piwik no script img

UN-ResolutionWesten empört über Russland

Moskau und Peking torpedieren einen Syrien-Beschluss, obwohl dieser einen militärischen Eingriff von außen explizit ausschließt.

Allein – aber nicht nur unter Feinden: Bashar Jaafari, Syriens UN-Botschafter. Bild: reuters

GENF taz | In der New Yorker UNO-Zentrale und auf der Münchner Sicherheitskonferenz herrschte am Wochenende zeitweise eine Stimmung wie im Kalten Krieg. Mit deutlichen Worten kritisierten westliche Diplomaten Russland und China für das Veto, mit dem die beiden ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates am Samstag eine Resolution des höchsten UNO-Gremiums zur Lage in Syrien verhinderten. "Moskau und Peking haben nun das Blut des syrischen Volkes an ihren Händen", erklärte Frankreichs UNO-Botschafter Gérard Araud. Syriens Präsident Baschar al-Assad morde "wie 30 Jahre zuvor sein Vater".

US-Botschafterin Susan Rice und ihr deutscher Amtskollege Peter Wittig verurteilten die Haltung Russlands und Chinas als "beschämend". Ungewöhnlich kritisch kommentierte auch der sonst zurückhaltende UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das Scheitern der Resolution. "Das ist eine große Enttäuschung für die Menschen in Syrien und dem ganzen Nahen Osten, für alle Unterstützer von Demokratie und Menschenrechten", erklärte er. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) zog sogar die Existenzberechtigung des Sicherheitsrats in Zweifel. "Die Handlungen von China und Russland haben den Sicherheitsrat irrelevant gemacht", erklärte HRW-Chef Kenneth Roth auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Russlands UNO-Botschafter Witali Tschurkin und Außenminister Sergei Lawrow warfen dem Westen hingegen "mangelnde Flexibilität" vor. Dabei sah die Version des Textes, dem am Samstag 13 der 15 Ratsmitglieder zustimmten, lediglich vor, das Assad-Regime zur Einstellung der Gewalt und die Sicherheitskräfte zum Rückzug aufzufordern. Ferner wurde darin Unterstützung für den Friedensplan der Arabischen Liga bekundet. Zuvor hatten die Initiatoren der Resolution auf Verlangen Moskaus das Verbot von Waffenlieferungen und die Androhung von Wirtschaftssanktionen aus ihrem EntVwurf gestrichen. Fallengelassen wurde auch die explizite Forderung nach einem Rücktritt Assads sowie nach freien Wahlen. Schließlich wurde auf Wunsch Moskaus ein Satz in den Entwurf aufgenommen, der die Möglichkeit einer militärischen Intervention in Syrien explizit ausschließt.

Moskau und Damaskus

Ein wesentliches Motiv für das erneute Veto Moskaus und Pekings ist die Erfahrung mit der Libyen-Resolution vom März 2011, die beide Mächte durch ihre Enthaltung ermöglichten. Ihr Vorwurf: Unter Missbrauch dieser Resolution habe die Nato einen Krieg gegen Libyen geführt. Dieses Szenario soll sich in Syrien nicht wiederholen. Im Fall Russlands kommen nationale Eigeninteressen am letzten Verbündeten im Nahen Osten hinzu: Russland ist Syriens wichtigster Waffenlieferant und möchte seine einzige Marinebasis im Mittelmeer in Latakia an der syrischen Westküste ausbauen. (azu)

Bis zuletzt auf Ablehnung stießen jedoch die beiden russischen Forderungen, dass auch die syrische Opposition für die Eskalation der Gewalt verantwortlich gemacht wird und dass die Aufforderung an die syrischen Sicherheitskräfte zum Rückzug aus den Städten und Dörfern des Landes gestrichen wird. Zu einem Zeitpunkt, da bewaffnete Gruppen der Opposition diese Ortschaften übernähmen, sei diese Aufforderung eine "absolut unrealistische Klausel", erklärte Außenminister Lawrow auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • K
    k_w

    @Anti-iPod: Ich weise Sie darauf hin, daß die Arabische Liga in ihrem Bericht den Beschuß mit Granaten durch die "Rebellen" als Ursache für den Tod des französischen Reporters feststellt. Das muß dann schon eine Bande von Lügnern sein, aber das kennen wir ja, gelle, diese verdammten Orientalen.

     

    Daß die "Rebellen" seit Mai 2011 in der NATO AFB Incirlik ausgebildet werden (http://www.boilingfrogspost.com/2011/12/15/syria-coverage-update-bbc-reporter-was-detained-prevented-from-covering-us-nato-syrian-operations-in-turkey/), daß bei der Untersuchung der Angelegenheit einer der renommiertesten britischen Journalisten ohne Echo in den West-Medien festgesetzt wird, daß Brutkastenstorys aufgelegt werden (http://nocheinparteibuch.wordpress.com/2011/08/08/brutkastenluge-von-cnn-und-rami-abdul-rahman-syrian-observatory-for-human-rights-entlarvt/) -- all das ficht Sie nicht an, ich weiß.

  • EC
    El Commandante

    Die heutige Situation in Syrien ist das Ergebnis der Unfähigkeit und der Willkür einiger west-europäischer Staaten, die nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches den zivilisierten Polizisten im Nahen Osten spielen wollten und konnten.

     

    Syrien ist ein tief-gespaltenes Land, sowohl ethnisch, als auch religiös, wie politisch. Die heutigen Landesgrenzen stammen aus dem Jahr 1920, was nochmals verdeutlichen sollte, dass das heutige Problem nicht von ungefähr ist.

     

    Nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches machten sich die britische und französiche Regierung mit Unterstützung einiger Öl-Konzerne daran das Stück leckere Baklava unter einander aufzuteilen, ohne dabei die Interessen der dort lebenden Menschen auch nur zu erwähnen.

     

    Nachdem man also die Region 'geordnet' hat und diese über mehrere Jahrzehnte ausgebeutet hat, geht man heute denselben leidigen Weg in dem man redet und ermahnt um im Endeffekt darauf zu spekulieren, dass doch noch eine Gelegenheit auftaucht die profitabel und somit durch und durch legitim ist.

     

    So ist leider Politik. Groß rumschreien dass dort Menschen sterben kann jeder, doch wie siehts mit den dahinterstehenden Interessen aus? Europa und USA die Nabeln der Demokratie, dass ich nicht lache. Wir sehen ja die Ergebnisse im Irak, Ägypten und Lybien. Ach und noch was in Darfur, Tibet, Malaysien, Nord-Korea, Iran usw. usw. sterben auch Menschen die für ihre Interessen einstehen oder sogar ohne rational ersichtliche Gründe umgebracht werden, wollen wir dort auch einmarschieren und ihnen die Freiheit bringen? Obdachlose sterben auch in diesem Lande, weil sich keine Sau für sie interessiert und wenn dann auch nur für einen persönlichen Vorteil. Schäm dich, EUROPA du scheiß-Hort der eigenen Ignoranz!

  • EC
    El Commandante

    Die heutige Situation in Syrien ist das Ergebnis der Unfähigkeit und der Willkür einiger west-europäischer Staaten, die nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches den zivilisierten Polizisten im Nahen Osten spielen wollten und konnten.

     

    Syrien ist ein tief-gespaltenes Land, sowohl ethnisch, als auch religiös, wie politisch. Die heutigen Landesgrenzen stammen aus dem Jahr 1920, was nochmals verdeutlichen sollte, dass das heutige Problem nicht von ungefähr ist.

     

    Nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches machten sich die britische und französiche Regierung mit Unterstützung einiger Öl-Konzerne daran das Stück leckere Baklava unter einander aufzuteilen, ohne dabei die Interessen der dort lebenden Menschen auch nur zu erwähnen.

     

    Nachdem man also die Region 'geordnet' hat und diese über mehrere Jahrzehnte ausgebeutet hat, geht man heute denselben leidigen Weg in dem man redet und ermahnt um im Endeffekt darauf zu spekulieren, dass doch noch eine Gelegenheit auftaucht die profitabel und somit durch und durch legitim ist.

     

    So ist leider Politik. Groß rumschreien dass dort Menschen sterben kann jeder, doch wie siehts mit den dahinterstehenden Interessen aus? Europa und USA die Nabeln der Demokratie, dass ich nicht lache. Wir sehen ja die Ergebnisse im Irak, Ägypten und Lybien. Ach und noch was in Darfur, Tibet, Malaysien, Nord-Korea, Iran usw. usw. sterben auch Menschen die für ihre Interessen einstehen oder sogar ohne rational ersichtliche Gründe umgebracht werden, wollen wir dort auch einmarschieren und ihnen die Freiheit bringen? Obdachlose sterben auch in diesem Lande, weil sich keine Sau für sie interessiert und wenn dann auch nur für einen persönlichen Vorteil. Schäm dich, EUROPA du scheiß-Hort der eigenen Ignoranz!

  • A
    Ant-iPod

    Die Stadt Homs wird erneut von Granaten getroffen. Ganz gleich ob es dabei Mörser oder Artillerie ist - die FSA behauptet solche Waffen nicht zu haben, die syrische Armee behauptet, solche Waffen nicht gegen das eigene Volk einzusetzen (schließlich bekämpfe man ja angeblich Banden), die Russen behaupten, beide Seiten würden diese Waffen einsetzen und sollten damit aufhören, der Westen behauptet Assad's Schergen würden damit das eigene Volk dahinmetzeln, die Chinesen faseln etwas unverständliches und sind froh, das niemand über Tibet oder die Uiguren redet... und die Syrer?

    Die sterben!

     

    Eines steht aber fest: Mörser und Artillerie können nicht über Stunden feuern, ohne dass man deren Standort ausmachen kann. Wenn Assad's Armee also nicht selbst schießen würde, so hätte sie doch die Aufgabe, den Abschuss der Granaten zu verhindern, um Ruhe und Ordnung wieder herzustellen: Hier beweist sich, dass das Regime lügt. Wollen die allen ernstes behaupten, dass eine Armee, die Syrien gegen Israel verteidigen will nicht in der Lage sei, ein paar Mörserstellungen ausfindig zu machen und die vorgeschobenen Beobachter der Terroristen, die nunmal für den Einsatz von Mörsern und Artillerie gebraucht werden, ausfindig zu machen und zu stellen?

    Das soll ein vernunftbegabter Mensch glauben?

     

    So etwas ist lächerlich, denn dann würden Assad's Speichellecker nicht von Terroristenbanden, sondern von einer feindlichen Armee sprechen müssen.

     

    Zudem kann man Artilleriegeschütze nicht mal eben irgendwo unterstellen - die syrische Luftaufklärung könnte diese einfach ausmachen und bekämpfen, prinzipiell sogar bei Nacht, wenn man denn Assad's Offizieren glauben schenkt, während sie über die Fähigkeiten der Armee gegen Israel schwadronieren.

    All das sollen sie nun gegen die "bewaffneten Banden" nicht mehr können - das soll ich glauben???

     

    Das Regime entlarvt sich selbst und Lawrow versucht mit seinen pseudointellektuellen Sprüchen den Anschein des Rechtschaffenen zu wahren, wo sich Russland am Wochenende gänzlich ins Abseits gestellt und die eigenen Interessen langfristig beschädigt hat.

     

    Der Ausgang der Geschichte ist klar - bleibt nur zu hoffen, dass dabei möglichst wenige Menschen sterben und dass die "Befürworter Assad's" nicht vergessen, dass er der Gewaltherrscher ist - nicht "der Westen" oder die FSA, es sind Assad und sein Clan und sie allein, welche die Gewalt heraufbeschworen und immer weiter eskaliert haben.