UN-Klimakonferenz: China sorgt für Bewegung

Plötzlich kann sich der größte Verschmutzer vorstellen, ab 2020 Emissionsziele zu akzeptieren. Nach einer Woche keimt in Durban vorsichtige Hoffnung.

Politiker am Zügel der Industrie? Protest von Umweltschützern in Durban. Bild: reuters

DURBAN taz | So kann auch eine Klima-Kanzlerin daneben liegen: In der "wirklich wichtigen Frage", ob das Kioto-Protokoll verlängert werde, sei kein Fortschritt zu erwarten, hatte Angela Merkel am Wochenende erklärt, "weil Schwellenländer nicht bereit sind, sich zu Emissionsreduzierungen zu verpflichten". Am Montag trat dann der chinesische Umweltminister Xie Zhenua auf der Klimakonferenz in Durban vor die Presse und erklärte das Gegenteil: "Wir arbeiten zusammen an einem rechtlich bindenden Abkommen für die Zeit nach 2020", sagte Xie. "China ist offen dafür."

Damit erklärt der inzwischen weltgrößte Klimasünder zum ersten Mal offiziell, er könne sich rechtlich verbindlich zu Reduzierungen bei den Emissionen verpflichten. Dafür allerdings stellt die Supermacht ihre Forderungen am Beginn der Verhandlungen auf Ministerebene, die am Dienstag beginnen: Erstens müssten sich die Industrieländer zu weitergehenden Klimaschutzzielen in einer zweiten Runde des Kioto-Protokolls verpflichten; dann müsse das versprochene Geld für den Klimaschutz (jährlich 30 Milliarden Dollar bis 2012, 100 Milliarden ab 2020) fließen; die Beschlüsse der Klimakonferenz von Cancún 2010 müssten umgesetzt werden; in den nächsten Jahren müsse überprüft werden, wie effektiv die Maßnahmen sind.

Und alles müsse unter der Vorgabe der "gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten" geschehen - also die Industrieländer müssten zum Klimaschutz mehr beitragen als die Schwellenländer. Die meisten dieser Forderungen sind bereits einmal beschlossen worden, wurden bisher aber nicht oder nur langsam umgesetzt.

China verhandelt bei dieser Konferenz zum ersten Mal offiziell mit Indien, Brasilien und Südafrika als BASIC-Gruppe, führt aber weiterhin die Gruppe der Entwicklungsländer G 77 an, die vor allem von den Geldflüssen profitieren sollen - und profiliert sich damit als Schutzmacht der Armen. "China ist ein Entwicklungsland mit 228 Millionen Armen", betonte Xie. Andererseits zeigen Trendprognosen der Internationalen Energieagentur IEA, dass China schon in vier Jahren einen pro-Kopf-Ausstoß von CO2 wie der EU-Durchschnitt erreichen wird und dabei bereits heute höher liegt als Frankreich.

Die chinesische Delegation hatte ihren Vorstoß bereits vorher informell angekündigt. Zu Beginn der zweiten Verhandlungswoche sorgte er auf der Konferenz für vorsichtigen Optimismus. Noch in der ersten Woche war die Stimmung eher von den üblichen Konflikten geprägt gewesen: China warf der EU vor, die Grundlagen der Verhandlungen zum Kioto-Protokoll zu verschieben; die lateinamerikanischen Staaten erklärten, man werde nicht in den Arbeitsgruppen, sondern nur im Plenum verhandeln; Kanada erklärte, man fühle sich nicht mehr an das Protokoll gebunden. Inzwischen aber, so berichtete UN-Verhandlungsführerin Christiana Figueres, sei die Stimmung konstruktiv und man verhandle nur noch über das "Wie" und nicht mehr über das "Ob" der Verlängerung beim Kioto-Protokoll.

Christoph Bals von der Klimaorganisation "Germanwatch" hingegen traut der Begeisterung nicht so richtig. Das Kioto-Protokoll sei noch lange nicht verlängert, erklärte Bals. Und der chinesische Vorschlag sei zwar neu und interessant, doch in den Verhandlungen müsse sich erst noch erweisen, ob er ernst gemeint sei oder nur dazu diene, die Verhandlungen zu verschleppen und die Schuld dafür bei anderen Staaten abzuladen. Eines aber stimme ihn optimistisch, sagt der erfahrene Insider: Brasilien und die USA machten schon kräftig Druck: "Das zeigt: Es ist eine Dynamik in den Verhandlungen, die allen denen Angst macht, die Fortschritt verhindern wollen."

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