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US-Journalist über NSA„Sie haben die Gedanken“

Die NSA dreht durch, denn Snowden hatte als System-Administrator eine Art großen Schlüsselbund. Der Journalist James Bamford über die mächtigste Abhörbehörde der Welt.

General Keith Alexander (schütteres Haupthaar, re.), Chef der NSA, auf verschlungenen Wegen. Bild: reuters
Wolf Schmidt
Interview von Wolf Schmidt

taz: Herr Bamford, was hat Sie bei den Enthüllungen über den US-Geheimdienst NSA am meisten überrascht?

James Bamford: Am meisten hat mich überrascht, dass Edward Snowden diese Dokumente überhaupt aus der NSA herausschmuggeln konnte. Denn nachdem Bradley Manning eine Viertelmillion Dokumente an die Öffentlichkeit brachte, sagte die Regierung: So etwas wird uns nie mehr passieren. Und dann marschiert dieser Kerl mit einem großen Haufen Daten aus der geheimsten Behörde der Welt …

Dennoch: Wer Ihre Bücher liest, die Sie seit Anfang der 80er über die National Security Agency geschrieben haben, kann sich nicht wirklich über die Tatsache wundern, dass dieser Geheimdienst ein weltweiter Datenstaubsauger ist.

Ich wusste in der Tat einiges über das, was nun bekannt wurde, und habe auch darüber geschrieben. Was mich aber schon überrascht hat, ist, dass nicht nur Tag für Tag die Handyverbindungsdaten jedes Einzelnen im ganzen Land eingesammelt werden, ohne irgendeinen Verdacht auf Straftaten; sondern dass der NSA der Zugang zu einer so großen Menge an Daten auch noch so leicht gemacht wird.

Der Chef der NSA, Keith Alexander, sagt: All das ist legal. Und man habe 50 Terroranschläge weltweit seit dem 11. September 2001 verhindert. Sind das keine Argumente?

Was heißt in diesem Fall legal? Der US-Kongress, der die NSA nie an etwas hindert, hat ein Gesetz mit allerlei Schlupflöchern verabschiedet, das es einem streng geheimen Gericht ermöglicht, die NSA zu ermächtigen, insgeheim die Telefondaten aller zu speichern. Das ist doch wie bei Kafka.

Im Interview: James Bamford

66, kennt die NSA wie kein anderer Journalist. 1982 hat er mit „The Puzzle Palace“ das erste Buch über den Geheimdienst veröffentlicht. Es folgen „Body of Secrets“ (2002) und „The Shadow Factory“ (2008). Er hat die aktuelle Titelgeschichte das US-Magazins Wired über NSA-Chef Keith Alexander geschrieben.

Aber noch mal: Es verhindert angeblich zahlreiche Terroranschläge.

Das kaufe ich denen nicht ab. Das sagen die schon seit Jahren. Und jedes Mal hätte man die Anschlagspläne auch durch normale Ermittlungen vereiteln können, ohne auf den Rechten aller Bürger herumzutrampeln. Gleichzeitig sind den Diensten die Boston-Bomber entgangen, obwohl sie ständig mit Tschetschenien kommunizierten. Dasselbe gilt für den sogenannten Unterhosenbomber …

der an Weihnachten 2009 mit einer in der Hose versteckten Bombe fast ein Flugzeug auf dem Weg von Amsterdam nach Detroit sprengte …

… obwohl sein Vater vorher in die US-Botschaft in Nigeria gelaufen war und den dortigen CIA-Chef vor der Radikalisierung seines Sohnes warnte.

Wie viel Macht hat die NSA?

Sehr, sehr viel. Der Direktor der NSA, General Keith Alexander, ist die mächtigste Person in der Geschichte der US-Geheimdienste.

Warum?

Vor dem 11. September war der CIA-Chef sehr mächtig, jetzt ist es der Chef der NSA. Alexander ist ein 4-Sterne-General, das ist der höchste militärische Rang. Er leitet die mit über 30.000 Mitarbeitern größte Geheimdienstbehörde der Welt und ist gleichzeitig auch noch Kommandeur des US Cyber Command. Er hat eigene Militäreinheiten unter sich und die Macht, kriegerische Handlungen zu befehlen – und hat dies auch schon getan, als die iranischen Zentrifugen angegriffen wurden …

durch ein von den USA und Israel entwickeltes Schadprogramm namens Stuxnet.

Der Iran hatte uns nicht attackiert, und trotzdem haben wir einen Teil seiner Infrastruktur zerstört. Das ist eine kriegerische Handlung. Und nun haben sie Vergeltung geübt und die Daten auf 30.000 Computern der saudischen Ölfirma Aramco zerstört und sie durch brennende amerikanischen Flaggen ersetzt. Stuxnet hat diese Art der Kriegsführung legitimiert, sodass nun auch Länder Kapazitäten für den Cyberkrieg aufbauen, die vorher nie daran gedacht hätten.

In Deutschland kannten die meisten den Namen Keith Alexander bis vor kurzem noch nicht mal.

Falls General Alexander die Pennsylvania Avenue in Washington runterlaufen würde, würde ihn der durchschnittliche Amerikaner auch nicht erkennen. Und wahrscheinlich auch einige Mitarbeiter des Weißen Hauses nicht.

Sie schreiben am Ende Ihres Buchs „Die Schattenfabrik“, der Geheimdienst habe „die Kapazität, eine totale Tyrannei“ zu errichten.

Das Zitat stammt ursprünglich nicht von mir, sondern von dem Mann, der den Geheimdienstkontrollausschuss des US-Senats gegründet hat. Er hat das schon 1975 gesagt, als die Macht der NSA im Vergleich zu heute noch sehr gering war. Damals konnte die NSA nur Festnetztelefone und Telegramme ausspähen. Heute kommuniziert jeder jederzeit. Der Geheimdienst kann E-Mails mitlesen und, was vielleicht am beunruhigendsten ist, die Suchergebnisse von Suchmaschinen wie Google. Wer Zugang zu diesen Daten hat, kann sich in die Gedanken einer Person einklinken.

Wie das?

Wenn wir im Netz etwas suchen, werden unsere Finger zu einer Verlängerung unseres Gehirns. Sie tippen unsere Gedanken unmittelbar in die Tastatur. Zum Beispiel, wenn man überlegt, eine Reise zu machen. Oder man erfährt von einer schlimmen Diagnose. Es gibt Dinge, die würde man niemandem anvertrauen, sie bewegen einen aber so sehr, dass man im Internet nach Antworten sucht. Wer diese Google-Suchprotokolle hat, hat die Gedanken der Menschen. Und das ist gefährlich für einen Geheimdienst mit so wenig Kontrolle.

Sie schreiben seit mehr als drei Jahrzehnten über die NSA. Werden die Enthüllungen von Edward Snowden etwas ändern?

Möglicherweise. Die Obama-Regierung und der Kongress, die die Operationen der NSA unterstützen, würden normalerweise versuchen, eine Enthüllung wie diese auszusitzen, und hoffen, dass die Leute beim nächsten Tornado in Oklahoma oder sonst einem Großereignis die Aufmerksamkeit verlieren. Aber diese Sache kann sich noch lange hinziehen, weil die Enthüllungen tröpfchenweise erfolgen.

Der britische Guardian veröffentlicht fast täglich neue Details.

Snowden hatte viel Zeit zu überlegen, was er will. Und heutzutage passt viel Material auf eine Festplatte. Was es für die NSA noch schlimmer macht, ist die Bandbreite dessen, was er mitgenommen hat.

Sogar geheime Dokumente eines britischen Partnerdienstes sind darunter.

Snowden hatte als System-Administrator eine Art großen Schlüsselbund, der ihm vielen Türen geöffnet hat. Die müssen durchdrehen bei der NSA.

Ist Snowden ein Held oder ein Verräter?

Für mich ist er ein Held. Er hat Dinge öffentlich gemacht, die die Regierung nicht tun sollte. Dinge, die in meinen Augen illegal sind. Er hat sein ganzes restliches Leben drangegeben und wird es womöglich im Gefängnis verbringen. Ich glaube Snowden, wenn er sagt, er habe das aus altruistischen Motiven getan. Ähnlich wie Daniel Ellsberg, der die streng geheimen Pentagon Papers ans Licht brachte und enthüllte, wie die USA in Vietnam einen furchtbaren Krieg anfingen.

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29 Kommentare

 / 
  • E
    ennui

    @ rambatz et al.,

     

    wer Snowden beistehen möchte, möge dem Lk unter:

    https://www.taz.de/!c119115/

    «««»»»

    von:

    02.07.2013 18:48 Uhr

    von Polly Patent:

    In einem Brief an Merkel fordern die Grünen:

    SCHUTZ FÜR SNOWDEN!

    Hier könnt ihr unterschreiben.

    http://www.gruene.de/meine-kampagne/wir-fordern-schutz-fuer-edward-snowden.html

    «««

    folgen.

  • DR
    Dr. rer. nat. Harald Wenk

    deleuze/guattasri warnten vor der totalen kontrollgesellschaft ("postskrptum...). spinoza/nietzsche/marx machen realistisch in staatstheortischen und staatspraktischen dingen, für die anderen 2vetausenseligg mit dem aggrssor staat sich identfizierenden": perplexierend "hellsichtig".

     

     

    findet sich den kein staat, der wenigsten aus öffentlich rest-unabhängkeits-image-gründen sp empört ist über seine bespitzelung, dass er sowden rralistisches asyl anbietet und fürchterlich in der UNO auf das rednerpult (auch ohne schuh wie weiland chrustschow) haut?

     

    de "leichte" rücktritt des letzten cia chefs hätte die "rochade" der bedeutubg von cia und nsa (oder was andetrem) ahnen lassen können.

  • E
    ennui

    @ rambatz et al.,

     

    warum sollte jemand, ich eine stumpf formulierte, rechtlich dünn bis gar nicht ‘begründete’ und zudem sprachlich unterbelichtete: "Er hat ist ein Held für die Freiheit, die [....]", petition eines hansels aus der münchener altstadt unterschreiben, wenn antizipierbar ist, dass diese bereits infolge ihrer form keine ausssicht auf erfolg hat?! Damit auch diese von den tausenden (open-)petition-sites meine personlichen daten erhält, ich nach und nach die kontrolle über jene verliere, resp. übermorgen wieder eine flut von spam in meinen e-mail-accounts aufläuft?

    Wann werden die, die der meinung sind, eine petition verfassen zu müssen, jene endlich konsequent nur in die m.M.n. einzige, weil auch für jeden allgemein interessierten sicher auffindbare plattform einstellen, die dann wenigstens auch gleich vom NSA zur Kenntnis genommen wird(?!?):

    https://epetitionen.bundestag.de/

    Alles andere ist die Vernichtung der Intention durch Streuung (im Web, resp. off).

  • JN
    Jaa nüüüü!

    ... Hallo Mister Snowden haben Sie auch brauchbare Informationen über NSU-Morde? Wie Sie ja sicherlich wissen, wurden da "fälschlicherweise" ein paar Akten zerschrettert.

  • G
    GermanPatriot

    Wer nichts zu verbergen hat muß sich doch nicht aufregen...

    Die Verwendung dieses "Argumentes" ist feuergefährlich dumm! Ich frage mich, wann endlich jemand in DenHaag vorstellig wird und dieses Gebaren zur Anzeige bringt.

     

    Achso halt mal stop - die USA will ja damit nichts zu tun haben - bezeichnender Weise.

  • I
    ilmtalkelly

    Wo der Staat durch Gesetze die Moral mit Füßen tritt, und das Werk paranoiden Schakalen überlässt, verliert er die Legitimation, Recht zu vertreten, und es gilt das Menschenrecht einmal mehr.

    Es gibt nichts, was am Handeln Snowdens Kritik rechtfertigt.

    Sebstloser geht es nicht.

  • I
    irmi

    Aus dem Text des Artikels. Wie kann bei der NSA einer mit so vielen Dokumenten raus marschieren.

    Das ist doch eine seltsame Aussage im Zeitalter des Internets. Oder meint da jemand Snowdown ist jeden Tag mit einem riesigen Stapel Papier raus ?

     

    Könnte es sein, das da noch weit mehr Leute daran beteiligt sind, das wahre Gesicht der USA aufzudecken ?

     

    Regierungen weltweit, seid endlich mal dankbar für Menschen wie Snowdown od. Manning. D. sollte fordern, das Manning frei gelassen wird aus reiner Dankbarkeit für all die Aufdeckungen.

     

    Aber D. ist viel zu ängstlich vor Drohungen aus den USA und wird immer einknicken und machen was die USA verlangt. USA ist nur dann "Freund", solange es das bekommt was es will oder nicht will.

     

    Es sollte viel mehr Leute geben wie die beiden jungen Männer, auch bei uns, damit wir hier mal erfahren was wirklich hier läuft.

     

    Oder ist D. darum so sanft gegenüber USA, weil sie vom Fracking in den USA Nutzen ziehen will? Fracking wird wie in keinem anderen Land wie in den USA seit Jahren derart forsch betrieben, weil sie sich davon viele Milliarden Profit errechnen, aber redet davon endlich was zu CO2 unternehmen zu wollen. Aber Fracking trägt enorm bei zum Ozonloch bei, wie scheinheilig ist das denn.

  • FO
    Felix Otto

    Wie die Journalisten strammstehen,und ihr Gehirn ausschalten! Ja,notwendig für die Terrorismusbekämpfung.Hallo,die wirklich bösen Organisationen kommunizieren seit 10 Jahren nicht mehr über das freie Internet oder Telefonverbindungen.Worum geht es wirklich? Um Macht.Macht für die Geheimdienste.Was früher nur illegal möglich war,geht jetzt ganz leicht.Über möglichst viele Politiker und Pressevertreter möglichst unangenehme Dinge herausfinden,um sie,wenn notwendig,erpressen zu können.Auf diese Weise letztendlich demokratie unabhängig die Politik eines Landes steuern..Statt Polizeistaat,Geheimdienststaat.Schöne Aussichten denkt der Schreiber.

  • J
    Jörn

    Am Beispiel der NSA lässt sich gut beobachten, welche Eigendynamik unkontrollierte Institutionen haben. Sie kennen nach aussen kaum Grenzen. Mangels Kontrolle läuft ihr Verhalten aber auch intern aus dem Ruder. Während Banken oder andere datensensible Institutionen mit Sicherheits-Audits nur überschüttet werden, muss sich eine geheime Behörde dafür nicht rechtfertigen.

    Die Sicherheitsleaks wären nicht schlimm, wenn nur Altruisten wie Snowden damit illegales Tun brandmarken würden. Andere jedoch werden mit diesen Informationen Geld verdienen und mafiösen Organisationen zuarbeiten.

    Noch schlimmer als ein allwissender US-Präsident ist schliesslich eine allwissende Mafia.

  • A
    A.Franke

    An Kommentar 1

    Lieber nicht!

    So frei, wie sich diese Herrschaften hier bewegen, wäre er seines Lebens nicht sicher. Oder er müsste seine Identität ändern. Das ist wahrscheinlich ohnehin nötig.

    Außerdem ist Deutschland per Gesetz verpflichtet, Überwachung durch die Alliierten zuzulassen.

    "BZ: Mit den Notstandsgesetzen wurde damals auch das berüchtigte G-10-Gesetz verabschiedet – das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. Hat das an den chronischen Verstößen etwas geändert?

    Foschepoth: Zum einen wurde in der Tat die gesetzlose und verfassungswidrige Praxis auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Zum andern stand das G 10-Gesetz jedoch unter dem Diktum der Alliierten, die Überwachungspraxis in vollem Umfang beizubehalten. Alliiertes Recht musste in deutsches Recht überführt werden, das den drei Westmächten auch in Zukunft alle Formen und Möglichkeiten der Überwachung weiterhin offen hielt."

    http://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/historiker-josef-foschepoth-ueber-den-systematischen-bruch-des-postgeheimnisses-in-der-bundesrepubli--68953735.html

  • Y
    Yadgar

    "der geheimsten Behörde der Welt … "

     

    Ich könnte mir vorstellen, dass es in Halbdemokratien und Volldiktaturen noch viel geheimere Behörden gibt, womöglich so geheim, dass nicht einmal die NSA von ihrer Existenz weiß...

  • BG
    Bernd G.

    Durch das Abhören von namhaften deutschen Industrieunternehmen wurden bestimmt massenweise Terroranschläge verhindert. Und die Regierung Merkel erst- die plante bestimmt in jeder Kabinettssitzung den nächsten 9/11. Es wurde schlicht und ergreifend JEDER abgehört, teils aus strategischem Interesse, teils aus Wirtschaftlichem. Aber für viele deutsche Firmen ist das Internet eben, genau wie für Merkel, Neuland, daher speichert man weiter munter seine Firmengeheimnisse auf Clouds in Amerika- Weil das eben voll im Trend ist.

    Das Internet ist ein öffentlicher Raum. Dessen sollte man sich stets bewusst sein.

  • R
    rambatz

    Asyl und Schutz in der EU/Deutschland für Snowden, bitte unterschreibt die Petition:

     

    https://www.openpetition.de/petition/online/asyl-in-allen-eu-staaten-fuer-edward-snowden

  • A
    anke

    Das stärkste Argument gegen die Vergesellschaftung der Produktionsmittel war immer, dass niemand sich mehr verantwortlich fühlt, wenn alles Allen gehört. Nach dem selben Prinzip wird sich der NSA zu Tode siegen.

     

    Ein General, der 30.000 Untergebene hat, kann "seine" Leute nicht mehr persönlich kontrollieren. Er braucht Untergebene, die wiederum Untergebene haben, die ihrerseits... - na, und so weiter. So lange, bis die Einheiten an menschlichen Maßstäben gemessen überschaubar und also zu kontrollieren sind. Diejenigen allerdings, die an der Basis die Kontrolle ausüben müssten, verlassen sich nur all zu gern auf ihre Chefs. Die, schließlich, werden viel besser bezahlt und haben sich meistens auch mehr oder weniger unbeliebt gemacht. Dass Edward Snowden schon der Zweite war, der "mit einem großen Haufen Daten aus der geheimsten Behörde der Welt" hinaus spazieren konnte, ist also kein Zufall und auch nicht weiter erstaunlich. Es ist die logische Folge einer außer Kontrolle geratenen Manie/Phobie. Überraschend ist lediglich, dass Leute wie James Bamford nun überrascht sind.

     

    Übrigens: In 12 Jahren 50 Anschläge (welcher Dimension auch immer) verhindert zu haben, ist für 30.000 Leute eine eher überschaubare Leistung, finde ich. Eine vergleichbare Quote schafft jeder zweite Streifenpolizist, ohne dafür gleich die ganze Welt bespitzeln zu müssen. Die Kollateralschäden, die mit der "Arbeit" der NSA verbunden sind, wiegen jedenfalls deutlich schwerer. Wenn die Behörde an einem einzigen Tag allein 60 Millionen Telefonate befreundeter Deutscher abgehört hat, dann hinterlässt das bei den so Beargwöhnten nämlich vermutlich kein Gefühl der Sicherheit, sondern eher den Gedanken: "Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr." Und dieser Gedanke kann teuer werden. Zu teuer. Selbst für eine Führungsmacht wie die USA.

  • AU
    Andreas Urstadt

    Edward Snowden wundert sich vielleicht ueber die schwachen Folgen seiner Enthuellungen.

    Grad ereilt die Mitteilung, dass nur 14% aller in ihrem Job motiviert sind (so die ZDF Sendung Terra x vom 30.06.13). In der Managementforschung geht man davon aus, dass zwischen Privatverhalten und Job kaum ein Unterschied besteht. Die 14% duerfte mehr oder weniger auch fuer privat gelten.

     

    Eine lange Antwortsuche auf das Problem eine Journalisten und Buchautors trifft ein. Schon fast verzweifelt aber auch ernuechtert konstantierte der, dass die Leute die Buecher kaufen lesen und wissen und nichts tut sich. Die Leute wissen und tun nichts. Edward Snowden wundert sich gerade vielleicht auch und fragt sich fuer was. Er wird von allen haengen gelassen, sowohl von den Amerikanern als auch den anderen Betroffenen. Die Leute lassen sich alles gefallen. Wie auch anders, nur 14% sind ueberhaupt motiviert und das ist kein Staatsgeheimnis, gut ausnutzbar fuer wer s weiss. Mit denen kann man alles machen. 86% lame ass zieht alles runter.

     

    Weiteres koennte dazu kommen. Die Leute sind nicht besser als die Taeter. Es faengt an im eigenen Bekanntenkreis, wer Partner betruegt, betruegt als Indikator grundsaetlich auch andere. Usw. Vielleicht ist es auch so, dass 14% das nicht machen. Besser wirds so insgesamt nicht. Da wird wegen 600 Baeumen demonstriert, dort wegen Ticketpreiserhoehungen (niemand demonstriert dagegen dass ueber 50% der Nahrung in den westl Laendern weggeworfen wird, was fuer die Entwicklungslaender Nahrung teurer macht. Mindestens genauso schlimm wie die Spitzelei, aber fast alle tun es). Wegen sozialer Basics, also ethical infrastructures demonstriert keiner.

     

    Ohne ethical infrastructures kein nachhaltiger Wohlstand, Wachstum und Progress. So die empirischen Ergebnisse von economicsnobelpreistraegern. Vermutlich besteht die hoechste Motivation auch in economics (nicht zu verwechseln mit Bankern und Bankberufen, die haben mit den Sozialberufen die hoechste Mobbingrate, ergo kaum ethics).

     

    Die USA mit ihrer Masse der moral right hat keine ethical infrastructure, wer sich so auffuehrt zuechtet Probleme wie die Epidemie an bullying in den Schulen selbst. Das ist ein Indikator fuer fehlende ethical infrastructure, ethical infrastructure blockt bullying. Offenbar hat auch die moral right ihre 86%, sonst waere die Totalspitzelei unmoeglich gewesen.

     

    Das amerikanische Mobbingproblem und das Auffuehren des amerikanischen Staates haengen zusammen. Wer sich das gefallen laesst macht mit. Das sagt zumindest die Mobbingforschung, die damit gesellschaftsanalytisches Potential hat.

  • JJ
    Jared J. Myers

    Snowden hat - bei allem Mut und aller Berechtigung seines Anliegens - vor allem eins bewirkt: Durch seine Enthüllungen wurde auch dem letzten Unverzagten klar, dass ein Engagement für dissidentische Parteien, für Menschenrechte überall (auch in der westlichen Welt und ihren Ablegern), gegen totalitäre Wirtschaftsmacht Eizelner, einzelner Konzerne und einzelner Staaten, lückenlos beobachtet wird und tödliche Konsequenzen haben kann.

     

    "Glücklich das Land, das keine Helden braucht", heißt es in Brechts "Mutter Courage". Jetzt zeigt sich, dass wir gar nicht genug davon haben können - um einfach nur weiter zu machen mit der Zivilgesellschaft wie bisher.

  • L
    lowandorder

    Das wunderschön anarchistische Lied:

    " Die Gedanken sind frei"

    wurde schon viel früher in der aufbegehrenden Tradition

    des " Umsingens" passend umgesungen

    mit der weitsichtigen Zeile im Refrain:

    " Die Gedanken si-ind frei -/

    lich in u-unsrer Kartei!"

    ( plus Karikatur Chlodwig Poth ?)

     

    Wissen konnte fraumans es aber auch schon

    viel früher - aus den Spiegel-Artikeln zu Bau,Einrichtung

    und Funktion dieser Einrichtungen;

    nur ging's weitgehend am Arsch vorbei:

    denn - wer hatte da schon nen pc?

    das Netz diente noch zum Kartoffelholen

    ( aber auch schon zum Fischen):((

    und mail, sms, fakebook, twitter… waren unbekannt Wesen!

  • AB
    Arne Babenhauserheide

    @themanwhostolehisownhorsetwice: Glaubst du wirklich daran, dass Deutschland ihn nicht beim kleinsten Anlass wieder verkaufen würde? Ich würde so ein Angebot in seiner Situation nicht annehmen (wenn es Alternativen gibt)…

  • FR
    flexible response

    Das kontinentale Europa (exkl. Grossbritannien) ist gefordert, sich endlich vom weltherrschaftlichen Würgegriff des britischen und amerikanischen Empire zu emanzipieren, will es nicht länger als Schulbube ohne Unterhose in der Weltöffentlichkeit dastehen.

    Der Dreistigkeit des anglo-amerikanischen Lauschangriffs entsprach bislang die europäische Naivität und Permissivität. Zumindest mit der Naivität ist es jetzt vorbei, an der Beseitigung der Permissivität muß endlich gearbeitet werden.

    Die globale NSA-Spionageaffäre verdient eine vielschichtige Antwort, die sich gewaschen hat.

    Die Grundfesten der NATO-Allianz sind hinfällig, nachdem sich gezeigt hat, dass die USA z.B. Deutschland als drittklassiges Angriffsziel ansehen. Das Grundvertrauen ist zerstört, mit solchen Leuten kann man keine Verteidigungsgemeinschaft betreiben. Was die USA sich hier intern und damit im Klartext leisten, ist inakzeptabel. Nach den ständigen Angriffskriegen der USA/GB im arabischen Raum, für die in Europa um Mitkrieger geworben wurde, ist es mir ohnehin lieber, dass wir uns im kontinentalen Europa endlich einmal auf uns selbst besinnen. Die USA haben die gemeinsamen Werte der NATO längst verlassen. Somit ist eine politische Sollbruchstelle entstanden, die wir zum Aufbau einer gemeinsamen Verteidigungsidentität nutzen sollten. Keine Frage, dass mit einer militärischen Neuordnung auch die Räumung einer Vielzahl von US-Basen und Häfen verbunden wäre.

  • C
    Copieur

    Die Ansammlung durch Google-Autos von allen WLAN Daten hat plötzlich ein ganz anderes Geschmack.

     

    Hat vielleicht ein geheimer Auftraggeber diesen Vorgang mitveranstaltet?

     

    Wie kann überhaupt einen ausländischen Dienst Zugriff zu innerdeutschen Kommunikationen? Es verkehren nicht eine halbe Milliarde Gespräche zwischen Tante Erna und Otto Normalverbraucher über die USA.

  • I
    ion

    "Und dann marschiert dieser Kerl mit einem großen Haufen Daten aus der geheimsten Behörde der Welt …"

     

    Und DAS ist einem ‘kleinen’ Angestellten eines der vielen von der NSA beauftragten Subunternehmen möglich!

    Derlei konterkariert nicht nur den eigentlich vorgeschobenen Zweck des gigantischen Schnüffelns, z.B.: "man habe 50 Terroranschläge weltweit seit dem 11. September 2001 verhindert.", sondern legt nahe, dass diejenigen, die Attentate oder was auch immer planen, ihre Komplizen am besten gleich im Umfeld der NSA als Admins einschleusen, platzieren, um immer auf dem neuesten Stand der Erkenntnislage zu sein. Ein solcher Selbstbedienungsladen ist nicht nur konzeptionell kriminell, sondern allein schon wg. der aktuellen Vorkommnisse eine unkalkulierbare Gefahr für die Welt. Wenn hier einer wegen “Geheimnisverrats” angeklagt werden sollte, dann ja wohl der NSA, resp. dessen Repräsentanten.

    Herrn Snowden gebührt unser aller ausdrücklicher Dank und Schutz.

  • F
    Falmine

    Den Transatlantikern werden derzeit die Augen tränen. Hatten sie doch über Jahrzehnte in mühsamer Kleinarbeit versucht, die Europäer - insbesondere die Deutschen - zu immerwährender Dankbarkeit gegenüber den Befreiern von den Nazis anzuhalten und ihre Märkte zu öffnen. Bis hin zur Errichtung einer riesigen Freihandelszone, wie es sich die Marktradikalen nicht schöner erträumen konnten.

     

    Und jetzt das! Eine riesige Datenschnüffelei des amerikanischen "Freundes" und NATO-Partners sowie seines englischen Pudels. Tja, wenn es um die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen geht, werden keine Mittel und Wege gescheut - der beste "Freund" ist der, der sich untertänigst ausspähen lässt. Illegal? Schietegal! Die Bundeskanzlerin, sozialisiert im Land von Horch und Guck, findet nix dabei und verordnet Tarnen, Täuschen, Verp*ssen! Wir sollten sie beizeiten vor der Bundestagswahl an ihren Amtseid erinnern.

     

    Und Mr. Snowden den Friedensnobelpreis verleihen - bevor die NSA eine Killerdrohne schicken kann!

  • M
    Martin1

    Na, ich weiß nicht, wo die alle bsp. im Jahr 1989 waren... Roß und Reiter wurden genannt (mit Hausadressen).

     

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13494509.html

  • MD
    Martin D.

    kaum vorstellbar, daß die usa ihre möglichkeiten nicht auch für wirtschaftsspionage nutzt. da hört der spaß auf. die konsequenz müssen radikal sein.

  • T
    themanwhostolehisownhorsetwice

    Zitat S.O.:

     

     

    Kann ich nur zustimmen! Unter welchen Bedingungen diese Verträge über die Köpfe der europäischen Bevölkerung hinweg abgeschlossen wurden, lässt Schlimmes erahnen. Unser damalige Innenminister und heutige Verteidigungsminister hatte bei der Frage zu Swift eine absolut schlechte Figur gemacht. Betrachtet unter dem jetzigen Licht stellen sich mir da einige Fragen.

  • M
    mitleser

    ich hab mir auch schon die frage gestellt, inwiefern snowden eventuell deutschland zum wunschasyl werden lassen könnte, die neuesten releases lassen so eine Denkrichtung durchaus sinnvoll erscheinen.

  • KS
    Karl Sonnenschein

    Nun, jede Grossmacht ist doch eine tickende Zeitbombe, damit muessen wir leider leben.

     

    Das sich die USA um internationale Gesetze und Ethik einen Dreck schert ist auch nichts Neues.

     

    Weit schlimmer ist doch das Gebaren Europas in diesem Fall. Dem vorauseilendem Gehorsam Europas ist doch glatt zuzutrauen das sie, haetten sie die Moeglichkeit, Snowden sofort an die USA ausliefern wuerden!

     

    Das ist der eigentliche Skandal, die 27 EU Migliedsstaaten die Snowden nicht laengst politisches Asyl angeboten haben.

     

    Mir soll in diesem Fall bitte keiner mit internationalen Auslieferungsvertraegen als Ausrede kommen. Denn diese sollten angesichts der Unverschaemtheiten seitens USA und GB ohnehin schon annuliert sein.

     

    Da bleibt einem bis auf weiteres nur der Slogan

    EUROPA? NEIN DANKE

  • JK
    Jörg Krauß

    Kann nur zustimmen, Ed Snowdon ist ein Held und kein Krimineller. Was die NSA macht ist kein Kampf gegen Terrorismus sondern staatlich genehmigter Terrorismus gegen die Bevölkerungen dieser Welt. Was haben z.B. Abhörwanzen in EU-Büros mit Terrorismus zu tun? Sind EU-Kommissare ebenfalls verdächtig, Terrorismus zu betreiben? Unglaublich wie die NSA aus den USA George Orwell in seinen kühnsten Träumen überholen.

  • T
    themanwhostolehisownhorsetwice

    ...umso wichtiger, dass ein europäisches Land die Eier hat, Snowden Asyl zu gewähren. Na ja, für Deutschland ist das ja alles Neuland, oder.........?