US-Sanktionen gegen Iran: „Wir sind im Wirtschaftskrieg“
Teheran wehrt sich gegen die US-Sanktionen. Das Embargo ist politischer Zündstoff – vor allem kurz vor den Zwischenwahlen in den USA.
Die Strafmaßnahmen sehen die Wiedereinsetzung und teilweise Verschärfung umfassender Sanktionen vor, die im Zuge des 2015 erzielten Atomabkommens zwischen einem breiten Staatenbündnis und Iran ausgesetzt worden waren. Im Mai entschied US-Präsident Donald Trump sich nicht mehr an die bisherigen Vereinbarungen zu halten, denn unter seinem Vorgänger Barack Obama wurden die Sanktionen mehrfach ausgesetzt. Trump hatte bereits im Wahlkampf 2016 angekündigt, sich nicht an diese Entscheidung zu halten.
Am Montag trat nun die zweite Welle der Sanktionen in Kraft. Wie die US-Administration bekannt gab, sind aber acht Länder von den neuen Iran-Sanktionen ausgenommen. Dazu gehören China, Indien, Griechenland, die Türkei, Japan, Südkorea, Taiwan und Italien. Sie alle zählen zu den größten Abnehmern iranischen Öls. Der Irak hat bereits mitgeteilt, dass er weiter Erdgas und Lebensmittel aus dem Iran beziehen darf. Bedingung dafür sei, dass die Lieferungen nicht in US-Dollar bezahlt würden.
Obwohl die USA den Atomdeal haben platzen lassen, wollen die anderen Vertragspartner, vor allem die EU, am Abkommen festhalten. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici bekräftigte am Montag, dass die Europäische Union mit den Sanktionen nicht einverstanden sei. Derzeit wird an einem neuen Mechanismus gearbeitet, der Zahlungen für iranische Öl-Exporte vereinfachen soll. Allerdings dürfte dieser erst ab Anfang kommenden Jahres greifen, hieß es aus den USA.
Bayerische Wirtschaft macht gute Geschäfte in Teheran
Trotzdem haben sich etliche westliche Firmen in den vergangenen Monaten bereits aus dem Iran-Geschäft zurückgezogen, um amerikanischen Strafmaßnahmen zuvor zu kommen. Schließlich betrifft das Embargo dieses Mal nicht nur die Automobilwirtschaft, sondern auch die Erdölförderung sowie sämtliche Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen.
Laut US-Finanzminister Steven Mnuchin treffen die Sanktionen mehr als 50 iranische Banken und rund 200 Einzelpersonen. Auch die staatliche Fluggesellschaft Iran Air und die Schifffahrtsbranche sind betroffen. Binnen eines Jahres hat die iranische Währung rund 70 Prozent ihres Werts verloren, während die Inflation massiv gestiegen und die Wirtschaft in eine Rezession gestürzt ist.
Dabei galt der Iran als lukratives Pflaster auch für deutsche Unternehmen, vor allem Firmen, die Gebäude bauen, sich an Infrastrukturprojekten beteiligen, Medizinprodukte herstellen oder spezifische Bauteile liefern. Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft hat beispielsweise ein eigenes Info-Portal aufgelegt, um Unternehmen aus Bayern zu unterstützen, Zugriff zum iranischen Markt zu bekommen. Dabei geht es um Branchenanalysen, um Hilfen bei Visa, um die Suche nach Fachkräften vor Ort. Der Verband hat sogar eine eigene Repräsentanz in Teheran.
Trump nutzt Embargo im Wahlkampf
Offiziell wollen die USA den Iran mit den Sanktionen zu einem Kurswechsel zwingen. Der Zeitpunkt der zweiten Sanktionswelle kurz vor den Zwischenwahlen scheint aber kein Zufall zu sein. Die Hasstiraden aus Teheran passen in Trumps Wahlkampfgetöse, ohnehin nutzt der Präsident das Embargo als Drohgebärde. Noch bevor die Strafmaßnahmen in Kraft traten, inszenierte sich Trump auf Twitter wie auf einem Filmplakat im Stil von „Game of Throwns“. Der Titel „Sanctions are coming – November 5“ – übersetzt also: Die Sanktionen nahen am 5. November“.
Die Produktionsfirma hinter „Game of Thrones“ der US-Fernsehsender HBO zeigte sich allerdings alles andere als erfreut über Trumps Tweet. „Was heißt Markenmissbrauch auf Dothraki?“ twitterte der Sender als Replik auf das Plakat. Dothraki ist der Name eines Volkes in der Serie. Rechtliche Schritte gegen Trump hat das Unternehmen bisher nicht in Erwägung gezogen.
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