UN-Welternährungsgipfel in Rom: Leere Worte für leere Bäuche
Der UN-Welternährungsgipfel endet dürftig. Maßnahmen gegen die Hungerkrise werden an den neuen Krisenstab delegiert. Argentinien blockiert den Abschluss.
ROM taz 5.000 Delegierte aus 191 Staaten, 40 Staats- und Regierungschefs, drei Arbeitstage - und dann nur eine schmale Abschlusserklärung, um die bis zuletzt gerungen wurde: Die von der UN-Agrarorganisation FAO ausgetragene UN-Konferenz zur Welternährungssicherheit in Rom brachte nicht den großen Durchbruch beim Kampf gegen die sich weltweit verschärfende Lebensmittelkrise.
Dabei bestand wenigstens in einem Punkt Konsens: Seit Jahren war die Situation nicht so kritisch wie heute. Angesichts der rasant steigenden Nahrungsmittel-, vor allem der Getreidepreise haben sich bisher schon 80 Länder an die FAO gewandt, mit dem Begehren, Soforthilfe für Saatgut und Dünger zu erhalten. In entsprechend dramatischen Tönen beschworen alle Redner auf der Konferenz die drohenden Risiken. So warnte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vor der Gefahr sich ausbreitender Hungerrevolten in zahlreichen Ländern; die Konferenz könne sich deshalb ein Scheitern nicht erlauben.
Gemessen an dieser Ansage erscheint das Ergebnis ziemlich dürftig. Im gestern vorgelegten Entwurf der Abschlusserklärung wird - wie im zum Auftakt vorgelegten Arbeitsprogramm der neuen UN-Task-Force - einerseits die Notwendigkeit von Soforthilfe für von Hunger bedrohte Länder beschworen. Außerdem soll massiv in die Landwirtschaft der Entwicklungsländer investiert werden.
Weitgehend ausgespart aber bleiben die Konflikte um Bio-Kraftstoff und Liberalisierung der Agrarmärkte. Zu Bio-Kraftstoffen heißt es nur, die Chancen für deren steigende Nutzung ohne Gefährdung einer nachhaltigen Entwicklung - sprich: ohne negative Auswirkungen auf die Preisspirale bei Lebensmitteln, das Weltklima und den Schutz der Regenwälder - bedürften "intensiver Erforschung". In der Frage der Marktliberalisierung blieb bis zuletzt umstritten, ob die Abschlusserklärung "restriktive Maßnahmen" geißeln solle. Weil darunter auch die neuen Exportrestriktionen aus Argentinien fallen, verzögerte sich gestern der Konferenzabschluss.
Als Hauptresultat der Konferenz bleibt der Auftrag an die seit einem Monat existierende UNO-Task-Force zum Welthunger, in den nächsten Monaten einen Aktionsplan auf den Weg zu bringen. Erstmals arbeiten in diesem Zusammenhang die drei in Rom ansässigen UN-Organisationen (die FAO, der Internationale Fonds für ländliche Entwicklung IFAD und das vor allem für Katastrophenhilfe zuständige Welternährungsprogramm WFP) eng zusammen. Zugleich agiert die UNO in enger Koordinierung mit dem IWF und der Weltbank.
Vor allem daran stoßen sich die Vertreter der Zivilgesellschaft am Rande der Konferenz. Mit Weltbank und IWF werde der Bock zum Gärtner gemacht, erklärte der Brasilianer Flavio Valente: Jene Organisationen hätten mit ihrer Politik der letzten Jahrzehnte die heutige Krise programmiert. Nun zögen sich die Regierungen auf den Standpunkt zurück, die Krisenbekämpfung an sie zu delegieren. Valente zeigte sich skeptisch: "Die alten Reden" seien gehalten worden, und konsequent seien die Vertreter der Bauern ausgesperrt geblieben, ohne die eine Lösung der Nahrungsmittelkrise nicht machbar sei.
Erwin Northoff vom Pressestab der FAO findet nicht, dass der Gipfel gescheitert ist. Notgedrungen werde die Welt das Problem weiterverfolgen. Die Risiken für die globale Nahrungsmittelproduktion "werden zunehmen, da wir es mit einem explosiven Mix von Nahrungs- und Klimakrise bei steigenden Energiepreisen zu tun haben und mit der Herausforderung, die Lebensmittelproduktion bis 2030 um 50 Prozent zu erhöhen".
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