US-Sonderermittler Mueller: Den ersten Trumpf gespielt
Der US-Sonderermittler Robert Mueller untersucht die russische Einflussnahme auf den US-Wahlkampf 2016. Jetzt hat er drei Haftbefehle erlassen.
Es ist der erste große Schlag des im Mai eingesetzten US-Sonderermittlers Robert Mueller III, betraut mit der Aufklärung möglicher russischer Einflussnahme auf die US-Wahlen 2016: Drei Haftbefehle machte Mueller am Montag bekannt, allesamt gegen ehemalige Mitarbeiter von Donald Trumps Wahlkampfteam.
Prominentester Beschuldigter ist Paul Manafort. Der 68-Jährige war im Sommer 2016 mehrere Monate lang Trumps Wahlkampfleiter. Was ihm zur Last gelegt wird, hat allerdings mit dem Wahlkampf nichts zu tun: Vielmehr soll Manafort es versäumt haben, sich als „ausländischer Lobbyist“ registrieren zu lassen, als er für den Ukrainer Wiktor Janukowitsch tätig war – während seiner Zeit als ukrainischer Präsident und dann noch 2014/15 nach seiner Flucht nach Russland. Er soll mindestens 18 Millionen Dollar an Einkünften aus dieser Tätigkeit nicht deklariert haben. Stattdessen habe er teure Immobilien und andere Luxusartikel erworben, was ihm den Vorwurf der Geldwäsche einbringt. Die Ermittler subsumieren das unter Anklagepunkt eins: Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten.
Manafort, genauso wie sein früherer Sozius Richard Gates, gegen den ebenfalls Haftbefehl vorlag, bekannten sich am Montag für nicht schuldig. Gegen Millionen-Dollar-Kautionen wurden sie in den Hausarrest entlassen. Präsident Donald Trump reagierte auf Twitter: „Sorry, aber das ist Jahre her, lang bevor Paul Manafort Teil des Trump-Wahlkampfes wurde.“ Und im Übrigen, fragte Trump: Warum liege der Fokus eigentlich nicht auf Hillary Clinton und den Demokraten?
Die Diskussion über eine mögliche russische Einflussnahme zugunsten Trumps im Wahlkampf war entstanden, nachdem im Sommer 2016, kurz vor dem Nominierungsparteitag der Demokraten, auf der Enthüllungsplattform Wikileaks Tausende von E-Mails des Democratic National Comittee (DNC) und von Clintons Wahlkampfleiter John Podesta aufgetaucht waren. Daraus ging unter anderem hervor, wie sehr sich dieses eigentlich zur Neutralität verpflichtete Führungsgremium mit schmutzigen Tricks gegen Clintons innerparteilichen Konkurrenten gestellt hatte, den linken Senator Bernie Sanders aus Vermont.
Schon wenige Wochen später kamen US-Geheimdienste zu den Schluss, die Quelle der E-Mails seien Hacker im russischen Regierungsauftrag gewesen. Wikileaks bestritt das und deutete an, es handele sich um einen Whistleblower in der Demokratischen Partei. Auch Trump und sein Wahlkampflager argumentierten in diese Richtung – und stritten vor allem ab, von den E-Mails vorab Kenntnis gehabt zu haben.
Niemand hatte die Idee, die Polizei einzuschalten
An dieser Stelle kommt der dritte Beschuldigte ins Spiel: der 30-jährige George Papadopoulos, zeitweise außenpolitischer Berater von Trumps Wahlkampfteam. Wie jetzt bekannt wurde, hat er sich am 5. Oktober schuldig bekannt, im Januar und Februar dieses Jahres gegenüber der Bundespolizei FBI falsche Angaben über seine eigenen Kontakte zu russischen Regierungsleuten gemacht zu haben.
Aus seinen Aussagen ergibt sich, dass er im März 2016, als er gerade in Trumps Team berufen worden war, an seinem damaligen Wohnsitz in London von russischen Verbindungsleuten angesprochen wurde: Es gebe belastendes Material über Hillary Clinton und ob das Trump-Lager interessiert sei. Papadopoulos meldete das nach oben und bekam grünes Licht, die Quelle weiterzuverfolgen.
Von russischer Seite aus kam dann die Anfrage, ob ein direktes Treffen zwischen Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin möglich wäre – was das Trump-Lager ablehnte. Papadopoulos bot schließlich an, selbst nach Moskau zu fliegen; der Trip kam nie zustande, die Gründe dafür sind unklar.
Sicher scheint, dass die russischen Verbindungsleute ihm bei mehreren Treffen, und Monate vor den ersten Veröffentlichungen auf Wikileaks, berichteten, dass Russland im Besitz Tausender Clinton-E-Mails sei. Und dass aus dem Trump-Lager niemand auf die Idee kam, angesichts dieser Erkenntnis über den Eingriff einer ausländischen Macht ins politische Geschehen der USA die Sicherheitsbehörden einzuschalten.
Konservative pöbeln gegen Clinton
Die meisten Beobachter werten die Haftbefehle vom Montag nur als ersten Schritt. Insbesondere die Vorwürfe gegen Manafort sehen viele eher als Druckmittel an, um den einstigen Wahlkampfleiter zur Kooperation zu bewegen und über ihn weitere Informationen über etwaige Verwicklungen von Trumps Wahlkampfteam mit Russland zu bekommen. Immerhin könnten die Anschuldigungen, sollten sie vor Gericht standhalten, Manafort bis zu 20 Jahre ins Gefängnis bringen – da könnte es ihm durchaus helfen, mit den Ermittlern zu kooperieren.
Konservative Kommentatoren halten das wiederum alles für ein Manöver, um von Clintons eigenen „Verbrechen“ abzulenken. Zu diesen gehört die Enthüllung vergangener Woche, dass ein auf den früheren britischen Geheimdienstmitarbeiter Christopher Steele zurückgehendes Dossier über angebliche sexuelle Ausschweifungen Donald Trumps bei früheren Moskaureisen, das während des Wahlkampfs von 2016 veröffentlicht wurde, indirekt vom demokratischen Parteivorstand in Auftrag gegeben und bezahlt wurde.
Die Anwaltskanzlei Perkins Coie, von der Parteiführung der Demokraten mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragt, hatte das Investigativbüro Fusion GPS angeheuert, um nach Leichen in Trumps Keller zu suchen. Fusion GPS beauftragte Christopher Steele, der das umstrittene Dossier bereitstellte. Die Veröffentlichung 2016 hatte die Frage aufgeworfen, ob Steele russischen Desinformationen aufgesessen war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen