UEFA-Partie Bremen gegen Glasgow: Die Schotten dicht
Werder ohne finalen Killerinstinkt: Bremen scheidet gegen die im Rückspiel heillos unterlegene Elf der Rangers aus. Das Publikum reagiert versöhnlich, weil sein Team alles gegeben hat.
BREMEN taz Allan McGregor konnte es beim Schlusspfiff kaum fassen. 0:1 verloren. Und doch gewonnen. Also warf sich der Keeper der Glasgow Rangers rücklings auf den Regen getränkten Rasen, drehte sich auf den Bauch und trommelte mit den Handschuhen auf den Boden - vor Glück. Der jubilierende 26-jährige Torwart in seiner roten Kluft war das personifizierte Stoppschild für die hochtrabenden Uefa-Cup-Pläne von Werder Bremen gewesen, die nach einhelliger Vorgabe erst Mitte Mai im City of Manchester Stadium zum Finale dieses Wettbewerbs hätte enden sollen. Nun ist schon Mitte März Schluss, "und das ist sehr, sehr enttäuschend", wie Sportchef Klaus Allofs betonte. "Glasgow war ja kein brillanter Gegner, sondern wir sind die bessere Mannschaft gewesen. Die Schotten sitzen in der Kabine und wundern sich immer noch, dass sie weitergekommen sind."
Am Donnerstagabend hatte Allofs (51) bereits persönlich Aufbauarbeit betrieben und einigen Profis noch auf dem Platz die Hand gereicht. Denn unweit neben dem jauchzenden McGregor hatte Sebastian Boenisch, Werders fleißiger Jung-Verteidiger, am Boden liegend Tränen vergossen. Solche Szenen ließen auch das zurückhaltende Bremer Publikum nicht kalt, das sodann den Sieger, der ja ein Verlierer war, mit warmem Applaus zu einer zaghaften Ehrenrunde animierte. Es waren pittoreske Momentaufnahmen nach anderthalb Stunden Einbahnstraßenfußball, in denen der schottische Rekordchampion mit biederer Beschränkung auf Defensivarbeit sein Ziel erreichte.
Irgendwie erinnerte die Raus-mit-Applaus-Szenerie auch an früheste Europapokal-Zeiten des SV Werder - in den 80er Jahren unter Otto Rehhagel starben die Grün-Weißen auf internationaler Bühne in erschreckender Regelmäßigkeit in Schönheit. Im Dezember 1982 etwa versperrte der Underdog Dundee United mit einem ermauerten 1:1 im Weserstadion den Weg in die nächste Runde. Als Assistenztrainer hockte der heutige Rangers-Teamchef Walter Smith auf der schottischen Bank. "Damals ging der Ball sechsmal an den Pfosten und wurde fünfmal von der Linie gekratzt. Das war damals ein Wunder, dass wir weitergekommen sind." Und das war es diesmal auch.
Das 1:0 war eingedenk der Werder-Überlegenheit ein Witz-Resultat - 35:4-Torschüsse, 18:2 Ecken und 15:1-Chancen zählten die Statistiker. Dass der eingewechselte Boubacar Sanogo kurz vor Ultimo an McGregor und der Latte scheiterte, war der passende Schlussakkord für den fruchtlosen Sturm-und-Drang-Stil. "Ich kann mich nicht erinnern, in einem Spiel einmal so überlegen gewesen zu sein", sagte Torschütze Diego traurig. Auch der 23-Jährige wird bei Abwägung seiner persönlichen Perspektiven an der Weser berücksichtigen, dass Werder nun vermutlich im vierten Jahr ohne Titel bleibt; der finale Killerinstinkt geht dem Team seit dem Double 2004 ebenso wie die totale Konzentration ab.
"Gegner wie Glasgow müssen wir mit Toren erdrücken", stellte Trainer Thomas Schaaf zerknirscht fest, der derzeit stets dieselbe Klage führt: "Wir schaffen es nicht, uns für unseren Aufwand zu belohnen." Und so sind die hübschen Ambitionen in DFB- und Uefa-Pokal vorzeitig im Achtelfinale perdu, die meisterlichen Aussichten in der Liga mit drei törichten Niederlagen in 2008 torpediert worden. Ein Manko, das auch den Manager nervt. Hat Allofs doch drei Kernpunkte für die "Marke Werder" ausgerufen: attraktive Spielweise, sympathisches Auftreten, internationale Reputation. Letzteres ist im Spieljahr 2007/2008 ziemlich misslungen. Zudem gehen rund 1,8 Millionen Euro durch die Lappen, die über die Zentralvermarktung der Uefa respektive der Zuschauereinnahmen im Viertelfinale in die Kasse geflossen wären. "Wir können auch bei Werder jeden Euro gut gebrauchen", sagte Allofs, "doch es ist keine Katastrophe, dass dieses Geld jetzt fehlt."
Allofs und Schaaf empfehlen nun, sich ganz auf die Bundesliga und als nächstes auf das Sonntag-Spiel gegen den VfL Wolfsburg zu konzentrieren. Was anderes bleibt auch nicht übrig. Die Champions-League-Qualifikation ist Pflicht für den hochkarätigen Kader der Hanseaten, die demnächst zudem zig Millionen für den umstrittenen Umbau des Weserstadions abzweigen müssen. Dass das Oval nach ewigem Hickhack nun doch nicht um einen dritten Rang aufgestockt und für stolze 60 Millionen erst Ende 2009 fertig gestellt wird, ist irgendwie symbolisch für die Werder Bremen GmbH&Co KgaA. Ungeachtet aller Fortschritte scheint man an natürliche Grenzen gestoßen.
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