch Assad. Nun ist die propagandistische Erzählung im Westen halt so, da stünden überall nur nette Demonstranten, die für ihre Rechte einstehen, mehr oder weniger hilflos, während der böse Diktator, völlig im Wahn, nichts anderes zu tun habe, als die Armen zu massakrieren. Wer's glaubt, wird selig...Dass der Westen und die Golfstaaten mit der Söldner Förderung den Terror überhaupt mit verursachten, kommt in der geheuchelten Westpropaganda natürlich nicht vor. Assad ist auch nur ein Mensch. Der Blick auf seine Frau und wie er als Araber in der Öffentlichkeit mit ihr umgeht, lässt tief blicken. Da könnten sich einige Herrscher in der Region, für die Frau=Hund gilt, einiges abschneiden.

      • @Kerstin Baben:

        Wenn Sie meinen Kommentar gelesen und nicht nur überflogen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, daß ich innerhalb der Gemengelage all dieser Staats-Verbrecher Assad durchaus Gerechtigkeit widerfahren lassen möchte - gerade um die Mär vom "guten" Westen zu erschüttern. - Überhaupt nicht einverstanden bin ich mit Ihrem Lob der "eisernen Hand". Da hätten Sie gleich schreiben können, daß Sie Folterregimes (wie sie eine Mehrheit der Staaten darstellen, einschließlich der USA) gut oder wenigstens notwendig fänden. - Daß unter den Assads gefoltert wird, ist seit langem bekannt - CIA und BND haben nach 9/11 explizit davon Gebrauch gemacht und die Vernehmung "Terrorverdächtiger" in syrischen Folterknästen überwacht. Allerspätestens, seit diese Vorgänge ans Licht kamen, ist die Tatsache weltbekannt.

      • @Kerstin Baben:

        Hinzu: finden Sie es nicht seltsam, dass es dort eigentlich keine Proteste gibt, wo die syrische Regierung noch alles im Griff hat. Wie zum Beispiel in Damaskus? Warum stehen da keine Menschen auf, mit Schildchen in der Hand, die für ihre Rechte kämpfen? Gut, die westliche Prooagandaerzählung wird sein, Assad habe in der Megastadt Damaskus, eine Stadt die schon in der Antike eine Megametropole war, all seine Anhänger versammelt, all die bösen Menschen, die nur danach trachteten andere Menschen zu unterdrücken, bla, bla. Schauen Sie sich doch mal Assadanhänger an. Ist ja nicht so, dass es niemand gäbe, der für ihn demonstrierte: relativ normal aussehende Menschen, eher westlich gekleidet und orientiert. Und dann schauen Sie sich die Anhänger der sog. Demokratiekämpfer an: langbärtige Männer, Frauen in Vollverschleierung oder Burkakluft.

  • Es ist eine menschliche Tragödie, die sich mancher Orts in Syrien ereignet - und die Welt schaut zu. Weder Assad noch Putin, weder Obama noch Erdogan, weder die Rebellen noch andere, auch die EU und UNO kann sich dazu aufraffen, den Menschen zu helfen.

     

    Es ist ein Trauerspiel der besonderen Art, das zeigt, wie wenig der Mensch zählt.

  • Wenn es keinen klaren Zeitplan gibt, dann läuft die Uhr - im Zweifel für eine Konfliktpartei und im Zweifel auch gegen eine andere Konfliktpartei. Und wer ist ein Terrorist in Syrien? Die Frage muss klar beantwortbar sein, sonst kann es auch keine echten Regelungen geben. Die humanitäre Idee hat in diesem Konflikt noch nie was gebracht. Mit dem Einmarsch der Türkei gibt es auch eine neue, direkte Konfliktpartei, die zur NATO gehört und die schwer bewaffnet dort auftritt und gerade in diesem Bürgerkrieg für viel Leid sorgen könnte. Wenn sich die Gerüchte bestätigen, dass die Kurden die neuen Opfer werden könnten, dann wird das die Weltöffentlichkeit bewegen und zugleich auch für innersyrische Gewinner sorgen. Was aus so einer konfusen Lage erwachsen kann, ist schwer zu prognostizieren, aber man kann mit großer Wahrscheinlichkeit sagen, dass weitere bewaffnete Auseinandersetzungen folgen könnten. Sollte Bashar Assad vorrücken, könnte Syrien mit Blut geflutet werden, denn unabhängige Medien oder irgendeine Kontrolle besteht dort nicht mehr. Das ist ja beim 'Islamischen' Staat schon deutlich geworden - die mach(t)en was sie wollen.

    • @Andreas_2020:

      Ich befürchte schon, dass die Kurden wieder einmal die Verlierer sein werden.

       

      Nun muss man ehrlich sagen, dass die Kurden nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit in den Konflikt eingegriffen haben, und auch, dass sie auch ihren eigenen Teil am bösen "Spiel" mit dazu beigetragen haben.

       

      Nur, dass sie nun wieder einmal trotz grossen Einsatzes auf Seiten der von den USA geführten Allianz verlieren, wird ihre Wut nicht vermindern!

      Und umsonst werden sie nicht (mehr) kämpfen.

  • Das Foto lässt vermuten, dass eine Einigung bereits stattgefunden hat. Erdogan darf gegen die Kurden in Syrien begrenzt(?) Krieg führen. Dafür werden die Rebellen in Aleppo nicht mehr unterstützt.

  • "...in insgesamt 18 abgeschnittenen Orten konnten laut UN im August nicht mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderem lebenswichtigen Gütern versorgt werden. Die Truppen des Machthabers Baschar al-Assad riegeln die meisten Orte ab."

     

    Könnte man endlich mal aufhören, so zu tun, als würde nur Assad Orte abriegeln und die anderen Belagerer auch beim Namen nennen?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      ... an wen konkret haben Sie dabei ("andere Belagerer") gedacht?

      • @Der Allgäuer:

        Sog. Rebellengruppen, die in Aleppo Stadtteile besetzen, Zivilisten in Geiselhaft halten und an der Flucht über Korridore hindern (Rebellen ist eigentlich ein Witz, soll wohl an Che Guevera oder so erinnern, dabei sind es islamistische Terroristen mit Al Quaida als Mutterschiff). Vielfach wird der Sieg über die sog. Rebellen von den Bürgern gefeiert. In Daraya (Damaskus) durften nun einige Dschihadisten (alias Rebellen/Freiheits- oder Demokratiekämpfer) geordnet abziehen.

      • @Der Allgäuer:

        Diverse "Rebellen". Auch Orte mit Assadanhängern werden teilweise seit Jahren belagert. Mich ärgert es einfach, wenn so getan wird, als gäbe es nur auf einer Seite Leid.