US-Fußballer New York Red Bulls: Triumph der Mittelmäßigen
Die New York Red Bulls schalten im Elfmeterschießen den Titelverteidiger aus. Die Fußballer könnten erstmals Meister in der Major Soccer League werden.
F ast 20 Jahre gibt es schon die New York Red Bulls, nur für einen Titel hat es bislang nie gereicht. Das muss man bei so einem potenten Geldgeber in einer so ausgeglichenen Liga wie der Major League Soccer auch erst einmal hinbekommen, könnten Spötter sagen. Aber die Serie der Titellosigkeit ist in ernsthafter Gefahr.
Nach einer wie in den letzten Jahren gewohnt sehr mittelprächtigen Hauptrunde schaltete das vom österreichischen Brausekonzern gesponserte Team am Sonntag in der ersten Playoff-Runde den Titelverteidiger Columbus Crew in der Serie „Best of three“ mit 2:0 aus. In der zweiten Partie vor heimischer Kulisse musste am Sonntag beim Stand von 2:2 ein Elfmeterschießen entscheiden.
Der deutsche Trainer Sandro Schwarz wies dem dramatisch zustande gekommenen Erfolg gegen den Favoriten gleich einen besonderen Platz in seinem Gedächtnis zu: „Ich werde diesen Tag sicher nie vergessen, und die beste Botschaft – das habe ich auch direkt zur Mannschaft gesagt – ist, dass die Saison nicht vorbei ist.“
Mit dem Stadtrivalen New York City FC oder dem FC Cincinnati, dieses Duell entschiedet sich erst nächsten Samstag, wartet im Viertelfinale nun ein leichterer Gegner. Zur Meisterschaft fehlen noch drei Siege. Jürgen Klopp könnte vor Antritt seiner Arbeit Anfang Januar als Head of Global Soccer beim Limo-Sportimperium mit einem völlig unerwarteten Filialerfolg beglückt werden. Angeleitet ausgerechnet von Schwarz, der schon lange ein freundschaftliches Verhältnis zu Klopp pflegt, unter dessen Regie er einst beim 1. FSV Mainz 05 spielte.
Rehabilitation für Gestrauchelte
Seine Verpflichtung vor Beginn der Saison löste in New York nicht unbedingt Begeisterung aus. Seine vorherigen Arbeitseinsätze waren abseitig (Dynamo Moskau) und erfolglos (Hertha BSC). Geholt wurde er vom Landsmann Jochen Schneider, der bei New York Red Bulls seit 2022 Sportchef ist. Auch dieser kam mit einer schweren Hypothek. Unter seiner Verantwortung als Sportvorstand konnte das Team von Schalke 04 in 30 Spielen in Folge nicht ein Spiel gewinnen. Man konnte durchaus den Eindruck gewinnen, dass der ansonsten so ehrgeizig auftretende Brausekonzern in New York so eine Art Rehabilitationszentrum für im Profifußball Gestrauchelte eröffnet hatte.
Sowieso musste die Konzernzentrale in Österreich in den vergangenen Jahren des Öfteren den Verdacht zerstreuen, den Klub in der MLS fern von sportlichem Ehrgeiz lediglich als Farmerteam für seine europäischen Teams zu halten. Wobei selbst da der Ertrag äußerst gering ausfiel. Lediglich der New York-Export Tyler Adams erwies sich für RB Leipzig als Verstärkung. Trainer Jesse March, der mit den New York Red Bulls immerhin einmal ein Conference-Finale erreichte, wurde in Leipzig nach fünf Monaten entlassen.
Oliver Mintzlaff, einer von drei Geschäftsführern des Red-Bull-Konzerns, räumte im September gegenüber dem Kicker eine gewisse Unzufriedenheit ein: „Die MLS entwickelt sich, aber sie entwickelt sich viel zu langsam und ist noch weit von dem Standard entfernt, den wir uns für ein Land wie die USA vorstellen würden.“ Mit Blick auf die WM 2026 hofft er jedoch noch auf mehr Bewegung. Der Konzern investiere gerade rund 200 Millionen Dollar in den Bau einer Akademie, die in zwei Jahren US-Talente fördern soll, die dann dem RB-Kosmos zugeführt werden sollen.
Derzeit setzt man in New York ähnlich wie bei den anderen MLS-Klubs auf Altstars des internationalen Fußballs. Königstransfer war vor dieser Saison der Schwede Emil Forsberg, der aus der Filiale in Leipzig kam. Der 33-Jährige spielte für das Weiterkommen am Sonntag eine entscheidende Rolle. Er bereitete nach Rückstand den 1:1-Ausgleich vor und erzielte mit einem Elfmeter (80.) den zwischenzeitlichen Führungstreffer. Nach der Partie sagte er: „Unsere Ambition ist es jetzt, den Titel zu holen.“ Mit solchen Ansagen hat man sich bei den New York Red Bulls bislang unglaubwürdig gemacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus