US-Energiepolitik auf der Klimakonferenz: Fossil und strahlend
Das US-Plädoyer für Kohle und Atomenergie provoziert. Die „Volksdelegation“ demonstriert lautstark gegen Trumps Energiepläne.
Schon vor der Veranstaltung war die Stimmung angespannt wie lange nicht auf Klimakonferenzen. 700 Menschen drängten sich schon eineinhalb Stunden vor Beginn in langen Schlangen des Ausstellungsareals „Bonn Zone“. Sie warteten vor „Raum 7“, der nur 220 Plätze fasste. Die US-Delegation hatte aus einer ursprünglich harmlosen Veranstaltung mit dem Titel „Innovationen anregen“ den provokanten Titel gemacht: „Die Rolle von saubereren und effizienteren fossilen Energien und der Atomkraft beim Klimaschutz“. Themen, „über die auf der Klimakonferenz geschwiegen wird“, hieß es von Trumps Klimaberater George David Banks vom Podium.
Das war offizielle Schützenhilfe für Kohle und Gas vor einem Publikum, das zunehmend verzweifelt nach Wegen sucht, den Fossilen ein Ende zu bereiten. Schließlich sieht das Pariser Abkommen vor, aus diesen dreckigen Energien auszusteigen. Und die aktuellen Daten legen nahe, dass es schneller gehen muss als bislang gedacht, wenn das Ziel halbwegs realistisch sein soll, den Klimawandel auf maximal zwei Grad zu beschränken. „Kohle auf der Klimakonferenz anzupreisen ist wie Tabak auf einer Krebskonferenz zu promoten“, feuerte deshalb auch der UN-Beauftragte für Klimaschutz und US-Milliardär Michael Bloomberg zurück – passenderweise auf Twitter.
In Raum 7 sorgte dann ab 18 Uhr nur noch die Klimaanlage für kühle Luft. Schon vor der Tür gab es Gerangel mit den Sicherheitsleuten, Besucher und Presse wurde nur dosiert und handverlesen eingelassen. Bevor die Diskutanten das Wort ergreifen konnten, bauten sich die Gouverneure der US-Bundesstaaten Washington und Oregon vor den Journalisten in den letzten Reihen des Saals auf.
„Diese Veranstaltung ist ein Witz“
„Im Namen der 15 Bundesstaaten der Klima-Allianz lehnen wir die Leugnung des Klimawandels durch Trump ab“, rief Jay Inslee, Gouverneur von Washington. „In den Vereinigten Staaten machen die Staaten die Politik. Diese Veranstaltung ist ein Witz. Die Feuerwehr fragt ja auch nicht den Brandstifter um Rat.“ Kurze Zeit später, als Trumps Berater sprachen, erhob sich die Hälfte des Publikums und begann zu singen und zu tanzen: „Ihr behauptet, Amerikaner zu sein, aber wir durchschauen Eure Gier, die alles auf der Welt für das Kohlegeld tötet.“
Nach turbulentem Beginn kamen dann doch noch die Trump-Berater und die Industrievertreter zu Wort. Man müsse auch auf der Klimakonferenz die „Realitäten des Energiesystems sehen“, forderte Banks. Der Energiebedarf werde rapide zunehmen, weltweit würden 1.600 neue Kohlekraftwerke gebaut, erneuerbare Energien hätten nur da eine Zukunft, wo es kein Stromnetz gäbe. „Ehrgeizigen Klimaschutz und Entwicklung mit Solar- und Windenergie zu planen ist naiv“, sagte Banks.
Ihm folgten ähnliche Statements von Vertretern der US-Energiebehörde und von Managern der Gasfirma Tellurian, des erst kürzlich aus der Pleite geretteten Kohle-Giganten Peabody und der Firma NuScale Power, die Mini-AKWs „mit geringem Fußabdruck“ plant. Niemand leugnete den Klimawandel, aber alle folgten der gleichen Argumentation: Gas und Kohle würde noch lange den weltweiten Energiemix dominieren. Deshalb müsse viel Geld investiert werden, um diese Energien sauberer zu machen; das umstrittene Abtrennen und Lagern des Klimagases CO2 (CCS) müsse gefördert werden.
„Es gibt keine saubere Kohle!“
Auch kleine neue Atomkraftwerke hätten eine Zukunft ohne CO2. Und schließlich: Armutsbekämpfung und die Umsetzung der UN-Entwicklungsziele könne es nur mit Gas, Kohle und Atom geben. „So sieht eine rationale Klimapolitik aus“, meinte Banks.
Immer wieder unterbrochen von Zwischenrufen einiger verbliebener Demonstranten („Lügner!“, „Es gibt keine saubere Kohle!“) spulten die Referenten ihre Power-Point-Vorträge ab. Teilweise nervös und mit rotem Kopf angesichts eines feindlichen Saals und einer feindlichen Konferenz, teilweise mit falschen Behauptungen („Wenn Länder wie Deutschland aus der Atomkraft aussteigen, erhöhen sich die Emissionen“).
Aber nicht alle Vertreter der USA zeigten sich einverstanden mit der Politik des Weißen Hauses. Ob sie hinter Trumps Entscheidung zum Ausstieg aus dem Pariser Abkommen stehen, wurden die Panelisten gefragt. Die eine Hälfte sagte Nein oder verweigerte die Aussage. Von den anderen drei hieß es lapidar: „Wir arbeiten für den Präsidenten.“
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