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UN-Bericht zu ÖsterreichAlltäglicher Rassismus

Ein Bericht des UN-Komitees bringt Erschreckendes ans Licht: Misshandlungen, willkürliche Kontrollen und Beschimpfungen seitens der Polizei vor allem gegenüber Afrikanern und Roma.

Beliebte Hassobjekte sind Afrikaner und Roma. Bild: dpa

WIEN taz Mit einer Sprinkleranlage versucht ein Innsbrucker Hauseigentümer störende Nordafrikaner fernzuhalten. Die Beregnungsanlage wurde an der Fassade des Hauses gegenüber dem Hauptbahnhof, wo ein Geschäft und eine Fahrschule untergebracht sind, installiert. Sie werde nur eingeschaltet, wenn sich besonders viele Afrikaner vor den Schaufenstern aufhalten, rechtfertigt der Mann die eigentümliche Selbsthilfe. Angeblich dealen die Unerwünschten mit Drogen und betrinken sich unter Lärmentwicklung. Allerdings dürften sie in ihrem ungebührlichen Verhalten unter jenem Niveau bleiben, das ein Einschreiten der Polizei rechtfertigen würde. Für die Beregnungsanlage fühlt sich die Polizei auch nicht zuständig, solange die Verkehrssicherheit nicht darunter leidet. Wer sich belästigt fühle, so die Innsbrucker Polizei, müsse zivilrechtlich klagen. Innsbruck pflegt sein Image als saubere Tourismusstadt. Herumlungernde Afrikaner passen da nicht ins Bild. Ebenso wenig wie Obdachlose, die man vom zentralen Landhausplatz zu vergraulen suchte, indem man die dort befindlichen Bänke abmontierte.

Afrikaner sind in Österreich besonders oft rassistischen Übergriffen ausgesetzt, auch vonseiten der Polizei. Im Vorjahr ertrank ein 26-jähriger Gambier auf der Flucht vor Polizeibeamten im Wiener Donaukanal. Er sei nach einer Drogenrazzia geflohen, heißt es im Polizeiprotokoll, das voller Widersprüche ist. So nannten Zeugen eine andere Brücke als die Polizei, von der der Afrikaner in den Kanal gestürzt sei. Yankuba Ceesay, ebenfalls aus Gambia, starb 2005 in der Abschiebhaft in Linz. Der Mann, der sich im Hungerstreik befand, war am Bett angeschnallt.

Auf diese Fälle bezieht sich ein in dieser Woche in Genf vorgelegter Bericht des UN-Komitees zur Beseitigung von Rassismus (Cerd), der Österreich in zahlreichen Punkten kritisiert. Dass viele Flüchtlinge in Abschiebhaft genommen werden, bevor noch ein Abschiebebescheid vorliegt, findet das Komitee ebenso bedenklich wie den Umgang der Polizei mit Ausländern. Es gebe "Berichte über Misshandlungen, willkürliche Kontrollen und Beschimpfungen von Nichtstaatsbürgern, namentlich Asylbewerbern, Personen afrikanischer Herkunft und Roma, durch die Polizei", so der Bericht.

Auch die "Hassreden" mancher Politiker in Österreich und der xenophobe Umgang mit Flüchtlingen und Migranten stimmen das Gremium besorgt. Die "adäquate Umsetzung" eines Verfassungsgerichtsurteils aus dem Jahr 2001 bezüglich der zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten stehe noch immer aus. Landeshauptmann Jörg Haider lässt sich ja immer neue Tricks einfallen, um die Aufstellung deutsch-slowenischer Ortsschilder in den gemischtsprachigen Gemeinden zu verhindern.

Das UNO-Gremium will im Übrigen über die Aktivitäten von deutschnationalen Organisationen wie dem "Kärntner Heimatdienst" und dem "Kärntner Abwehrkämpferbund" informiert werden. Für den besonders angesprochenen Kärntner Landeshauptmann sind die UNO-Experten nichts weiter als "Gschaftlhuber" (Wichtigtuer), die keine Ahnung davon hätten, was den Kärntnern wirklich wichtig sei.

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9 Kommentare

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  • J
    Joschi

    Ich finde gerade das mit Jörg Haider und den Ortsschildern ist völlig in Ordnung, ich bin nicht bereit in einem Land zu Wohnen in dem man mehrere Sprachen spricht nur um den "armen" Ausländern das leben ja zu erleichtern,es währe besser ihnen zu helfen die deutsche sprache zu erlernen.Anstatt ihnen in ihrem Land zu helfen und diese Länder bewohnbar zu machen lassen wir sie einfach rein, bei uns bekommen sie ja täglich 15 Euro pro Person vom AMS und noch andere Unterstüzungen, unsere Kinder werden angemotzt und nicht selten kommt es zu Prügeleinen, kein Wunder das die meisten Österreicher beim Thema Ausländer schwarz sehen.

  • L
    luna

    Aus persoenlichen Bericht von einem Freund aus Sri Lanka der in Sachsen wohnt, habe ich gehoert, dass die Polizei dort seit dem Schengen-Beitritt von Polen und Tschechien, Migranten massivst kontrolliert und nicht immer freundlich behandelt werden. Der Freund von mir wir mehrmals pro Woche kontrolliert und wenn er seinen Pass nicht dabei hat, weil er nur kurz aus dem Haus wollte, bekommt er Probleme (obwohl er perfekt Deutsch spricht. Er wurde sogar schon im Auto verfolgt. Dadurch kommt er zu spaet zur Arbeit usw. Einmal als er seinen Pass vergessen hat und die Polizei ihn fragte aus welchen Land er kommt, er Sri Lanka antwortete, sagte diese er solle aufhoeren sie zu verarschen, das Land gaebs doch gar nicht.

    Da kommen mir die Zweifel ob so manchen deutscher Polizist nicht auch etwas rechts eingestellt ist....

  • M
    Meike

    Rasissmus, aus welchem Grund auch immer praktiziert, ist immer die Verletzung der Würde eines Menschen oder Gruppe.

    Dass der Rassissmus, der sich in den deutschsprachigen Gebieten abspielt, immer wieder auf die Nazi-Vergangenheit zurückgeführt wird, ist letztendlich zu kurz gedacht. Eine ganz neue Generation, die den 2. Weltkrieg überhaupt nicht miterlebt hat, benutzt heute Parolen der NS Zeit, aber praktiziert Rasissmus ganz und gar unerschiedlich von den Nazis und vor allem aus anderen Gründen.

     

    Ich finde man muss mal endlich anfangen sich der heutigen Form des Rasissmus zu stellen, statt ständig und wiederholend sich ausschliesslich mit einer nicht aufgearbeiteten Nazivergangenheit zu beschäftigen. Damit laufen wir kontinuierlich an denen vorbei, die heute und hier Rasissmus praktizieren und bleiben in der Argumentation in den Jahren zwischen 1933-45, ohne das Heute und hier zu sehen.

     

    Parolen waren immer über die Jahre dieselben. Aber die Gründe warum Rasissmus auftaucht sind unterschiedlich in Zeit und Raum.

     

    Nicht mit Schuldgefühlen bekämpft man Rasissmus, sondern mit neuer Hoffnung und dem Gefühl selber etwas wert zu sein. Die neue Generation ist oft in genau diesen Dingen allein gelassen. Ihr Beitrag zur Gesellschaft nicht gewürdigt. Nur der, der in seiner Würde geehrt wird, kann Würde weitergeben.

  • JF
    Josef Feldner

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    Die Forderung des UNO-Kitees zur Beseitigung von Rassismus nach Überprüfung des - übrigens nicht deutschnationalen, sondern österreichpatriotischen - Kärntner Heimatdienstes (KHD) beweist eine krasse Unkenntnis.

    In Wirklichkeit ist die Tätigkeit des KHD auf die Schaffung eines Klimas des gegenseitigen Vertrauens innerhalb der deutsch- und slowenischsprachigen Kärntner Bevölkerung ausgerichtet, was inzwischen von allen demokratischen Kräften Österreichs geschätzt und gewürdigt wird.

  • D
    derbert

    Wie das genau abläuft ist in diesem Artikel beschrieben.

     

    http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=18928

     

    Betrifft jetzt zwar den Bericht zur Schweiz, bei Österreich und Deutschland wird es wohl ähnlich gewesen sein.

  • A
    Albert

    Die Anspielung auf den fraglichen Polizeibericht erinnert mich an die Operation Spring. Jedem, der sein Vertrauen in das österreichische Rechtssystem verlieren - oder sein Misstrauen fundieren - möchte, sei diese Doku-DVD über die gleichnamige größte Polizeiaktion seit 1945 ans Herz gelegt. Hier wurden über 100 Nigerianer ohne Beweise angeklagt, mit "unbekannten Mengen Drogen zu unbekannten Zeitpunkten an unbekannten Orten und unbekannten Käufen" gehandelt zu haben. Anonyme Zeugen mit Motoradhelmen, rassistische Richter, Verwechslungen (der Angeklagten!) im Gerichtssaal ("diese Schwarzen sehen doch alle gleich aus") oder einen unauthorisierten Dolmetscher, den sich die Polizei ausgerechnet aus der nigerianischen Regierung rekrutiert (wo die Verdächtigten ja allesamt nigerianische Polit-Flüchtlinge sind)... Wenn es nicht so schlimm wäre, könnte man drüber lachen.

  • K
    kvwupp

    ich bin zwar etwas parteiisch und habe mit Östereich so meine Probleme, aber ich bin mir nicht sicher, ob das in der BRD so wahnsinnig viel besser ist. Wenn ich mir so die Sprüche in öffentlichen Verkehrsmitteln anhören muß.

    Als ich vor Jahren einmal den Diebstahl meines Portemonnaies mitsamt meiner Papiere bei der Polizei angezeigt habe (Ich brauchte die Verlustanzeige), sagte mir der diensthabende Beamte: na, wird sicher ein Ausländer gewesen sein.

    In der BRD hat man sich mit der NS-Vergangenheit doch auch nur ziemlich gezwungenermaßen und nicht wirklich freiwillig beschäftigt.

  • S
    Shefmeister

    Eine etwas billige Deduktion, Felix. In angloamerikanischen Ländern ist das Risiko, als Unschuldiger mit der Polizei in Konflikt zu geraten, auch stark von der Hautfarbe abhängig. Welche soziohistorische Erklärung hast du dafür ? Oder für Vorkommnisse in Westdeutschland, dem Musterland der kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte ?

  • F
    Felix4u

    Das kann alles nicht überraschen: Österreich hat bis heute seine Nazi-Vergangenheit nicht aufgearbeitet. Immer noch glauben österreichische Schüler den unerwünschten Anschluss ans "Reich" ... Über 60 Jahre nach der Nazi-Zeit ist Rassismus daher logische Konsequenz dieses Versagens.