U-Bahn-Chaos in Berlin: U2 am Alex bis Sommer unterbrochen

Frühestens „Ende der Sommerferien“ soll der havarierte U-Bahn-Tunnel repariert sein. Jetzt geraten auch andere Hochhauspläne in die Kritik.

Blick auf den Bahnsteig der U2

Wenig geht noch auf der U2 am Alex Foto: imago

BERLIN taz | Berliner Kun­d*in­nen von BVG und S-Bahn sind leidensfähig – das haben sie während vieler Streiks und dem berüchtigten jahrelangen S-Bahnchaos bewiesen. Aber was auf die Nut­ze­r*in­nen vor allem der U-Bahn in diesem Jahr zukommt, sorgt schon jetzt für Empörung. So werden die Schäden am U2-Tunnel am Alexanderplatz, ausgelöst durch eine Hochhausbaustelle, frühestens im Spätsommer behoben sein. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs am Mittwochnachmittag zwischen Verkehrsverwaltung, BVG, Bezirk und dem Investor Covivio.

„Covivio geht nach jetziger Einschätzung davon aus, dass nach den nötigen Bauarbeiten eine Wiederaufnahme des vollständigen U-Bahn-Betriebs bis zum Ende der Sommerferien möglich ist“, erklärte die zuständige Staatssekretärin Meike Niedbal nach dem Treffen. Bereits seit Anfang Oktober ist ein Tunnel für den U-Bahnverkehr gesperrt, zwischen den Stationen Senefelderplatz und Klosterstraße ist der Betrieb daher stark eingeschränkt.

Betroffen sind zehntausende BVG-Kund*innen vor allem aus Pankow. Da zugleich der Nord-Süd-Tunnel der S-Bahn für die jährlichen Sanierungsmaßnahmen gesperrt ist, müssen sie teils lange Verzögerungen in Kauf nehmen. Ab kommenden Montag wird zudem die U1 zwischen Warschauer Straße und Kottbusser Tor bis Anfang März wegen Bauarbeiten eingestellt.

Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) erwartet zeitnah ein Baukonzept zur Behebung der Schäden am U-Bahn-Tunnel. „Ich freue mich sehr, dass Covivio zugesagt hat, dass wir das noch diese Woche bekommen werden“, sagte Jarasch am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Die Senatsverwaltung könne die Unterlagen dann rasch prüfen.

Der Beginn der Sanierungsarbeiten am Alexanderplatz hatte sich zuletzt verzögert, weil sich die Senatsverwaltung für Verkehr und Covivio über den Umfang der nötigen Unterlagen gestritten hatten. Laut Senatsverwaltung hatte der Investor, der für die Sanierung und deren Kosten aufkommen muss, bis Anfang der Woche noch kein „genehmigungsfähiges Gesamt­instandsetzungskonzept“ vorgelegt. Covivio wiederum hatte der taz gesagt, man habe bereits im Dezember „eine komplette Ausführungsplanung eingereicht“.

Laut Staatssekretärin Niedbal muss Covivio nun nachbessern: Die Senatsverwaltung, der Bezirk Mitte und die BVG seien sich „mit Covivio einig, dass der Investor und Bauherr nach der Havarie in der Verantwortung steht, sehr rasch ein vollständiges und genehmigungsfähiges Instandsetzungskonzept vorzulegen“, hieß es von Niedbal. Es gehe darum, die Baugruben-Stützwand zu sichern sowie die abgesackte U-Bahn-Tunnelröhre instand zu setzen.

Ob das reicht? Der Fahrgastverband Igeb befürchtet, dass eventuell der U-Bahnhof teilweise oder sogar ganz neu gebaut werden müsse. „Zurzeit ist das Ausmaß des Schadens nicht ansatzweise zu überblicken“, so der Verband in einer Mitteilung.

Jarasch wies im Abgeordnetenhaus Kritik zurück, sie müsse den Investor stärker unter Druck setzen, damit dieser schneller handle. „Ich habe es aber rechtlich überhaupt nicht in der Hand, etwas Anderes zu machen.“ Zwar habe es vor Beginn der Bauarbeiten Bedenken geben und daher auch Auflagen für den Investor. „Aber es hat eben nicht genügt.“

Investorenträume am Alex
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Covivio will auf dem Alexanderplatz nach eigener Darstellung bis 2026 „ein 60.000 Quadratmeter großes Mixed-Used-Projekt“ inklusive Hochhaus errichten, das „innovative Arbeitsräume, Einzelhandelsflächen und Wohnraum“ bieten soll. Bei Vorarbeiten war der U-Bahntunnel der U2 um mehrere Zentimeter abgesackt. Am und um den Platz sollen laut Bebauungsplänen mehrere weitere Hochhäuser entstehen. Unter dem Platz verlaufen gleich drei U-Bahnlinien.

Diese Hochhausplanungen geraten nach der Havarie der U2 mehr und mehr in die Kritik. „Jetzt zeigt sich, dass es ein Fehler war, blind immer höher und weiter zu bauen, ohne dabei an die Folgen zu denken“, erklärte der grüne Fraktionschef und Verkehrsexperte Werner Graf am Mittwochabend. „Wir brauchen eine Stadtentwicklung, die alles im Blick hat, auch was im Untergrund passiert.“ Ein kaum verhohlener Angriff auf Bausenator Andreas Geisel (SPD), der aktuell wegen zahlreicher Vorwürfe in der Kritik steht – darunter die Pannen bei der Wahl 2021, für die er als damaliger Innensenator politisch verantwortlich war.

Auch Kultursenator und Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer hatte sich zuletzt über die Planungen empört. „Seit Jahren reden wir über die Gefahren, die für den U-Bahnbetrieb am Alexanderplatz existieren“, kritisierte Lederer beim taz Wahltalk vergangenen Freitag. „Seit Jahren wird davor gewarnt, dort einfach erstmal Baurecht zu schaffen. Und wir erleben jetzt die Konsequenzen – ich hab' so'n Hals.“

Der Igeb fordert für die Zukunft, dass Arbeiten unmittelbar neben U-Bahn-Tunneln „zwingend durch eine Nachbarschaftliche Vereinbarung“ zwischen der BVG und dem Bauherren abgesichert werden. Bei Veränderungen an Tunnelanlagen müsse es frühzeitige Möglichkeiten des Einschreitens geben, „damit es erst gar nicht zu solchen Havarien wie an der U2 kommt“. Zudem müsse man prüfen, ob die Bauherren eine der möglichen Höchstschadenshöhe angemessene Sicherheitsleistung hinterlegen. Beim Alexanderplatz wären das laut Igeb „eine Summe von vermutlich 50 Millionen Euro gewesen“.

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