U wie Untersuchung: Kinder besser unter Kontrolle

Vorsorgeuntersuchungen von Kindern werden zentral erfasst und säumige Eltern geladen. Ein Erfolg, so die Bilanz.

Kein Kind soll vergessen werden Bild: DPA

Seit zwei Jahren werden Berliner Eltern ermahnt, wenn sie die Vorsorgeuntersuchungen ihrer Kinder versäumen. Am Montag zogen Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) und Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) eine positive Bilanz: Die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen konnte seit der Einführung des Einladungswesens um durchschnittlich 2 Prozent gesteigert werden, so ihre Erkenntnis.

Wenn KinderärztInnen eine Vorsorgeuntersuchung durchführen, sind sie seit Juni 2010 verpflichtet, dies der Zentralen Stelle der Charité zu melden. Erhalten die Mitarbeiter dort zu einem Kind keine Nachricht, schreiben sie die Eltern an und erinnern sie daran, die Untersuchungen wahrzunehmen. Versäumen die Mütter und Väter auch dies, werden die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste der Bezirke benachrichtigt. Sie machen etwa Hausbesuche und bieten eine Beratung an.

Jugendsenatorin Sandra Scheeres stellte am Montag fest: „Es ist uns gelungen, die Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen zu erhöhen.“ Insbesondere bei der relativ neuen Untersuchung U7a, die kurz vor dem dritten Geburtstag durchgeführt wird, war ein deutlicher Zuwachs zu verzeichnen. „Das liegt daran, dass viele Eltern bisher gar nicht wussten, dass es die U7a gibt“, erklärte der Leiter der Zentralen Stelle, Oliver Blankenstein. „Hier hat die direkte Ansprache der Eltern besonders deutlich zur Aufklärung über die Vorsorgeuntersuchungen beigetragen.“

Seit 2010 wurden insgesamt 141.000 Einladungen verschickt, rund die Hälfte aller angeschriebenen Familien stellten ihr Kind daraufhin einem Kinderarzt vor. In fast 70.000 Fällen mussten die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste aktiv werden. Besonders viele Hausbesuche machten die Mitarbeiter in Neukölln, Mitte und Lichtenberg. 12,5 Prozent der betroffenen Eltern in ganz Berlin nahmen Beratungsleistungen in Anspruch. Eine konkrete Kindeswohlgefährdung wurde in neun Fällen bemerkt.

Die Kritik, dass eine aktive Ansprache einer Bevormundung der Eltern gleichkäme, sieht Scheeres gelassen. Es sei richtig, die rechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. „Wichtig ist, dass so früh wie möglich gehandelt und kein Kind vergessen wird.“ Die Dekanin der Charité, Annette Grüters-Kieslich, stimmte ihr zu: „Wir erleben in unserer täglichen Arbeit leider viel zu oft, dass gerade Kindern aus unterprivilegierten Familien vieles erspart geblieben wäre, wenn sie früher von einem Arzt gesehen worden wären.“

Gründe dafür, warum Eltern die Vorsorgetermine nicht wahrnehmen, gibt es viele. Häufig wird eine Untersuchung einfach vergessen, oder der Termin wird zu spät vereinbart. Aber auch Sprach- und Kulturbarrieren finden sich in der Begründungsliste. Ein Problem scheint auch die Auslastung vieler Kinderarztpraxen zu sein, die keine fristgerechten Termine vergeben können. Wie die Bilanz nach zwei Jahren zeigt, sind die allermeisten Eltern jedoch daran interessiert, ihr Kind untersuchen zu lassen, und lehnen die Vorsorge nicht ab.

Dennoch gibt es auch Verbesserungsbedarf: Den Jugend- und Gesundheitsämtern aller Bezirke wurden 2010 jeweils zwei zusätzliche Stellen bewilligt. „Wir haben festgestellt, dass der Bearbeitungsaufwand zu 90 Prozent bei den Kinder- und Jugendgesundheitsdiensten liegt“, sagte Mario Czaja. „Wir werden daher hier noch etwas umschichten und die Bezirke berücksichtigen, die besonders betroffen sind.“ Auch Jugendsenatorin Scheeres will den Kinderschutz in Berlin weiter verbessern. Um noch schneller auf vernachlässigte Kinder aufmerksam zu werden, will sie beispielsweise die „Hotline Kinderschutz“ weiter stärken – sie soll nun auch in türkischer und arabischer Sprache angeboten werden.

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