UN-UMWELTBEHÖRDE BESTÄTIGT EINSATZ VON URAN IM KOSOVO-KRIEG: Von allen Menschen befreit
Also doch. Die Nato gibt zu, Munition mit abgereichertem Uran im Kosovo verschossen zu haben. Die Überreste von 31.000 dieser panzerbrechenden Geschosse liegen nun im Kosovo herum, verseuchen Boden und Wasser. Die Nato wusste, warum sie ihren Gebrauch verschwieg. Er war nicht zu rechtfertigen – weder ökologisch noch militärisch.
Zwar beschwört auch der Einsatz der Munition nicht die Umweltkatastrophe herauf, die Kritiker während des Kosovo-Krieges immer wieder befürchtet hatten. Das haben die Untersuchungen der UN-Umweltbehörde Unep inzwischen bestätigt. Doch ist es schon sehr merkwürdig, eine Munition einzusetzen, die auf kleinen Gebieten den Boden so sehr kontaminieren kann, dass man die Gebiete für Menschen absperren muss. Das jedenfalls empfiehlt nun die Unep für Zonen, wo eine Verseuchung bestätigt werden kann. Diese Gebiete wären dann wohl wirklich befreit – von jeglicher menschlicher Nutzung.
Um so schlimmer, dass die Nato selbst jetzt nicht bereit ist, den genauen Einsatzort dieser Munition bekannt zu geben. Jedenfalls nicht genau genug, damit die Unep die Bevölkerung im Kosovo schützen kann. Für wen war denn die Nato da schließlich im Einsatz?
Nur keine eigenen Soldaten gefährden, lautete die Devise der Nato im Kosovo-Krieg. Und dafür war fast jedes Mittel recht. Es ist auch im Rückblick schwer, die militärische Bedeutung einzelner Angriffe klar einzuschätzen. Doch selbst Interventionsanhängern – wie mir – wurde mulmig, als die Nato Stück für Stück ihre Bombenziele ausweitete.
Der Einsatz der Urangeschosse war wohl kaum nötig: Schwer zu glauben, dass ihr Abschuss den Krieg verkürzte, dass die angegriffenen Ziele nicht auch anders zu zerstören waren. Nun wird es sehr wahrscheinlich Krebstote durch die Uranvergiftung geben – zum Glück für die Nato werden sie anonym bleiben. Begründung für den Krieg war die „humanitäre Intervention“, juristisch war es das Konstrukt der „Nothilfe“ für die Kosovo-Albaner. Auch im Krieg müssen die Mittel gegen den Zweck abgewogen werden, darf die Logik des Militärs nicht die Vernunft untergraben.
Viel wird zur Zeit öffentlich darüber debattiert, wie die Bundeswehr durch Krisenreaktionskräfte interventionsfähig werden könnte. Wenig wird darüber gesprochen, wie man so einen Krieg ohne die Verwüstung des befreiten Landes führt – und welche Möglichkeiten es jenseits einer Schlacht gibt. Sicher aber ist, dass der Schutz des Lebens der Nato-Soldaten nicht alleiniges Kriterium sein kann. MATTHIAS URBACH
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