US-Bank dreht Assanges Geldhahn zu: Überweisungen an Wikileaks gestoppt
Nach Visa, Mastercard und Paypal boykottiert auch eine der größten US-Banken die Enthüllungsplattform: die Bank of America. Wikileaks-Chef Assange sagt, er brauche das Geld.
WASHINGTON afp | Die US-Großbank Bank of America überweist kein Geld mehr an Wikileaks. Die Aktivitäten der Plattform, die Geheimnotizen von US-Diplomaten aus aller Welt ins Internet gestellt hatte, stünden im Widerspruch zu den Anforderungen, die die Bank an Finanztransaktionen stelle - so hieß es in einer Erklärung vom Wochenende. Für Wikileaks, das sich durch Spenden finanziert, wird es immer schwieriger, an Geld zu kommen.
Anfang Dezember hatten bereits Visa Europe, Mastercard und Paypal jeglichen Zahlungsverkehr mit Wikileaks eingestellt. Wikileaks-Chef Julian Assange hatte vor kurzem in einem Interview mit der Zeitschrift Forbes angekündigt, dass er als Nächstes geheime Dokumente einer US-Großbank veröffentlichen wolle.
Assange sieht im Vorgehen der Bank of America eine "neue Form des McCarthyismus" in den USA. Der 1957 gestorbene US-Republikaner Joseph McCarthy führte in den 1950er Jahren einen unerbittlichen Feldzug gegen eine angebliche Unterwanderung von Staatsämtern durch Kommunisten und deren Anhänger. Seine Organisation solle um Geld gebracht werden, das sie zum Überleben brauche, sagte Assange. Auch er sei auf die Zahlungen angewiesen, damit seine Anwälte ihn vor einer Auslieferung an die USA oder Schweden schützen könnten.
Assange war Anfang Dezember in Großbritannien festgenommen worden, weil Schweden wegen des Verdachts der Vergewaltigung und des sexuellen Missbrauchs seine Auslieferung fordert. Nach neun Tagen in einem Londoner Gefängnis lebt der 39-Jährige Australier jetzt auf dem Anwesen seines Unterstützers Vaughan Smith im Südosten Englands. Er muss eine elektronische Fußfessel tragen und sich täglich bei der örtlichen Polizeistation melden. Assange hält das Verfahren gegen ihn für politisch motiviert und befürchtet, dass er letztlich an die USA ausgeliefert wird. Dort wird ein Prozess gegen ihn wegen Anstiftung zur Spionage geprüft.
Assange und seine Mitarbeiter hatten Ende November mit der Veröffentlichung von 250.000 geheimen Dokumenten der US-Diplomatie begonnen und damit die Vereinigten Staaten in Erklärungsnot gebracht. Wikileaks rief "alle Menschen, die die Freiheit lieben" auf, keine Geschäfte mehr mit der Bank of America zu tätigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge