US-Präsident in Südafrika: Obama will „Licht in dunklen Ecken“
„Power Africa“: Barack Obama plant die Elektrifizierung des Kontinents. Und er appelliert an die Jugend Südafrikas, die Vision Nelson Mandelas zu erfüllen.
JOHANNESBURG taz | Der Besuch von US-Präsident Barack Obamas Besuch auf der Gefängnisinsel Robben Island zum Abschluss seines zweitägigen Aufenthaltes in Südafrika ist ein Tribut an Nelson Mandela. Der Befreiungsheld liegt seit drei Wochen im Sterben. Obamas tiefer Respekt vor Mandela bringt den Präsidenten an den historischen Ort, der Mandela und seinen Weg zur Demokratie prägte. Die Präsidentenfamilie landet mit einem Hubschrauber auf der kleinen Insel vor der Küste Kapstadts.
Obama, First Lady Michelle und ihre beiden Töchtern schreiten durch die feuchten Korridore des Gefängnisses zu Mandelas Zelle. Dort verbrachte Südafrikas erster schwarzer Präsident 18 seiner insgesamt 27 Haftjahre als Gefangener des weißen Apartheidregimes. In einem emotionalen Moment schaut Präsident Obama durch die Gitterstäbe der winzigen Zelle auf den Steinbruch der kargen Insel, in dem Mandela und seine Kameraden des Afrikanischen Nationalkongresses einst Kalkstein klopften. „Nelson Mandela zeigte uns, dass der Mut eines Mannes die Welt verändern kann“, sagt ein bewegter Obama später in seiner Rede vor Studenten der Universität Kapstadt.
Für seine Ansprache und den Ruf nach demokratischem Wandel und guter Regierungsführung in Afrika wählt Obama mit dieser Universität erneut einen geschichtsträchtigen Ort. Bereits Robert F. Kennedy forderte dort kurz nach Mandelas Inhaftierung 1964 junge Studenten auf, den Kampf gegen die Ungleichheit aufzunehmen. „Die Vergangenheit hat uns gezeigt, dass Fortschritt nur möglich ist, wenn Regierungen für ihr Volk einstehen und nicht umgekehrt“, sagt Obama unter dem Jubel der rund 1.000 Studenten.
Afrika sei „in Bewegung“, aber das Vorangehen basiere auf einem fragilen Fundament. Solange es Kriege und Chaos auf dem Kontinent gebe, könnte Demokratie keine Wurzeln schlagen. Mit diesen Worten versucht Obama eine neue Generation von Afrikanern zu motivieren, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen und das Potenzial ihres Kontinents zu nutzen.
Mit seiner Initiative „Power Africa“ will Obama den Zugang zu Elektrizität quer durch Afrika verbessern: Äthiopien, Ghana, Kenia, Liberia, Nigeria und Tansania sollen von dem Sieben-Milliarden-Dollar-Programm profitieren. Private Unternehmen wollen zusätzlich Projekte in Höhe von neun Milliarden Dollar finanzieren, um „Licht in dunkle Ecken“ zu bringen und erneuerbare Energien wie Sonne und Wind zu nutzen.
US-Programm für Afrikaner
Schon am ersten Tag seines Besuchs greift Obama seine alte Wahlkampfparole „Yes, we can!“ auf. Im größten Township Soweto lädt der Präsident die Studenten an der dortigen Universität Johannesburg zu seinem neuen Programm „Washington Fellowship for young African leaders“ ein. Er ruft dazu auf, an der Zukunft Afrikas zu arbeiten, Zugänge zu Märkten zu schaffen, Profite nach Afrika zurückfließen zu lassen und Konflikte über demokratische Institutionen zu lösen.
Vor der Halle protestieren Anhänger der Kommunistischen Partei und des Pan-Afrikanischen Kongresses mit ihrer „Nobama-Kampagne“ gegen den US-Präsidenten, der Waffen für Kriege liefere. Aber die Studenten im Saal nehmen seine Botschaft mit Begeisterung auf. „Der Besuch kommt zu einer schwierigen Zeit, denn Südafrika ist von der Sorge um Nelson Mandela erfüllt“, meint die 23-jährige Rechtsstudentin Namhla Mzuku. „Wir müssen unsere Regierung zur Verantwortung ziehen. Es geht nicht um Hilfe, sondern um Handel. Wir sind die Zukunft Afrikas.“
Die armen Anwohner des Townships hingegen kümmern sich wenig um den Besuch. Der fast 70-jährige William Rapesiwe verkauft Souvenirs am Hector-Pieterson-Denkmal. Er ist enttäuscht von Obama. „Seine Außenpolitik gefällt mir nicht. Er liefert Waffen, anstatt Frieden zu predigen.“
Obama fühlt sich geehrt, als erster schwarzer US-Präsident an den Ort in Soweto zurückzukehren, von dem aus Mandela die Welt inspirierte. Sein früheres rotes Steinhaus, das heute Museum ist, liegt nur ein paar Straßen weiter. Obama beschreibt Mandelas Einfluss auf ihn mit folgenden Worten: „Er war der Mittelpunkt meiner Welt.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel