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US-Banken in SchieflageDie Sorgen nach der Pleite

Zwei US-Banken geraten in Turbulenzen – prompt geht die Angst vor einer neuen Finanzkrise um. Auch die Bafin reagiert. Doch dieser Fall ist anders.

Vor der Silicon Valley Bank in Santa Clara, Kalifornien am Samstag Foto: Terry Schmitt/imago

Berlin dpa/rtr/taz | Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) rechnet nach der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA nicht mit einer neuen globalen Finanzkrise. „Das Geschäftsmodell der SVB ist als Start-up-Financier ein sehr spezielles“, sagte der Leiter des ZEW-Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft, Friedrich Heinemann, am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. „Insofern rechne ich nicht mit einer Ausweitung in Richtung einer Finanzkrise.“

Ende vergangener Woche hatte der größte Kollaps eines Geldhauses seit der Finanzkrise 2008 weltweit Schockwellen an den Börsen ausgelöst. Am Sonntag hatten US-Regulierer mit der in New York ansässigen Signature Bank ein zweites Finanzinstitut geschlossen. Die US-Regierung versicherte am Wochenende den SVB-Kund:innen, sie könnten bereits am Montag auf ihr Geld zugreifen.

Auch bei der Signature Bank sollen die Einlagen abgesichert sein. Die Behörden hatten das Wochenende über versucht, einen Käufer für die SVB zu finden. Am Montag erklärte die britische Großbank HSBC, sie wolle die britische Tochter der SVB übernehmen.

Die Sorgen sind groß, obwohl die Bank nicht gerade ein Schwergewicht der Branche ist. Gemessen an der Bilanzsumme ist sie nicht einmal ein Zehntel so groß wie die größte US-Bank, JP Morgan Chase. Aber ihr Portfolio macht das 1983 gegründete Institut bedeutsam: Analog zum Namen ist sie die Hausbank der Start-up-Branche. Dem Wirtschaftsportal Bloomberg zufolge zählte sie die Hälfte der US-Start-ups zu ihren Kunden: „Die SVB ist nicht nur eine Bank – sie tätigt auch Kapitalbeteiligungen, fördert Dienstleistungen von Start-ups und sponsert aufwendige Branchenpartys.“

Die jungen Unternehmen zahlen bei der Bank ihr bei den In­ves­to­r:in­nen eingesammeltes Kapital ein, um es nach und nach abzurufen. Würden diese Einlagen nun wegbrechen, könnten zahlreiche Start-ups in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Für die US-Techbranche, die sich ihrer Innovationsfähigkeit rühmt, wäre das ein deutlicher Rückschlag.

In Deutschland hat die Finanzaufsicht Bafin verfügt, dass die hiesige Zweigstelle für den Kundenverkehr zu schließen ist. Außerdem hat die Behörde ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen, um die Gefahr für die Gläubiger zu senken. Da die Zweigstelle kein Einlagengeschäft betreibe, ergäben sich aber keine Auswirkungen auf die hiesige Einlagensicherung. „Die Silicon Valley Bank Germany Branche hat keine systemische Relevanz“, so die Behörde.

Der Finanzkrisenstab der Bundesbank sollte noch am Montag zusammenkommen, um über mögliche Auswirkungen des SVB-Kollapses zu beraten. Ex­per­t:in­nen gehen jedoch davon aus, dass die Auswirkungen über die USA hinaus gering sind: „Die SVB gefährdet nicht den internationalen Kapitalmarkt. Ihr Klumpenrisiko aus der Start-up-Finanzierung ist untypisch für den Bankensektor“, sagte der Präsident des Bayerischen Finanzzentrums der dpa. Die Banken in Deutschland seien dank Eigenkapitalpuffern und anderen Geschäftsmodellen stabil aufgestellt. Auch Rainhard Schmidt von der Goethe-Universität in Frankfurt/Main sieht kein „Systemrisiko“.

Auswirkungen wird es aber wohl auf die Zinspolitik in den USA geben. „Die straffen Zinserhöhungen der Fed haben offenbar zu Stress in den US-Bankbilanzen geführt“, heißt es in einer Analyse der Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz. Statt der erwarteten Anhebung des Leitzinses um einen halben Prozentpunkt könnte die Notenbank stattdessen künftig nur um einen Viertelpunkt nach oben gehen.

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