US-Priester: Professionelle Havarie
Kalifornische Erzdiöse zahlt umgerechnet 480 Millionen Euro an Opfer sexuellen Missbrauchs durch ihre Priester
Da halfen auch keine Worte katholischer Lobbyisten, da war wärmste Bettelei um pekuniäre Schonung nicht dienlich: Ein kalifornisches Gericht stimmte einem Deal zu, demzufolge die Erzdiözese Los Angeles einer 500-köpfigen Klagegemeinschaft von Opfern sexuellen Missbrauchs durch Priester umgerechnet 480 Millionen Euro zahlen werde. Obendrein entschuldigte sich der Erzbischof von Los Angeles bei den Opfern der jahrelangen priesterlichen Übergriffe. Kardinal Roger Mahony erklärte überdies, seine Kirche werde sexuellen Missbrauch "weiter bekämpfen".
Bemerkenswert an diesem Fall ist weniger, dass die Justizbehörden sich nicht von Einflüsterungen durch den Klerus anfechten ließen - zu denken gibt vielmehr zunächst die Höhe der Summe der Entschädigung. Bereits vor zwei Jahren hatte eine 44-Jährige von der Erzdiözese Santa Rosa eine Summe von drei Millionen Dollar erstritten - als Zahlende herangezogen wurde die Kirche deshalb, weil ein Gericht befand, sie habe die junge Frau nicht beschützt. 2003 hatte ein Gericht in Boston 300 männlichen Missbrauchsopfern eine Entschädigungssumme von 85 Millionen Dollar zugesprochen.
Die Priester, denen diese Delikte zur Last gelegt wurden, konnten nicht in allen Fällen gerichtlich belangt werden. Wie jetzt im jüngsten Urteilsspruch entsprechen die Zahlungen aus Kirchenkassen insofern einem Ablass aus einer Art Berufsunfallversicherung.
Die katholische Kirche und das Sexualverbot ("Zölibat") ihrer theologischen Funktionäre züchtet auf ihre leib- und lustfeindliche Art, Sexuelles nur als körperinstrumentelle Konstruktion zur Erzeugung von Nachwuchs zu erlauben, diesen Missbrauch so strukturell wie notwendig. In aller Welt, in Kirchen oder in Klöstern, sind katholische Würdenträger dafür bekannt, ihre Schutzbefohlenen so mit allerlei abergläubischen Drohungen ("Hölle", "Fegefeuer", "Sünde") einzuschüchtern, dass Deliktuelles durch deren Opfer nur sehr zäh überhaupt die Öffentlichkeit erreicht. Denn sie trauen sich nicht - wiederum aus Angst vor christlichen Flüchen.
Auffällig ist auch, dass Priester mehr und mehr als schwache Menschen kenntlich werden: Ihre sexuellen Übergriffe können auch als selbsthassende Aktionen an jungen Glaubenden gelesen werden - Neid auf deren Weltlichkeit.
Kaliforniens Anwälte und Gerichte haben gezeigt, dass der Vatikan und seine Satelliten zur Verantwortung gezogen werden können. Es wurde auch Zeit!
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