UN-Sicherheitsrat zu Syrien: Resolution weiter auf Eis
Im Sicherheitsrat scheitert ein Entwurf an Russland und China. Beide bleiben bei ihrer Androhung eines Vetos. Die Europäer und die Arabische Liga wollen aber nicht aufgeben.
GENF taz | Der UNO-Sicherheitsrat in New York hat sich in seiner Sondersitzung zu Syrien in der Nacht zum Mittwoch nicht auf eine Resolution geeinigt. Nach Vorstellung seiner westlichen und arabischen Mitgliedsstaaten soll sich das Gremium spätestens am Wochenende erneut mit dem Thema befassen.
Bis dahin wollen die Regierungen dieser Staaten die beiden ständigen, vetoberechtigten Ratsmächte Russland und China überzeugen, zumindest durch ihre Enthaltung die Verabschiedung einer Resolution zu ermöglichen. Moskaus Vizeaußenminister Gennadi Gatilow schloss "eine Abstimmung in den nächsten Tagen" aber aus.
Bei der Sitzung hatten Moskau und Peking ihr Veto gegen einen von Marokko eingebrachten Resolutionsentwurf angekündigt, obwohl der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, zuvor eindringlich zur Verabschiedung des Textes aufgefordert hatte. Die übrigen Ratsmitglieder verzichteten daraufhin auf ein formales Votum.
Der Entwurf wurde gemeinsam von der Arabischen Liga und den vier EU-Staaten im Sicherheitsrat (Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Portugal) erarbeitet. Präsident Baschar al-Assad wird darin aufgefordert, die Gewalt im Land zu beenden und die Macht an seinen Stellvertreter abzugeben. Sollte Assad dies nicht innerhalb von 15 Tagen tun, werde der Sicherheitsrat "weitere Maßnahmen" einleiten. Doch Russland lehnt eine "einseitige Verurteilung" der Gewalttaten nur des Assad-Regimes ebenso ab wie Wirtschaftssanktionen, einen Waffenboykott, eine Militärintervention oder einen Regimewechsel in Damaskus.
"Es ist nicht Sache der UNO, über Regierungen zu entscheiden", erklärte Moskaus UN-Botschafter Witali Tschurkin in New York. Zu befürchten sei, dass wie im Fall der im Frühjahr 2011 bei Enthaltung Russlands und Chinas vom Sicherheitsrat verabschiedeten Resolutionen gegen Libyen auch im Fall Syrien militärische Operationen gegen das Land folgen würden. Zwar könne "der UNO-Sicherheitsrat in dem Konflikt eine konstruktive Rolle spielen", erklärte Tschurkin. Aber der Rat solle "das Gebot der Nichteinmischung beachten".
Russlands EU-Botschafter Wladimir Tschischow machte am Mittwoch zur Bedingung, dass in einer Syrien-Resolution des Sicherheitsrat eine militärische Intervention "explizit" ausgeschlossen wird. Russlands Haltung wird unterstützt von China. Pekings UNO-Botschafter Li Baodong forderte Syrien aber auf, "Reformen einzuleiten und die Bedürfnisse des Volkes zu beachten, das Töten unschuldiger Menschen zu stoppen und einen Dialog einzuleiten".
Die Hoffnung westlicher Diplomaten auf die baldige Verabschiedung einer Syrien-Resolution gründet sich auch auf die seit 1. Januar veränderte Zusammensetzung des Rates: Marokko löste Libanon ab, das wegen seiner Abhängigkeit von Damaskus handlungsunfähig war. Brasilien und Nigeria, die in der Libyen-Debatte westliche Positionen ablehnten, wurden durch Guatemala und Togo ersetzt.
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