Türkischer Umgang mit PKK und „IS“: US-Regierung unterstützt Erdoğan
In der Türkei steigt die Anzahl der Festnahmen auf 1.300. Betroffen sind Anhänger der PKK und des „IS“. Derweil stützen die USA den harten Kurs Ankaras.
In der Türkei griff die Führung am Mittwoch weiter hart gegen angebliche Anhänger der PKK oder der Terrormiliz „Islamischer Staat“ („IS“) sowie regierungskritische linke Gruppierungen durch. Bisher habe es 1.300 Festnahmen gegeben, teilte die Regierung vor einer Sondersitzung des Parlaments mit.
Die Zahl der Festgenommenen wurde nicht aufgeschlüsselt. Unklar blieb auch, wie viele Verdächtige sich noch in Haft befinden. Nach Angaben von Kurdenvertretern handelt es sich bei einem großen Teil der Festgenommenen um Mitglieder kurdischer und linker Gruppen.
Nach mehreren Terroranschlägen mit Dutzenden Toten fliegt die türkische Luftwaffe seit vergangener Woche Luftangriffe auf Stellungen der IS in Syrien und der PKK im Nordirak. Das Vorgehen gegen die Kurden, deren Kämpfer den „IS“ in Syrien zurückschlagen und somit Verbündete der USA sind, ist international höchst umstritten.
Der Irak kritisierte die Luftangriffe als gefährliche Eskalation und Verletzung seiner Souveränität. Der Irak fühle sich seinerseits verpflichtet, Angriffe auf die Türkei von irakischem Boden aus zu unterbinden, twitterte Regierungschef Haider al-Abadi.
Für die USA ist die PKK eine Terrororganisation
Washington verteidigte dagegen das Vorgehen der Türkei. „Wenn die PKK die Angriffe in der Türkei nicht gestartet hätte, würden sie (die Türken) die PKK auch nicht im Irak angreifen“, hieß es. Washington hatte in den vergangenen Tagen mehrfach bekräftigt, man betrachte die PKK als Terrororganisation.
Bei einer Explosion im Südwesten der Türkei wurde am Mittwoch nach Angaben der türkischen Regierung eine Ölleitung beschädigt. Bei der Explosion habe es sich um einen Angriff gehandelt, sagte Energieminister Taner Yildiz der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge. In der Region war es in den vergangenen Tagen zu Zusammenstößen der Armee mit PKK-Kämpfern gekommen.
Die Pipeline transportiert Öl von Kirkuk im nordirakischen Kurdengebiet zum türkischen Hafen Ceyhan. Auch eine aus dem Iran kommende Leitung war kürzlich Ziel eines Angriffs geworden.
Das türkische Parlament wollte am Nachmittag über die Luftangriffe auf PKK und „IS“ beraten, später war ein Treffen des türkischen Sicherheitskabinetts vorgesehen. Die oppositionelle pro-kurdische Partei HDP hatte die Sondersitzung beantragt, wie das Büro des Ministerpräsidenten bekanntgab.
Friedensprozess aufgekündigt
PKK-nahe Medien berichteten am Dienstagabend von erneuten Angriffen auf Kurdenstellungen im Nordirak sowie von Zusammenstößen der Armee mit Kurden in der Südosttürkei. Nach der PKK hatte auch Staatschef Recep Tayyip Erdoğan am Dienstag den Friedensprozess mit den Kurden aufgekündigt.
Es gibt auch Befürchtungen, dass neben türkischen Soldaten deren Nato-Bündnispartner zu Anschlagszielen der PKK werden könnten. Die 260 „Patriot“-Soldaten der Bundeswehr sind in einer türkischen Kaserne stationiert. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sieht derzeit zwar keine akute Gefahr. Sie hat aber angekündigt, dass die Lage nun „sehr sorgfältig“ beobachtet werde. Die Sicherheit der Soldaten müsse „absolute Priorität“ haben, betonte sie auf ihrer Afrika-Reise.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“