UN-Sondergesandter in Libyen: Im Stich gelassen

Der slowakische Diplomat Jan Kubis tritt als UN-Sondergesandter für Libyen zurück. Er hatte genug.

Vertriebene Männer beobachten aufsteigenden Rauch aus dem bombardierten Stadtviertel Bou-Selim.

Vertriebene Männer beobachten aufsteigenden Rauch in Tripolis Foto: Amru Salahuddien/dpa

Vier Wochen vor den geplanten Wahlen hatte der slowakische Diplomat Jan Kubis offenbar genug. Der Rückzug des UN-Sondergesandten kurz vor den ersten Präsidentschaftswahlen seit der Gründung Libyens ist Grund zur Sorge, dass die Wahlen einen neuen regionalen Konflikt auslösen könnten. Denn es treten am 24. Dezember frühere Regierende, revolutionäre Milizen und Vertreter der Zivilgesellschaft gegeneinander an.

Und in dem ölreichsten Land Afrikas warten mehr als 20.000 ausländische Söldner auf ihren Marschbefehl. Wahlen können die Rückkehr zur Demokratie werden, wie schon 2012. Oder wie 2014 einen Krieg auslösen, als die Wahlverlierer zu den Waffen griffen.

Die von Kubis geleitete UNSMIL-Mission hat den Weg zu den geplanten Präsidentschafts- und folgenden Parlamentswahlen geebnet. Dennoch blieb das allgemeine Bedauern über seinen überraschenden Rücktritt aus. Und das obwohl der Posten aufgrund der nötigen Einstimmigkeit im UN-Sicherheitsrat wohl lange vakant bleiben wird.

In Libyen stehen sich die Interessen der USA, Russlands, Frankreichs, der Türkei und mehrerer Golfstaaten gegenüber. Die UN-Mission ist in diesem Stellvertreterkrieg nur ein Spielball.

Europa muss sich stärker seiner Verantwortung stellen

Sollten die Wahlen pünktlich und geordnet stattfinden, ist dies vor allem dem Druck des US-Botschafters und seinen mittlerweile mit einer Stimme sprechenden EU-Kollegen geschuldet. Zudem hat die 2011 neu gegründete libysche Wahlbehörde HNEC quer über die ehemaligen Frontlinie gute Arbeit geleistet.

Die Diplomaten der UN haben bei der Schaffung der jetzigen Übergangsregierung von Abdulhamid Dabaiba dagegen mehrmals die Standards gebrochen, die sie von den Libyern fordern. Eine interne Untersuchung der Bestechungsvorwürfe bei der Wahl von Premier Dabaiba wird der Öffentlichkeit vorenthalten.

Der Abgang von Kubis ist daher eine Warnung an all jene, die Frieden in Libyen vorantreiben wollen. Das De-facto-Ende der UNSMIL-Mission bedeutet, dass Europa sich in Libyen wieder stärker seiner Verantwortung stellen muss.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mirco Keilberth berichtet seit 2011 von den Umstürzen und den folgenden Übergangsprozessen in Nordafrika. Bis 2014 bereiste er von Tripolis aus Libyen. Zur Zeit lebt er in Tunis. Für den Arte Film "Flucht nach Europa" wurde er zusammen mit Kollegen für den Grimme Preis nominiert. Neben seiner journalistischen Arbeit organisiert der Kulturwissenschaftler aus Hamburg Fotoausstellungen zu dem Thema Migration. Im Rahmen von Konzerten und Diskussionsveranstaltungen vernetzt seine Initiative "Breaking the Ice" Künstler aus der Region, zuletzt in Kooperation mit der Boell-Stiftung im Rahmen des Black Box Libya Projektes.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.