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US-Sanktionen gegen die TürkeiDollar versus Allah

Präsident Trump hat die Strafzölle gegen die Türkei verdoppelt. Die türkische Lira befindet sich im freien Fall. Streitgrund ist ein inhaftierter Pastor.

Ob sie sich je wieder die Hand reichen? Foto: reuters

Die seit langem schwächelnde türkische Währung erlebte am Freitagmorgen einen drastischen Kursabsturz. Binnen einer Stunde verlor die Lira 13,5 Prozent auf den Dollar und den Euro. Zeitweise ist sie sogar um mehr als 18 Prozent gefallen. Die Lira hat bereits allein in diesem Jahr zwei Drittel ihres Werts verloren. Aktueller Anlass ist der Streit zwischen der US-Regierung und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Er­do­ğan. Die US-Regierung verlangt die Freilassung eines evangelikalen Pastors, der eineinhalb Jahre in U-Haft saß und nun unter Hausarrest steht.

Der Streit konnte auch bei einem Besuch einer türkischen Delegation in Washington nicht beigelegt werden. Am Freitag legte Trump noch mal nach – und verdoppelte die bereits bestehenden Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Er erwarte, dass die Lira nun „schnell gegenüber unserem sehr starken Dollar abrutscht!“, twitterte Trump. Und fügte hinzu: „Unsere Beziehungen zur Türkei sind derzeit nicht gut!“

Die US-Sanktionen sind nicht der alleinige Grund für den Währungsverfall. Seit Erdoğan im Juni als Präsident wiedergewählt wurde und mit absoluten exekutiven Vollmachten regiert, steht die für Anleger wichtige Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank infrage. Tatsächlich hatte die Zentralbank zuletzt den Leitzins nicht angehoben: Vermutlich, weil Er­do­ğan ein Gegner hoher Zinsen ist. International kritisiert wurde auch, dass Er­do­ğan seinen Schwiegersohn Berat Albayrak zum Finanzminister ernannte und Finanzexperten aus dem Kabinett entließ.

Erdoğan sagt, „nationale Anstrengung“ sei nötig

Noch am Donnerstag hatte Erdoğan in Rize am Schwarzen Meer seine Anhänger beruhigt. Sie sollten sich keine Sorgen machen, das internationale Komplott gegen die Türkei werde keine Wirkung zeigen. Dann sagte er: „Die USA haben ihren Dollar, aber wir haben unseren Gott.“ Offenbar ein Auslöser dafür, dass viele Anleger am Freitagmorgen versuchten, türkische Aktien und Wertpapiere zu verkaufen.

Wenn Erdoğan nicht einlenkt und die Zentralbank die Lira nicht mit Zinserhöhungen stützt, könnte der Währungsverfall auch in der türkischen Realwirtschaft dramatische Folgen haben: Viele große Unternehmen sind in Dollar verschuldet, verdienen aber Lira und müssen nun immer mehr Geld aufwenden, um ihre Schulden zu bedienen. Am Freitag rief Erdoğan die Bevölkerung erneut auf, Euro, Dollar und Gold in die Landeswährung zu tauschen. Eine „nationale Anstrengung“ sei nötig, aber „wir werden diesen Wirtschaftskrieg nicht verlieren“.

Auch die türkischen Banken geraten in den Abwärtsstrudel. Analysten gehen davon aus, dass die Rücklagen etlicher Institute aufgebraucht sein könnten, wenn der Dollar mehr als 7 Lira kostet. Er lag am Freitagnachmittag bei 6,23 Lira. Laut Financial Times prüft die EZB bereits, welche europäische Banken von Pleiten türkischer Institute betroffen sein könnten. Die am stärksten in der Türkei engagierten Banken aus der EU sind die spanische BBVA Bank, die französische BNP Paribas und die italienische Unicredit Bank.

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18 Kommentare

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  • Wo ist der Grund diese Alternative zu diskutieren? "Dollar versus Allah"

    Geld ist lediglich ein Versprechen, einmal reale Güter dafür zu erhalten.



    In Babylon gab es für einen Tag Arbeit 3 Krüge Bier. (ca. 3000 v. Chr.). Aber die Liebe war frei!



    Die Kelten und die Römer hatten zur Einhaltung solcher Verträge den Gott Mithras. Das hatte den Handel von hier bis ins Zweistromland abgesichert.

    Heute schreibt eine Landesbank eine Zahl auf Papier (oder im Computer), dann hat sie das Geld. Deshalb brauchen wir keine Banken mehr, das "Geld" (Versprechen" entsteht bereits digital: "Tech giants likely to pass record valuation if share price rises echo 2017 performance with Amazon, Google, Microsoft and Facebook in with a chance" Man muss nur hinschauen und kann zuschauen!!

  • Die Türkei braucht jetzt besonders viel Unterstützung für ihre Wirtschaftspolitik.

    Antirassistischen Respekt zeigen und in türkische Lira investieren!

    • @A. Müllermilch:

      Einen Diktator stützen, um Trump eins auszuwischen?

      Warum nicht einfach zuschauen, wie sie sich gegenseitig schaden?

      PS: Cool, dass Sie so viel Geld haben, um da intervenieren zu können.

  • Diese beiden Herren der neuen Welt sind die Folge der Fehler der alten Welt.

  • Erdogan sollte Trump mal



    ins türkische Bad einladen.

  • "Streitgrund ist ein inhaftierter Pastor."

    Aber Herr Gottschlich. Sie sind doch klug genug, um zu wissen, dass der Pastor nur der Aufhänger ist. Im Wahrheit geht es darum, dass die Machtpolitischen Interessen der USA und der Türkei seit Jahren auseinander driften. Trump versucht jetzt einen abtrünnigen Vasallen zu disziplinieren. Und Erdogan will sich emanzipieren.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Zustimmung.

  • "„Die USA haben ihren Dollar, aber wir haben unseren Gott.“ Offenbar ein Auslöser dafür, dass viele Anleger am Freitagmorgen versuchten, türkische Aktien und Wertpapiere zu verkaufen."

    Zum schreien komisch. Schwachsinnige Islamisten.



    Wenn die Wirtschaft so inkompetent ist, dass man sich auf einen Magier verlassen muss den man aus einem Märchenbuch aufgeschnappt hat.



    Das war first class trolling der Autoren von Bibel,Koran und Thora^^

  • Ich kann mich einer gewissen Schadenfreude nicht erwehren...



    Nur zur Erinnerung: Es sitzen noch einige Deutsche in türkischen Kerkern. Wie wär's, Angela. Da könnte man noch einen drauf setzen...

  • Der großartigste Präsident des großartigsten Landes gegen den Erbauer des "Osmanischen Reiches 2.0"?Da werden uns noch einige schockierende Nachrichten erwarten.(Kaspermodus:aus)Es ist einfach traurig was deren "Schniepelfechten" für Auswirkungen auf das Leben so vieler Menschen auf der Welt.

  • Ich war nie ein allzu großer Fan von Angela Merkel. Trotzdem bräuchte die Welt ein paar mehr Staatschefs, die nicht so hormongetrieben sind.

  • Der USA hätte Bernie Sanders gut getan. Die Türkei bräuchte derzeit eine Frau als Regierungschefin.

    • @Karavanserai:

      Ein Mann als Regierungschefin wäre seltsam :-)

  • Wer hätte nur ahnen können, das die USA angefasst sind, wenn man Ihre Bürger aus BS-Gründen wegsperrt?

  • Die Testosteronkriege nehmen zu.

  • Zwei Alphatiere beim Imponiergehabe ...

    Zeit für Popcorn und kühle Getränke und dann schauen wir mal, was bleibt, wenn sich der Staub gelegt hat.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      naja - der eine ja mehr ohne Mittel

      also nicht mal Betatier -

  • "Er erwarte, dass die Lira nun „schnell gegenüber unserem sehr starken Dollar abrutscht!“, twitterte Trump."

    Das lese ich aus seinem Tweet nicht heraus. "as their currency" bedeutet doch viel eher "während/da ihre Währung schnell gegenüber unserem sehr starken Dollar abrutscht".