UN-Sicherheitsrat zum türkisch-griechischen Konflikt: Zypern-Politik Erdoğans verurteilt
Der Türkei liegt nichts mehr an einer Wiedervereinigung. Der Sicherheitsrat kritisiert nun die geplante Öffnung der Geisterstadt Varosha.
Stein des Anstoßes ist ein seit 1974 besetztes ehemaliges Touristengebiet an der Küste südlich von Famagusta, das sogenannte Varosha. Bei einem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan am letzten Dienstag in Nordzypern hat dieser gemeinsam mit dem nordzypriotischen Präsidenten Ersin Tatar Varosha besucht. Im Rahmen dieses Besuchs hatten Erdoğan und Tatar bekanntgegeben, dass Teile des Touristengebietes wieder für das Publikum geöffnet werden sollen.
Erdogan fordert Zwei-Staaten-Lösung
Varosha war seit der Teilung Zyperns eine Geisterstadt, die vom türkischen Militär kontrolliert wurde. Es galt lange als mögliches Verhandlungsobjekt zwischen griechischen und türkischen Zyprioten. Die ehemaligen Hotels gehören überwiegend griechischen Zyprioten die lange auf eine Rückgabe gehofft hatten. Dass Varosha nun in den türkisch-zypriotischen Teil der Insel integriert werden soll, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass die türkische Seite nicht mehr an eine Wiedervereinigung Zyperns glaubt und auch kein Interesse mehr daran hat. Stattdessen setzen Erdogan und sein Gefolgsmann Tatar nun darauf, international eine Zwei-Staaten-Lösung für Zypern zu fordern.
Entsprechend reagierte das türkische Außenministerium auch auf den Beschluss des Sicherheitsrates, in dem es unter anderem heißt, Varosha solle an die UN-Verwaltung übergeben werden, mit der Bemerkung, die Position des Sicherheitsrates stimme nicht mehr „mit den Realitäten“ auf Zypern überein. Vor dem Sicherheitsrat hatten schon die EU-Kommission aber auch Deutschland und Frankreich deutlich gemacht, dass sie die neue Politik Erdogans auf Zypern für gefährlich halten.
Der Schritt in Varosha könne dazu führen, dass der jüngst erfolgte Abbau von Spannungen zwischen Griechenland und der Türkei zunichte gemacht wird und die Spannungen im östlichen Mittelmeer wieder zunehmen, erklärte Außenminister Heiko Maas. Dessen ungeachtet drängt Erdoğan seit einiger Zeit hinter den Kulissen befreundete Staaten wie Aserbaidschan und Pakistan, sie mögen doch das türkische Nordzypern als eigenständigen Staat anerkennen. Erdoğan zieht damit die Konsequenzen aus jahrzehntelangen vergeblichen Verhandlungen über eine Wiedervereinigung von Nordzypern mit dem größeren griechischen Teil der Insel.
Tatsächlich ist eine einvernehmliche Verhandlungslösung für Zypern auch kaum noch zu erwarten. Ein bereits vollständig unter der Leitung der Vereinten Nationen ausgehandeltes Abkommen zu einer griechisch-türkischen Föderation mit einer gemeinsamen Zentralregierung wurde bei einer Volksabstimmung 2004 zwar von den türkischen Zyprioten angenommen, von der Mehrheit der griechischen Zyprioten aber abgelehnt. Alle zaghaften Versuche doch noch zu einer Verhandlungslösung für eine Föderation zu kommen, sind seitdem gescheitert.
Mit Ersin Tatar, einem Gefolgsmann von Erdoğan, ist nun erstmals in Nordzypern ein Präsident an der Regierung, der eine Verhandlungslösung gar nicht mehr anstrebt, sondern offensiv für eine Zwei-Staaten-Lösung wirbt. Sein Vorgänger Mustafa Akinci hatte sich noch, auch im Konflikt mit Ankara, für neue Verhandlungen mit der griechisch-zypriotischen Seite stark gemacht, war aber in Nikosia abgeblockt worden.
Mittlerweile sind auch die jüngeren Generationen im geteilten Zypern kaum noch an einer Wiedervereinigung interessiert, und insbesondere die griechische Seite will keine Zugeständnisse an die türkische Minderheit mehr machen. Die Teilung war das Ergebnis eines Putsches griechischer Nationalisten, die die türkische Minderheit von Zypern vertreiben wollte, um die Insel an das griechische Mutterland anzuschließen. Der damalige türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit schickte deshalb die Armee, um die Türken auf Zypern zu schützen.
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