US-Delegation in Berlin: Besucher mit gutem Willen
Beim Treffen mit deutschen Politikern am Montag zeigten US-Abgeordnete Verständnis für die Sorgen über die Praktiken der NSA. Die SPD verlangt weitere Aufklärung.
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BERLIN/BRÜSSEL afp/dpa | Der scheidende Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat angesichts der US-Geheimdienstspähaffäre weitere Aufklärung verlangt. „Vertrauen ist verloren gegangen. Wir arbeiten daran, dass es wiederhergestellt werden kann“, sagte Westerwelle am Montag vor einem Treffen mit dem US-Senator Chris Murphy und dem Kongressabgeordneten Gregory Meeks in Berlin. Nötig seien dafür auch „klare Regeln für die Zukunft“. Westerwelle mahnte: „Wir wollen eine gute Balance zwischen Sicherheit und Privatsphäre.“ Die Regierungen in Berlin und Washington arbeiten derzeit an einem Abkommen, das die Arbeit der Geheimdienste neu regeln soll.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hofft angesichts der durch die Spähaffäre ausgelösten Vertrauenskrise im Verhältnis zu den USA auf eine Initiative des US-Kongresses. Bei einer Begegnung mit den US-Abgeordneten bezeichnete Friedrich die Berichte über umfassende Ausspähungen deutscher Bürger durch US-Nachrichtendienste als „irritierend“ und als Belastung für das beiderseitige Verhältnis. Zur Wiederherstellung des gegenseitigen Vertrauens seien jetzt von US-Seite „besondere Anstrengungen“ erforderlich. Ein Ausspähen von Freunden sei völlig inakzeptabel, sagte Friedrich.
Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche drängte nach Angaben des Innenministeriums erneut auf die Beantwortung offener Fragen der Bundesregierung durch die US-Seite. Aus seiner Sicht wäre es auch im Interesse der USA, „den momentanen Spekulationen belastbare Fakten entgegenzustellen“, erklärte Fritsche.
Der US-Senator Chris Murphy räumte laut Innenministerium bei dem Treffen ein, dass die Nachrichtendienste „nicht immer die notwendige Zurückhaltung haben walten lassen“. Die Sorgen der europäischen Verbündeten über „Charakter und Ausmaß von US-Geheimdienstprojekten“ bezeichnete er als „legitim“.
Auch die SPD verlangt weitere Aufklärung. „Für uns ist die NSA-Affäre nicht beendet“, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Thomas Oppermann, nach einem Treffen mit Murphy. „Wir waren uns einig, dass der völlig ausgeuferten Abhörpraxis der NSA endlich Schranken gesetzt werden müssen.“
Es geht weiter nach Brüssel
Nach ihrem Deutschland-Besuch will sich die Delegation von US-Abgeordneten am Dienstag in Brüssel um Schadensbegrenzung in der NSA-Affäre bemühen. Die US-Abgeordneten treffen am Morgen EU-Justizkommissarin Viviane Reding sowie Innenkommissarin Cecilia Malmström. Thema ist die Bespitzelung von EU-Institutionen durch den amerikanischen Geheimdienst. Aber auch die Verhandlungen über ein europäisch-amerikanisches Freihandelsabkommen sowie ein besserer Datenschutz für EU-Bürger sollen zur Sprache kommen.
Anschließend werden Chris Murphy und Gregory Meeks im Europaparlament sein, wo sie sich den Fragen der Abgeordneten stellen. Mit dem Besuch wollen die USA verloren gegangenes Vertrauen wieder herstellen.
Die NSA-Affäre ist am Dienstag auch Thema bei den Vereinten Nationen in New York. Ein Ausschuss der Vollversammlung berät über eine von Deutschland und Brasilien eingebrachte Resolution gegen Lauschangriffe. Erwartet wird, dass das Papier angenommen wird. Danach geht der Entwurf noch an die Vollversammlung, wo eine Annahme ebenfalls als wahrscheinlich gilt.
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